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Einfacher als gedacht

Qualitätsmanagement GOLF&NATUR

Ein Projekt des DGV in Zusamenarbeit mit GVD und GMVD

Der Alptraum: Stellen Sie sich vor, Sie sind Betreiber einer Golfanlage (gleichgültig welche Rechtsform) und auf Ihrer Anlage passiert ein Arbeitsunfall mit Personenschaden, beispielsweise verletzt sich ein Mitarbeiter des Greenkeeping-Teams bei Mäharbeiten. Oder in den Gewässern Ihrer Golfanlage werden bei einer Routinekontrolle der Pflanzenschutzdienste der Länder Pestizidrückstände gefunden. Wissen Sie, was dann passiert? Können Sie abschätzen, ob Ihr Verein oder Ihre Betreibergesellschaft gut genug aufgestellt ist, um den Fragen und Nachforschungen der Behörden gewachsen zu sein? Sind Sie sich nicht sicher, dann wäre das ein möglicher Grund, sich das DGV-Qualitätsmanagement-Programm GOLF&NATUR näher anzuschauen. Aber was hat GOLF&NATUR mit Arbeitssicherheit Umweltschutz zu tun? Eine Menge.

 

Erste Schritte des Programms GOLF&NATUR

Bereits 170 von 727 Golfanlagen beteiligen sich an dem erfolgreichen Projekt des Deutschen Golf Verbandes (DGV). GOLF&NATUR ist ein spezielles Umwelt- und Qualitätsmanagementprogramm für den Golfbereich und basiert auf dem Prinzip der „gelenkten Eigeninitiative“. Daraus lässt sich ableiten, dass zur Teilnahme am Programm zwar eine strukturierte Vorgehensweise vorgesehen, der Gestaltungsspielraum für die Golfanlagen gleichzeitig aber relativ hoch ist. Die Programmstruktur wird dabei von allen teilnehmenden Golfanlagen als sehr positiv empfunden, da nicht nur ausführliches Informationsmaterial in Form von Checklisten und Anleitungen sondern auch Arbeitshilfen für Golfanlagen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, sondern dass die Golfclubs mit dem Bestandserhebungsbogen ein Instrument an die Hand bekommen, mit dem Sie sich selbst analysieren können. Die Bearbeitung des 40-seitigen Bestandserhebungsbogens erscheint sicherlich zunächst vielschichtig und zeitintensiv. Potentielle Interessenten könnten die Befürchtung hegen, dass empfindliche clubinterne Daten an die Öffentlichkeit geraten und weil sich spontan niemand freiwillig meldet, um zusätzliche Arbeit zu leisten. Beide Beweggründe lassen sich schnell entkräften. Die Antworten und Daten im Bestandserhebungsbogen werden zwar gesichtet und vom zuständigen DGV-Fachberater bewertet, aber nicht um den Teilnehmer an den Pranger zu stellen, sondern lediglich um Schwachpunkte aufzuzeigen und zu analysieren, an welchen Stellen Handlungsbedarf besteht. Die Daten werden sowohl vom DGV als auch von der zertifizierenden Stelle, der Deutschen Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen mbH (DQS) streng vertraulich behandelt, denn die Berater und Auditoren sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die DQS wird ab der zweiten Stufe der Zertifizierung (Silberzertifikat) als unabhängiger Zertifizierer in das Programm mit eingebunden, um die korrekte Vorgehensweise zu gewährleisten und bei erfüllten rechtlichen Verpflichtungen auch eine Konformitätsbescheinigung auszustellen. Diese bestätigt, dass das Umweltmanagement des Clubs in Anlehnung an die ISO 14001 implementiert wurde.

 

Und was hat das nun mit dem eingangs beschriebenen Fall zu tun? In diesem letzten Schritt zum Goldzertifikat wird unter anderem überprüft, ob eine Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt wurde und ob die grundsätzlichen Anforderungen dieser Norm an die Planung, Ausführung, Überprüfung und Optimierung des Qualitätsmanagementsystems erfüllt werden.

 

Vier Kernbereiche

Welche Bereiche werden nun in dem DGV-Projekt GOLF&NATUR bearbeitet und welche Maßnahmen werden umgesetzt? GOLF&NATUR ist in vier Arbeitsbereiche untergliedert: Natur und Landschaft, Pflege und Spielbetrieb, Umweltmanagement sowie Öffentlichkeitsarbeit und Arbeitsumfeld. Aus diesen vier Bereichen muss jeweils eine Maßnahme, insgesamt aber mindestens fünf Maßnahmen umgesetzt werden, um ein Zertifikat zu erhalten. Die Maßnahmen werden zusammen mit dem jeweiligen DGV-Fachberater festgelegt und in einem Zeitraum von ungefähr einem Jahr in die Tat umgesetzt. Die Spanne der einzelnen Maßnahmen ist dabei relativ groß und reicht von sehr einfach zu erledigenden Maßnahmen wie dem Aufhängen von Brutkästen bis hin zur Erfassung von Flora und Fauna auf der Golfanlage oder gar zur Installation einer Photovoltaik-Anlage oder modernen Blockheizkraftwerken.

Kleine Maßnahmen mit großem Effekt

Solche aufwendigen und kostenintensiven Beispiele sollten aber neue Teilnehmer nicht abschrecken. Vor allem bei den letztgenannten Beispielen aber auch bei anderen Maßnahmen ist klar, dass die Golfanlage die letzte Entscheidung bei der Umsetzung bestimmter Maßnahmen trifft. GOLF&NATUR ist in erster Linie ein Analyseinstrument, um die komplexen Prozesse und Fragestellungen auf Golfanlagen zu zerlegen und nach anlagenspezifischen Prioritäten einer Entscheidung zuzuführen. Die Maßnahmen werden also an das Budget und den Bedarf der einzelnen Anlagen angepasst und können nicht selten innerhalb weniger Tage umgesetzt werden.

 

Kleine Maßnahmen mit durchaus großem Effekt könnten beispielsweise sein: Mitgliederbefragungen zur Platz- und Spielqualität oder Aufstellung eines Sicherheitskonzeptes mit einem Notfallplan. Ein entsprechender Notfallplan ist dank der Vorlagen des DGV mit wenigen Handgriffen erledigt, griffbereite Notfall-Rufnummern können im Bedarfsfall wertvolle Zeit sparen und mitunter sogar Leben retten. Vorlagen finden sich beispielsweise im bei der gesetzlichen Unfallversicherung VBG.

 

In diesem Zusammenhang lassen sich noch einige weitere Fragen stellen und entsprechende Maßnahmen ableiten:

  • Haben Sie einen Sicherheitsbeauftragten und
  • eine Fachkraft für Arbeitssicherheit gemäß § 6 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)?
  • Kennt die zuständige Leitstelle des Rettungsdienstes die Anfahrtswege für Ihren Golfplatz?
  • Führt Ihr Platzmarshall einen Notfallkoffer oder zumindest einen Verbandskasten mit sich?
  • Verfügt Ihr Club über einen Defibrillator?
  • Wo kann bei Ihnen ein Rettungshubschrauber landen?

 

Bezüglich der Sicherheit sind sich auch viele Clubvorstände, Manager und Head-Greenkeeper nicht bewusst, dass Sie hier in der Haftung stehen. Um das Haftungsrisiko zu minimieren, werden auch in diesem Bereich viele Fragen abgearbeitet und mögliche Defizite beseitig. Hierzu gehören nicht nur das Führen eines Pflanzenschutz-Anwendungsprotokolls und eines Gefahrstoffverzeichnis, für die der DGV-Fachberater Vorlagen bereithält, sondern auch regelmäßige Unterweisungen der Mitarbeiter und der Aushang von Arbeitsanweisungen.

 

Im Idealfall kann auch „Nichtstun“ eine Maßnahme sein. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass jede Golfanlage ihr Zertifikat ohne Zutun erhalten kann. Da sich aber die Natur in vielen Bereichen selbst helfen kann, könnte eine Maßnahme sein, ihr den entsprechenden Freiraum zur Selbstentwicklung zurückzugeben. Golf ist schließlich nicht nur ein Sport in, sondern auch mit der Natur.Das Qualitätsmanagementprogramm GOLF&NATUR versteht sich deshalb auch als Leitfaden, wie eine mit guter fachlicher Praxis geführte Golfanlage einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten kann.

 

Neben der Übernahme von Verantwortung für die Natur, für die sich die teilnehmenden Clubs mit der Anmeldung verpflichten, können nicht selten auch Kosten eingespart werden, z.B. bei der Verwendung von Energiesparlampen im Clubhaus oder bei Betriebsmitteln wie Brennstoffen für Maschinen und Geräte sowie für Düngemittel.


Suche nach Strukturen

Häufig bekommen die DGV-Fachberater auf die Frage, was das Programm ausgelöst hat, als Antwort, dass endlich Struktur in die Anlage gebracht wurde, auch wenn das Ausfüllen des Fragebogens und das Zusammentragen von Unterlagen zunächst einmal Zeit und Arbeit gekostet hat und dass das verbesserte Verständnis der Mitglieder für die Gesetze der Natur jetzt vieles einfacher mache – und wenn es nur die seltenere Mahd der Hard-Roughs oder die Notwendigkeit einer regelmäßigen Belüftung der Grüns betrifft. Entsprechende Informationen auf dem Platz oder im Internet können hier zur Aufklärung beitragen und damit auch die Clubkommunikation in diesem für die Mitgliederzufriedenheit wichtigen Bereich unterstützen.

 

Autor: Marc Biber ❘ 02/2017

 

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