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Was tun bei Starkregen und Überflutung?

Für den Fall der Fälle gerüstet

Extreme Wetterereignisse mit Starkregen treten zunehmend häufiger auf und können lokal zu großen Beeinträchtigungen führen. Hohe Niederschlagsmengen verursachen besonders umfangreiche Schäden, wenn sie auf Böden fallen, die zu diesem Zeitpunkt bereits wassergesättigt sind. Bei einem derartigen Ereignis können die Wassermassen nicht mehr versickern und im Extremfall kann es zu Überflutungen kommen.

 

Die Auswirkungen bereiten zusätzliche Probleme, wenn die Wassermassen auch Kläranlagen oder Industriegelände überfluten. Dann kann es zu Kontaminationen kommen, wie es bei der extremen Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 teilweise der Fall war.

 

Neben den schnell sichtbaren Schäden an Wegen, Bunkern oder baulichen Einrichtungen, kann stehendes Wasser zu direkten oder indirekten Schädigungen an Gräsern führen. Grundsätzlich toleriert ein Grasbestand eine Überflutung für eine gewisse Zeit ohne größere Probleme. Trotzdem kann aber keine pauschale Einschätzung eines möglichen Schadens erfolgen, da es nicht nur darauf ankommt, in welcher Jahreszeit das Ereignis stattfindet, sondern auch welche Gräserarten betroffen sind, wie lange der Zustand andauert und wie hoch der Wasserspiegel ist. Verschwindet das Wasser relativ schnell wieder, so halten sich die Auswirkungen in Grenzen, der gesamte Umfang wird aber oft erst sichtbar, nachdem die Flächen abgetrocknet sind.

 

Grundsätzlich gilt es, den Schadenhergang, die Schäden und auch alle anfallenden Maßnahmen, sowie deren Zeitbedarf zu dokumentieren, durch Fotos und Aufzeichnungen. Dies ist hilfreich in Bezug auf Versicherungsleistungen sowie Kostenvor-anschläge und dient auch zur internen Kommunikation.

 

Direkte Auswirkungen

Gräser, die unter Wasser stehen, verfärben sich gelblich oder braun. Sie können den lebensnotwendigen Sauerstoff nicht mehr aus dem Boden aufnehmen und die Nährstoffaufnahme ist behindert. Zunächst kommt es nur zu einem Wachstumsstillstand, sterben allerdings die Wurzelhaare ab, so ist zudem auch die Wasseraufnahme nicht mehr möglich. Mit anderen Worten, die Gräser „ersticken und ertrinken“.

 

Auf Flächen, die für mehr als vier bis sechs Tage vollständig unter Wasser stehen, verstärkt sich der Sauerstoffmangel und infolge dessen kann sogar der gesamte Grasbestand geschädigt werden.

Indirekte Auswirkungen

Sofern Überschwemmungen mit Schlammablagerungen verbunden sind, kommen weitere Probleme hinzu. Schlammablagerungen, die über mehr als vier Tage im Grasbestand bleiben, sind als kritisch einzustufen und erfordern, je nach Umfang, mechanische Maßnahmen. Durch den Eintrag der lehmig-schluffigen Feinanteile in den Boden kann es zu einer Bildung von Sperrschichten kommen, die dann nachhaltig Luft- und Wasserhaushalt beeinträchtigen. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn die abgemagerten Tragschichten der Grüns oder Abschläge davon betroffen sind.

 

Hartnäckige Schlammablagerungen auf den Blättern behindern zudem die Fotosynthese der Gräser. Des Weiteren werden durch die langanhaltende Feuchtigkeit  im Grasbestand Pilzkrankheiten, Moos und Algen gefördert und es kann zu verstärktem Auftreten von unerwünschten Arten kommen.

Einflussfaktoren auf den Umfang der Schädigung

Der Umfang der Schädigung hängt aber nicht ausschließlich von der Dauer der Überflutung ab, zusätzlich sind eine Reihe weiterer Faktoren zu überprüfen.

 

Betroffene Grasart

  • Agrostis stolonifera ist relativ widerstandsfähig gegen stehendes Wasser und kann, bei kühlen Temperaturen, laut Literatur fünf bis sechsTage überstehen (CHRISTIANS, 2010). FRANK (2021) gibt sogar 15 Tage an, solange die Wassertemperatur niedrig bleibt.
  • Poa pratensis besitzt eine durchschnittliche Toleranz, profitiert aber von den Rhizomen und deren Wiederaustrieb.
  • Poa annua und Lolium perenne sind dagegen deutlich empfindlicher. Die Poa annua regeneriert sich über die im Boden vorhandenen Samen, was jedoch einige Wochen in Anspruch nimmt. Lolium perenne dagegen muss in der Regel nach einer Schädigung nachgesät werden (CHRISTIANS, 2010).
  • Festuca rubra wird ebenfalls als sensibel gegenüber stehendem Wasser eingestuft (BEARD, 1973).

 

Art und Umfang von Schlammablagerungen

Steht Wasser weniger als vier Tage auf den Flächen und beträgt die Schlammschicht weniger als drei bis vier Zentimeter, so haben die Gräser gute Überlebenschancen.

 

Vitalität der Gräser

Je geschwächter die Gräser zum Zeitpunkt der Überflutung bereits waren, umso größer sind die Schäden und umso geringer die Chancen einer Erholung des Grasbestandes.

 

Bodenart

Die Bodenart, der Bodenzustand, aber auch die Anteile an organischer Substanz haben einen deutlichen Einfluss auf die Geschwindigkeit, mit der stehendes Wasser versickert und somit wirken diese Faktoren auch auf die Überlebenschancen der Grasbestände.

 

Temperatur und Lichtintensität

Überflutungen im Frühjahr oder Herbst, zum Zeitpunkt der Vegetationsruhe, richten offenbar geringere Schäden an. Im Sommer, bei Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen, sind die Auswirkungen deutlich umfangreicher. Die Gräser können sich unter den Bedingungen nicht über die Transpiration abkühlen und sterben schon nach kurzer Zeit ab. KOSKI (2013) gibt Wassertemperaturen von 27 Grad als Ursache für eine sehr schnelle Schädigung an.

 

Höhe des Wasserstands

Eine komplette Überflutung des Grasbestandes ist erheblich schädigender, als wenn noch wenigstens ein Teil der Blattmasse oberhalb der Wasserkante steht.


Test zum Umfang der Gräser-Schädigung

Um möglichst früh die Folgen und den Umfang der damit verbundenen Regenerations-Maßnahmen abschätzen zu können, sollten die Gräser näher untersucht werden. Zur Kontrolle empfiehlt es sich, an einigen Gräsern den Vegetationspunkt mit einem Skalpell horizontal durchzuschneiden. Ist er weiß und fest, so zeigt dies die Vitalität. Ist er hingegen braun und weich, so liegt eine Schädigung vor und die notwendigen Maßnahmen werden umfangreicher sein müssen.

 

Eine weitere Möglichkeit stellt die Untersuchung der betroffenen Flächen auf neuen Austrieb und intaktes Wurzelwerk dar.


Ablauf des weiteren Vorgehens

Als Erstes gilt es, dafür zu sorgen, dass das Wasser abläuft. Je nach Jahreszeit und Umfang dauert es zu lange, auf die natürliche Versickerung zu warten und deshalb müssen Pumpen eingesetzt werden. Ein Betreten oder Befahren ist zu diesem Zeitpunkt zu minimieren, um den wassergesättigten Boden zu schonen. Nach dem Abtrocknen kann mit den Maßnahmen zur Instandsetzung begonnen werden:

 

1. Zunächst gilt es, alle groben Anschwemmungen, wie Unrat, Steine, Äste usw. zu entfernen. Waren bei der Überflutung Teiche betroffen, so kann es dazu kommen, dass auch tote Fische von den Spielbahnen gesammelt werden müssen.

 

2. Kommt es zu Schlammablagerungen auf den Spielbahnen, so können diese bis zu einer Mächtigkeit von zwei bis drei Zentimeter verbleiben. Wenn es der Bodenzustand zulässt, können durch Bürsten oder Striegeln Verkrustungen entfernt werden.

 

Bei stärkeren Auflagen besteht, aufgrund der tonigen und schluffigen Anteile, die Gefahr, dass Stauhorizonte entstehen und deshalb sollten diese entfernt werden. Je nach Art der Ablagerungen darf damit auch nicht zu lange gewartet werden, da sie extrem verkrusten können und sich dann nicht mehr beseitigen lassen.

 

Auf den Grüns und Tees sind diese Feinanteile wesentlich kritischer zu sehen und müssen möglichst schnell entfernt werden, um den Eintrag in die Rasentragschicht zu minimieren. Die Feinanteile verstopfen die Poren und haben somit dauerhafte Auswirkungen auf den Wasser- und Lufthaushalt. Hier ist ein vorsichtiger Einsatz von Schaufeln, Abziehern oder sogar Wasser angebracht.

 

Dabei gilt es, auch auf Verkrustungen auf den Blättern zu achten, die die Fotosynthese behindern. Fehlt der natürliche Niederschlag, ist hier die schnelle Beseitigung durch Wassergaben mittels Schlauch oder Beregnung angesagt.

Besteht die Befürchtung, dass Fließgewässer und Schlämme mit Chemikalien, Schwermetallen, Mineralöl oder Salmonellen bzw. Fäkal-Coli-Bakterien belastet sind, so empfiehlt sich eine Analyse. Wasser-, Umweltbehörden oder private Labore führen diese Untersuchungen durch. Allerdings zeigen Versuche des „Bayrischen Landesamt für Umwelt“ nach Hochwasser-ereignissen, dass z.B. Gehalte an Mineralöl-Kohlenwasserstoffe im Boden innerhalb weniger Wochen bereits stark abnehmen.

 

3. Die betroffenen Flächen müssen vor einem Befahren ausreichend abgetrocknet sein, da es sonst nicht nur zu Spuren, sondern auch zu Verdichtungen kommt. Sobald der Boden jedoch tragfähig ist, verbessert auf allen Spielelementen ein wiederholtes Aerifizieren, Schlitzen und Sanden die Bodenluft- und -wasserverhältnisse. Auch ein Schlitzen oder Striegeln hat nicht nur auf den Bestand positive Auswirkungen und reduziert organische Substanz, sondern erleichtert danach auch das Auflaufen und die Entwicklung junger Gräser.

 

4. Zeigt sich nun, abgesichert durch den Vitalitätstest, dass der Bestand nachhaltig geschädigt wurde, ist eine Neueinsaat notwendig. In diesem Fall empfiehlt sich entweder der Einsatz einer Fräse bzw. Kreiselegge oder auch das Abschälen des Altbestandes, um die Bildung von Sperrschichten zu vermeiden. Im Anschluss sollte die Oberfläche leicht gelockert und danach planiert werden, um eine optimale Grundlage für die Neuansaat zu schaffen.

 

Selbst wenn es nur zu einer teilweisen Schädigung gekommen ist, kann dies ein günstiger Zeitpunkt sein, die Zusammensetzung des Bestandes durch eine Nachsaat zu optimieren.

 

Im Rahmen der Regenerations-Maßnahmen sollte auch überlegt werden, ob in diesem Arbeitsgang Ursachen für Überflutungen beseitigt werden oder Optimierungen vorgenommen werden können.

 

5. Im Anschluss an die pflegerischen Maßnahmen unterstützt eine leichte, bedarfsgerechte Düngung die Regeneration. Wurde eine Nachsaat durchgeführt, muss die Bodenfeuchte kontinuierlich kontrolliert werden, um ein Austrocknen zu vermeiden.

Nach den umfangreichen Maßnahmen gilt es, die Flächen noch zu schonen, im Hinblick auf Befahren, Bespielen und Begehen. Absperrmaßnahmen, Auftee-Pflicht oder Einsatz der Fairway-Matte, sowie eine Wegeführung sind mögliche Instrumente.

 

Die Planung der zukünftigen Pflegearbeiten sollte zudem eine regelmäßige Bodenbearbeitung und Besandung beinhalten, um den Bodenzustand nachhaltig zu optimieren.

 

Eine Überflutung sollte auch zum Anlass genommen werden, sich grundsätzlich Gedanken zu machen, wie die Golfanlage auf zukünftige Starkregenereignisse, deren Wahrscheinlichkeit aller Voraussicht nach steigt, besser vorbereitet werden kann. Hierzu gehören bauliche Veränderungen oder der Einbau effektiver zusätzlicher Drainagen. Aber auch mechanische Maßnahmen, wie das Aerifizieren, Tiefenlockern und Sanden helfen, die Drainfähigkeit der Spielelemente zu optimieren. Zudem sollten Wasserläufe und Sickergräben regelmäßig kontrolliert werden, denn nur wenn dort ein freier Abfluss möglich ist, wird ein Rückstau auf die Golfanlage verzögert oder im Idealfall abgemildert.

Fazit

Extremwetterereignisse sind wahrscheinlicher geworden und wir müssen mit mehr Starkregen und Hagelgewittern rechnen. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass unvorhergesehene Ereignisse nahezu jeden treffen können und dann gilt es, überlegt und besonnen zu reagieren, um die Schäden so gering wie möglich zu halten.

 

Eine Überprüfung der benötigten und sinnvollen Versicherungs-Policen, von Notfall- und Einsatzplänen gehören hier ebenso dazu, wie das Hintergrundwissen über die mehr oder weniger großen Gefahren für die Gräser oder die Bodenphysik. Und, ganz wichtig: Auch eine transparente und offene Kommunikation mit Club, Betreiber und Mitgliedern schafft die benötigte Akzeptanz, die Schäden in der richtigen Reihenfolge zu beseitigen und den Platz schnellstmöglich wieder in einen bespielbaren Zustand zu versetzen.

 

Autorin: Beate Licht | Greenkeepers Journal 4/2021


Was machen Regenwürmer oder Tipula-Larven bei Überflutungen?

Regenwürmer können Überflutungen bis zu einer Woche gut überleben, wie Untersuchungen der LfL auf Ackerflächen in Bayern zeigen, die bis zu einer Woche lang mit einem Wasserstand in Höhe von 2,5 m überflutet waren (BAYRISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT (LfL), 2016). Die Auswirkungen betrafen nur einen geringen Teil der Population, da Regenwürmer hierfür gute Anpassungsstrategien besitzen. Selbst auf einer mit Heizöl verunreinigten Ackerfläche waren keine negativen Effekte nachweisbar. Anders sieht dies hingegen bei Tipula-Larven aus, die durch das Wasser abgetötet werden und dann an der Oberfläche angehäuft verwesen und zu starken Geruchsbelästigungen führen können.


Literatur

BAYRISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT, 2016: Schriftenreihe 10/2016: Auswirkungen von Überflutungen landwirtschaftlicher Nutzflächen auf Regenwürmer im Boden.

BEARD, J.B., 1973: Turfgrass: Science and Culture, Prentic-Hall: Englewood Cliffs, NJ.

CHRISTIANS, N., 2010: How long can grass stay under water? Iowa State University. www.extension.iastate.edu/turfgrass/blog/how-long-can-grass-stay-under-water.

FRANK, K., 2021: Will my turf recover from recent flooding? Michigan State University. www.canr.msu.edu/news/will_my_turf_recover_from_spring_flooding.

HARTWIGER, C., 2000: It’s raining, it’s pooring, the golf course is flooding. USGA Green Section Record. www.usga.org.

KAMMERER, S. und J. DANIELS, 2018: Preparing for Golf Course Flooding. USGA Green Section Record Vol. 56. www.usga.org.

KOSKI, T., 2013: Care of Flood-Damaged -Lawns and Turf. Colorado State University. csuturf.colostate.edu

WOODHAM, P., 2020: Dealing with golf -course flooding. https://strigroup.com/-dealing-with-golf-course-flooding/.

 

 

Lesen Sie bei Interesse den folgenden Beitrag zur ► Unwetter-Katastrophe 2021 und den Folgen für Golfanlagen (Greenkeepers Journal 4/2021)

 

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