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Sind Schadpilze anhand der ­Symptomausbildung noch identifizierbar?

Moderne Diagnosen werden unumgänglich

Die Frage, die in diesem Beitrag behandelt werden soll, lautet: Kann man Schadpilze heute noch allein anhand der Symptomausbildung eindeutig identifizieren? Die Antwort sei vorweggenommen – heute in den meisten Fällen „Nein“!

 

In den frühen und späten 90iger Jahren traten in Deutschland insgesamt weniger Schadpilze im Rasen auf als heute. Aber auch schon damals war es manchmal schwierig, allein anhand des Schadsymptoms bei allen Schadpilzen auf Rasenflächen eine eindeutige Aussage zu treffen. Schon damals habe ich mich in den meisten Fälle erst nach mikroskopischer Überprüfung eindeutig festgelegt, welcher Schadpilz ursächlich für das vorhandene Schadsymptom war.

 

Historischer Rückblick

Inzwischen treten auf unseren Rasenflächen wesentlich mehr Schadpilze auf, als Anfang der 90iger Jahre. Damals war die Sache noch einigermaßen überschaubar. In den Wintermonaten musste man hauptsächlich mit dem klassischen Schneeschimmel „Microdochium nivale“ rechnen, und zwar nur in den Wintermonaten. Inzwischen tritt dieser jedoch nicht nur in den Wintermonaten auf, sondern kann auch schon ab August bis in den Mai hinein unsere Rasenflächen schädigen. Die Symptome können dabei je nach Jahreszeit sehr unterschiedlich ausfallen und ähneln nicht unbedingt dem bekannten Schadsymptom des rosa-roten Schneeschimmels. Neben dem klassischen rosa-roten Schneeschimmel trat in den 90iger Jahren im Winter zudem noch der graue Schneeschimmel „Typhula incarnata“ auf.

 

In der übrigen Vegetationsperiode von Frühjahr bis Herbst traten die klassischen Schaderreger wie Dollar Spot, Rotspitzigkeit, Anthracnose, Rost, Brown Patch, Pythium, Hexenringe und Take-All Patch auf, um nur die wichtigsten zu nennen. Die Abbildungen zu ihren Schadsymptomen kann man in jeder Fachliteratur finden, deswegen wollen wir hier in diesem Beitrag darauf verzichten.

 

Aber schon in den 90iger Jahren ließ sich feststellen, dass z.B. das Schadsymptom „Dollar Spot“ nicht immer nur durch Sclerotinia homoeocarpa verursacht wurde, sondern auch durch Leptosphaerulina australis. Somit war schon damals nicht allein anhand des Schadsymptoms auf der Rasenfläche eine eindeutige Aussage zu treffen, ohne sich zunächst die befallenen Gräser unter dem Mikroskop angesehen zu haben, um festzustellen, welcher Schadpilz ursächlich ist.

 

Ende der 90iger Jahre traten dann zunächst auf Sportrasenflächen die ersten Blattfleckenerreger in Erscheinung. Etwas später kamen diese Blattfleckenerreger zunächst nur in Semirough-Flächen auf Golfplätzen auf. An der Universität Hohenheim haben wir eine Seminararbeit initiiert, um zu klären, ob es sich um dieselben Blattfleckenerreger handelt, die auch im Getreideanbau vorkommen. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Blattflecken­erreger an Rasengräsern komplett von denen am Getreide unterscheiden. Relativ schnell wurden dann auch die Fairways befallen. Inzwischen zählen die Blattfleckenerreger in den Sommermonaten mit zu den häufigsten Schaderregern auf den Grüns und Abschlägen.

 

Anfang 2000 tauchte dann in unseren Proben zum ersten Mal „Agrostis Dead Spot“ (Ophiosphaerella agrostis) auf. Inzwischen sind uns drei Arten von Ophiosphaerella bekannt, z.B. Necrotic Ring Spot (O. korrae) und Spring Dead Spot (O. herpotricha).

 

Hinzu kam noch in diesem Zeitraum in unseren Proben eine weitere Krankheit, die bis zu diesem Zeitpunkt in der Praxis nicht von Bedeutung schien, obwohl sie meines Wissens Anfang der 90iger Jahre auf Versuchsflächen der BASF auftrat – Summer Patch (Magnaporthe poae). In der Zwischenzeit ist sie in einigen Proben nachzuweisen.

 

So um 2008/2009 konnten wir in unseren Proben zum ersten Mal Yellow Patch (Rhizoctonia ceralis) nachweisen. Wahrscheinlich trat er schon viel früher auf, aber er wurde zunächst mit Brown Patch (Rhizoctonia solani) verwechselt, weil die Symptome dieser beiden Schadpilze in ihrer Ausprägung variieren können und sich zu einem gewissen Grad ähneln.

 

Anfang 2010 hatten wir zum ersten Mal einen Schadpilz unter dem Mikroskop, der zuvor in Deutschland keine Erwähnung fand – Microdochium bolleyi. Von der Symptomausbildung tippten wir zunächst auf Anthracnose. Die typischen Acervulis von Colletotrichum graminicola fehlten jedoch, obwohl unter dem Mikroskop Konidien vorgefunden wurden, die wohl kleiner, aber denen von C. graminicola zunächst ähnlich waren. Erst bei detailliertem Betrachten unter dem Mikroskop ließ sich erkennen, dass die Konidien wohl auch unseptiert waren, aber keine ölartigen Tröpfchen enthielten und immer kleiner waren (5-9 µm). Die Konidien von C. graminicola sind ebenfalls unseptiert, i.d.R. aber größer 19-30 µm (selten ~ 9 µm), und enthalten diese typischen Öltröpfchen. Beide Schadpilze verursachen dasselbe, mehr oder weniger typische Schadsymptom „Anthracnose“.

 

Seit etwa zwei Jahren tritt auf Sport­rasenflächen in Fußball-Stadien Gray Leaf Spot (Pyricularia grisae) auf. Dieser Schaderreger fand sich 2007/2008 schon einmal auf Golfplätzen, und zwar auf Abschlägen (Lolium wird bevorzugt befallen). Dort konnte er zum Glück aufgrund von klimatischen Bedingungen nicht überleben. Inzwischen haben wir diesen Schaderreger kein weiteres Mal mehr auf Golfplätzen angetroffen.

Somit sind uns aktuell auf Sportrasenflächen – Fußballplätze, Golfplätze etc. – insgesamt ca. 40 verschiedene Schadpilze aus insgesamt 21 verschiedenen Gattungen bekannt, wobei darunter allein sieben verschiedene Pythium- und fünf verschiedene Fusarium-Arten zu nennen wären (siehe Tabelle 1).

 

Bei welchen Schadpilzen können verwechselbare Schadsymptome auftreten?

Ein paar wenige Schadpilze bilden eindeutige und unverwechselbare Schadsymptome – rosa-roter Schneeschimmel (Microdochium nivale) und grauer Schneeschimmel (Typhula incarnata) im Winter sowie im Sommer diverse Rostkrankheiten und Rotspitzigkeit (Abbildung 1). Ein Grenzfall ist Yellow Tuff (falscher Mehltau: Sclerophthora macrospora), der eigentlich unverwechselbar ist (starke Bestockung), jedoch von dem einen oder anderen Berater auch als Symp­tom eines Nährstoffmangels bzw. Bakteriose eingestuft wurde. Bei anderen Schadbildern dagegen muss man inzwischen sehr genau hinsehen. Im Compendium of Turfgrass Diseases wird bei einigen Schaderregern ganz bewusst auf Verwechslungsgefahren hingewiesen und die Schadpilze genannt, mit deren Schadsymptomen eine Verwechselungsgefahr besteht. Ein klassische Analyse unter dem Mikroskop oder eine DNA-Analyse sind daher fast unumgänglich, um gezielte Maßnahmen zu ergreifen.

Schadbild „Dollar Spot“

Wie schon im historischen Teil erwähnt, haben wir in den 90iger Jahren he­rausgefunden, dass das Schadsymptom nicht ausschließlich durch Sclerotinia homeocarpa verursacht wird, sondern zudem noch durch Leptosphae­rulina australis. Der zweitgenannte Schad­erreger trat und tritt vor allem im süddeutschen Raum auf, während im norddeutschen Raum eher der klassische „Dollar Spot“ Sclerotinia homeocarpa anzutreffen ist. Seit ca. sieben Jahren haben wir nun einen weiteren Schad­erreger, der ebenfalls „Dollar Spot“-Symp­tome verursachen kann – eine Sommerfusarium-Art, die zunächst oftmals als Sekundärinfekt abgetan wurde. Erst mit einer DNA-Analyse dieser „Dollar Spot“-Symptome wurde diese Sommerfusarium-Art eindeutig als Primärinfekt nachgewiesen. Von Scle­rotinia homoeocarpa konnten bei dieser DNA-Analyse keinerlei Spuren gefunden werden. Somit war klar, was wir schon bei der klassischen Begutachtung am Mikroskop feststellten, dass auch Fusarium sp. „Dollar Spot“-Symp­tome verursachen kann. (Anm. der Red.: Die DNA-Analyse wurde deswegen veranlasst, da auf diesem Golfplatz die Symptome eindeutig als klassischer „Dollar Spot“ identifiziert wurden, obwohl alle Pflegemaßnahmen zu keiner Regeneration führten, und obwohl die Jahreszeit (Oktober) für den klassischen „Dollar Spot“ untypisch war.)

 

Der zunehmend auftretende Agrostis Dead Spot-Schadpilz (Ophiosphaerella agrostis) bildet auf den Agrostis-Grüns ebenfalls „Dollar Spot“-ähnliche Symptome aus. Somit haben wir nun schon vier verschiedene Schadpilze, die ein sehr ähnliches Symptom verursachen, und die nur durch bestimmte mikroskopische Detailmerkmale unterscheidbar sind. Die oberflächliche Symptom-Ausbildung – Größe, Erscheinungsbild etc. – ist bei allen vier zuvor genannten Schadpilzen extrem ähnlich (Abbildung 2). In Tabelle 2 sind die gravierendsten Unterschiede aufgeführt.

Anthracnose

Die Schadsymptome der Anthracnose war bis vor kurzem eindeutig mit dem Schaderreger „Colletotrichum graminicola“ zu identifizieren. Bisher war noch relativ unbekannt, dass ein weiterer Schaderreger ein fast identisches Schadsymptom verursacht, wie oben in der Historie schon beschrieben. Bei Colletotrichum graminicola sind die Acervulis typisch und schon mit der Lupe auf den Blättern erkennbar. Inzwischen tritt jedoch immer häufiger ein zweiter Schaderreger „Microdochium bolleyi“ auf, der ein weitgehend identisches Schadbild verursacht. Wir finden Microdochium bolleyi in fast jeder fünften Probe von Golfplätzen, die wir unter dem Mikroskop begutachten. Colletotrichum graminicola befällt bevorzugt Poa annua, während Microdochium bolleyi auch an Agrostis sp. anzutreffen ist. Microdochium bolleyi befällt zudem den unteren Stängelbereich, was eventuell als Unterscheidungsmerkmal dienen könnte. Inzwischen ist jedoch bekannt, dass dies auch von einigen Colletotrichum graminicola-Typen ebenfalls verursacht werden kann, bis hin zum Wurzelbefall.

 

Da Colletotrichum graminicola vor allem bei Poa annua in der Depres­sionsphase bei höheren Temperaturen im Sommer auftritt, hat man somit eine Unterscheidungshilfe, denn Microdochium bolleyi bevorzugt eher gemäßigte Temperaturen. Ansonsten ist bisher nicht viel über die ökologischen Ansprüche von Microdochium bolleyi bekannt.

 

Ein weiterer sogenannter Schadpilz bzw. pilz-ähnlicher Organismus, der ebenfalls sehr Anthracnose-ähnliche Symptome verursacht, ist „Rapid Blight“ (Labyrinthula sp.). Einige Male, als Anthracnose vermutet wurde, fanden wir keinerlei typische Konidien, geschweige dann Acervulis, sondern spindelförmige kleine Zellen (4-6 µm). Dieser pilz-ähnliche Organismus bildet kein Mycel aus, sondern die befallenen Pflanzenzellen sind mit diesen spindelförmigen Zellen von Labyrinthula sp. gefüllt.

 

Ringförmige Symptome mit einer in der Mitte liegenden rekolonisierenden Zone

Solche ringförmigen Symptome können von verschiedenen Schadpilzen verursacht werden. Allein in der Fachliteratur wird die Symptomausbildung bei Rhizoctonia als extrem variationsreich beschrieben – abhängig von der Gräserart, von der Rhizoctonia-Art, von den Bodenbedingungen und von den ökologischen Einflüssen.

 

Deswegen hat es sicherlich einige Zeit in Anspruch genommen, bis man die Unterschiede zwischen Yellow Patch (Rhizoctonia ceralis) und Brown Patch (Rhizoctonia solani) etwas eindeutiger erkannte. Unter dem Mikros­kop sind die Unterschiede sehr eindeutig. Die Mycelzellen von R. solani sind mehrkernig, die von R. ceralis zweikernig. Außerdem wären, falls das Symptom weniger eindeutig ist, die klimatischen Ansprüche eventuell hilfreich, um zumindest grob abschätzen zu können, welcher der beiden Rhizoctonia-Arten nun ursächlich ist: R. solani bevorzugt warmes und feuchtes Wetter, vor allem Staunässe; R. ceralis bevorzugt eher kühles und feuchtes Wetter, wobei die Symptome dann sehr abrupt bei sonnigem und trocknem Wetter entstehen.

 

Weitere Rasenkrankheiten mit ringförmigen Symptomen, die je nach Gräserart und ökologischen Einflüssen erheblich variieren können, sind in Tabelle 3 aufgeführt. In Abbildung 3 sind vier Bespiele dargestellt, welche ringförmigen Symptome man in der Praxis antrifft.

Blattfleckenerreger

Man unterscheidet bei den Blattfleckenerregern zwischen „Major Leaf Spot“ und „Minor Leaf Spot“. Die Schaderreger der am häufigsten auftretenden Blattfleckenerreger (Major Leaf Spot) gehören zu den Gattungen Bipolaris, Drechslera und Curvularia. Neuerdings muss man auch noch Gray Leaf Spot hinzuzählen. Auch Leptophaerolina australis ist ein Leaf Spot, ebenso Sclerotinia homeocarpa. Alle Blattfleckenerreger verursachen typische Blattflecken.

Oberflächlich betrachtet können die Schadsymptome bei den Blattflecken­erregern im Ausmaß sehr unterschiedliche ausfallen. Es können unregelmäßige, kleiner wie größere (3-10 cm und größer), meist sehr untypische Flecken sein, und zwar in Abhängigkeit von der Schnitthöhe, Gräserart und den ökologischen Gegebenheiten.

Im Detail sind auf den befallenen Blättern mit Hilfe der Lupe Blattflecken erkennbar, die je nach Gräserart und Schaderreger, ebenfalls unterschiedlich ausfallen können (Abbildung 4). Bei fast allen Blattfleckenerregern beschränken sich die Blattflecken meist nur auf einen gewissen Teil der Blattspreite, während bei Sclerotinia homeocarpa (Dollar Spot) die Blattflecken die gesamte Blattspreite umfassen, was zusätzlich noch zu einer Taillierung führt (Bestimmungsmerkmal, das jedoch auch bei Ascochyta auftritt). Typisch für die jeweiligen Blattfleckenerreger ist die farbliche Abstimmung der Begrenzung der Blattflecken. Somit kann man ohne detaillierte fachliche Kenntnisse beim Auftreten solcher Blattflecken lediglich auf einen Blattfleckenerreger schließen, jedoch in den seltensten Fällen auf die Gattung.

Da die Maßnahmen zur Reduktion und zur Vermeidung des Befalls bei allen Blattfleckenerregern in etwa ähnlich sind – Trockenstress reduzieren, Taubildung vermeiden, ausgewogene Nährstoffversorgung etc. –, ist es im Detail nicht unbedingt erforderlich, exakt zu wissen, welcher Blattflecken­erreger nun ursächlich vorliegt. Da jedoch schon ein Blick ins Mikroskop genügt, um den Schaderreger anhand der Sporen bis hin zur Gattung relativ eindeutig zu identifizieren, ist die Diag­nose mit keinem großen Aufwand verbunden, jedoch mit viel Fachkenntnis.

 

Mischinfektionen

Eine immer häufiger auftretende Situation, die das Erscheinungsbild der Symptome uneindeutig gestaltet, sind Mischinfektionen. In den 90iger Jahren war diese noch äußerst rar, da man selten mehr als einen Schaderreger unter dem Mikroskop zu identifizieren hatte. Schon ab 2000 traten bei Proben immer häufiger Mischinfektionen auf, zunächst nur von zwei, inzwischen jedoch von bis zu vier verschiedenen Schadpilzen und mehr.

Da uns inzwischen fast 40 Schadpilze an Rasengräsern in Deutschland bekannt sind (vielleicht sind es auch mehr), ist es nicht verwunderlich, wenn inzwischen die einzelnen Schadpilze nicht mehr isoliert auftreten, sondern in Mischinfektionen. Dies kommt vor allem dann vor, wenn die jeweiligen Schadpilze die identischen epidemiologischen Eigen­schaften besitzen. Hinzu kommt noch, dass viele Schadpilze, die an einer Mischinfektion beteiligt sind, in der Filzschicht überdauern können, entweder als fakultative Saprobionten, oder als fakultative Parasiten, in der somit ein ruhendes Infektionspotenzial vorhanden ist (Tabelle 4).

Bei vielen Mischinfektionen im Sommer sind Fusarium-Arten beteiligt, die maßgeblich die Ausprägung des Schadsymptoms beeinflussen, so dass, auch wenn sie nur als Sekundärerreger auftreten, die typischen Merkmale extrem verwischen. Wir werden daher in der Praxis äußerst selten die klassischen Schadsymptome antreffen, die uns aus all der Fachliteratur bestens bekannt sind, und die auch immer wieder als Anschauungsvergleich bei Bestimmungshilfen dargeboten werden.

Auch bei Infektionen mit Blattflecken­erregern, von denen meist zwei verschiedene gleichzeitig auftreten können, sind zudem noch Fusa­rium-Arten beteiligt. Fusarium-Arten finden wir auch häufig beim Schadbild „Anthracnose“ vergesellschaftet mit Colletotrichum graminicola oder, was die Diagnose zusätzlich erschwert, mit Microdochium bolleyi. Die Conidien von M. bolleyi sind jedoch einzellig, die der Fusarium-Arten zwei- oder mehrzellig. Meist finden wir zudem noch Sporen von Ascochyta sp. Aus der Tabelle einer DNA-Analyse (Tabelle 5) ist zu entnehmen, wie viele verschiedene Schadpilze in einer Probe nachzuweisen sind. Dieses Ergebnis macht verständlich, warum wir heute so gut wie nie eindeutige Schadsymptome auf geschädigten Rasenflächen antreffen, um anhand der Schadsymptome den oder die Haupt-Schaderreger identifizieren zu können, damit die geeigneten Maßnahmen umgesetzt werden können.

Diagnose

Aufgrund der nicht mehr eindeutig zuordenbaren Schadsymptome (in mehr als 90% der Fälle trifft dies zu) ist eine Diagnose nicht nur sinnvoll, sondern unumgänglich. Zumindest sollte man herausfinden, welches der oder die Primärinfekt(e) ist/sind oder sein könnten, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

 

Zur Diagnose stehen uns zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Einerseits die klassische mikroskopische Diagnose, die jedoch sehr viel Erfahrung erfordert. Andererseits dazu besteht neuerdings die Möglichkeit einer DNA-Analyse, auch PRC-Methode genannt, bei der all die bekannten Schadpilze, von denen ein Primer vorliegt, identifiziert werden können (Tabelle 5).

 

Für die mikroskopische Diagnose müssen die Schadpilze mit für sie typischen Merkmalen vorliegen. In den seltensten Fällen eignet sich hierfür allein das Mycel – Ausnahme Rhizoctonia mit den typischen T-Zellen sowie der unterschiedlichen Anzahl an Zellkernen in den Mycelzellen der jeweiligen Rhizoctonia-Art.

 

Meist sind für die mikroskopische Diagnose die typischen Sporen erforderlich, die jedoch erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Infektion auftreten (Abbildung 5). Dies bedeutet, dass die Infektion für eine klassische Diagnose schon relativ weit vorangeschritten sein muss, um eine Bestimmung vornehmen zu können (die Schadsymptome sind dann schon sehr deutlich ausgebildet, die Schäden schon sehr umfangreich). Da bei einer vorangeschrittenen Infektion die Möglichkeit einer Mischinfektion umso größer ist, wird sehr viel Erfahrungen gefragt sein, um abschätzen zu können, was die Primär- und welches die Sekundär-Schaderreger sind.

Bei der DNA-Analyse kann man schon in einem sehr frühen Stadium, wenn lediglich der Verdacht einer Infektion ohne ausgeprägte Schadsymptome vorliegt, eine Probe entnehmen und untersuchen lassen. Je früher dies geschieht, umso geringer ist das Risiko, dass Sekundärerreger das Ergebnis verfälschen, denn die Gefahr einer umfangreichen Mischinfektion dürfte bei Infektionsbeginn am geringsten sein.

 

Mit einer DNA-Analyse könnte man sogar zu Beginn der Saison, z.B. von den problematischen Grüns (Indikatorengrüns) aus den Stellen Proben entnehmen, die bevorzugt befallen werden, um das Infektionspotenzial in der Filzschicht zu analysieren. Damit hätte man zumindest Anhaltspunkte, was in der Saison auf einen zukommen könnte, und mit welchem Infektionsdruck unter bestimmten Bedingungen zu rechnen ist.

 

Durch sachgerechte Pflegemaßnahmen hätte man dann zumindest die Möglichkeit, vorbeugend den Befallsdruck so gering wie möglich zu halten. Dabei sollte auch ein nachhaltiges Filzmanagement berücksichtigt werden, bei dem für eine optimale Bodenbiologie gesorgt wird, damit der anfallende Filz möglichst schnell und nachhaltig durch die Mikroorganismen umgebaut und mineralisiert wird. Die obligaten Saprobionten, die bei diesen Mineralisierungsprozessen dominieren, sind gegenüber den fakultativen Parasiten, und vor allem gegenüber den fakultativen Saprobionten, konkurrenzfähiger und können diese daher zurückdrängen. Ein nachhaltiges Filzmanagement reduziert somit den Infektionsdruck von all den Schadpilzen, die in der kompakten und weitgehend unzersetzten Filzschicht lediglich überdauern können.

 

Zusammenfassung

Man sollte sich durch die Zahl – ca. 40 verschiedene Schadpilze aus insgesamt 21 verschiedenen Gattungen – nicht erschrecken lassen. Dies sind lediglich die Schadpilze, die man bisher in den jeweiligen Proben nachgewiesen hat. Die Zahl sagt nichts darüber aus, wie häufig sie auftreten, sondern es soll damit lediglich untermauert werden, warum immer mehr Mischinfektionen auftreten, und die Schadsymptome schwerer zu interpretieren sind. Viele Schadpilze in Mischinfektionen sind Sekundärerreger aus der Gruppe fakultativer Parasiten (Schwächeparasiten).

 

Eindeutige Schadsymptome, aus denen wir ableiten können, welcher Schaderreger vorliegt, wie wir sie aus der Fachliteratur kennen, werden wir heute in den seltensten Fällen antreffen. Die Hauptursache dafür dürften die immer häufiger auftretenden Misch­infektionen sein, die man sowohl bei der klassischen Diagnose, aber vor allem mit modernen Diagnoseverfahren – PCR-Analyse – in einem noch größeren Umfang nachweisen kann (Tabelle 5).

 

Hinzu kommt noch, dass bestimmte Schadsymptome durch mehrere Schad­erreger in sehr ähnlicher und verwechselbarer Form verursacht werden können. Problematisch wird es, wenn die Schadsymptome von ökologischen Bedingungen, von der Gräserart und von der Schnitthöhe und sonstigen Faktoren beeinflusst werden, und somit deutlich von den sogenannten „Mustersymptomen“ aus der Fachliteratur abweichen.

 

Wegen den Mischinfektionen, und wegen der Verwechslungsgefahr sowie wegen der Variationsvielfalt in der Ausprägung der Symptome durch äußere Einflüsse, ist eine genaue Diag­nose unumgänglich, um gezielte Maßnahmen ergreifen zu können – Pflegemaßnahmen, gezielter Einsatz von PSM. Neben der klassischen Diag­nose am Mikroskop, die sehr viel Facherfahrung bedarf, bietet die moderne Analysentechnik – DNA-Analyse (PRC-Methode) – den Vorteil, dass die Schaderreger schon in der Filzschicht als Infektionspotenzial, bzw. im Anfangsstadium einer potenziellen Schadstelle vor dem Auftreten eindeutiger Symptome identifiziert werden können.

 

Autor: Dr. Gerhard Lung | Greenkeepers Journal 02/2018

 

(Begriffs-)erklärungen

  • Epidemiologie: Befallseigenschaften
  • Fakultative Saprobionten: Parasiten, die für ihre Entwicklung auf den Wirt angewiesen sind (Sporenbildung), die jedoch auch als Saprobiont (ernährt sich von toter org. Substanz) überleben können.
  • Fakultative Parasiten: Gelegenheitsparasiten, die sich hauptsächlich als Saprobionten ernähren, die jedoch geschwächte Pflanzen parasitieren können.
  • Obligate Saprobionten treten in keiner Phase als Parasiten auf, sondern sie besiedeln ausschließlich tote organische Substanz, die sie zersetzen und mineralisieren, um davon zu leben.

 

Kontakt für DNA-Analysen:
AIT Austrian Institute of Technology GmbH, Markus Gorfer, Konrad-Lorenz-Str. 24, A-3430 Tulln, Austria, E-Mail: markus.gorfer (at) ait.ac.at, www.ait.ac.at 

 

Kontakt für klassische Diagnosen mit dem Mikroskop:
Dr. John-Bryan Speakman, In den Hahndornen 7, 67273 Bobenheim am Berg
Dr. Gerhard Lung, Rasenforschung, Laboradresse: August-Bebel-Straße 9, 72072 Tübingen

 

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