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Schwarzwild-Schäden auf Rasenflächen

Wildschäden: Vorbeugen ist besser als heilen

In vielen Regionen haben Schäden durch Schwarz­wild auf Grünland und Rasenflächen stark zugenommen. Möglichkeiten der Schadvermeidung sowie der Schadreparatur zeigen Martin Hoppe, Fachberater für Grünland und Futterbau an der Kreisstelle Hochsauerlandkreis/Olpe/Siegen-Wittgenstein der Landwirtschaftskammer NRW und Prof. Martin Bocksch, DGV-Umweltberater und Mitglied im Arbeitskreis Integrierter Pflanzenschutz im nachfolgenden Beitrag auf.

Das Thema Wildschäden erregt in vielen Regionen die Gemüter von geschädigten Betreibern, Greenkeepern und Golfern sowie den betroffenen Revierinhabern. Dies besonders in Gebieten, wo die Rasenschäden ein bedrohliches Maß erreicht haben. Den Jägern wird vorgehalten, durch zusätzliche Futtereinträge in den Wald die Schwarzwildpopulationen zu erhöhen und zu wenig Wildschweine zu erlegen. Auf Seiten der Jägerschaft wird kritisiert, dass durch die Zunahme von Maisanbauflächen und befriedeten Bezirken, die ideale Rückzugsgebiete bieten, die Wildschadenproblematik verschärft und eine zusätzliche Vermehrung gefördert werde. Gleichzeitig werde durch die deutliche Zunahme der Freizeitaktivitäten im Wald und der Feldflur sowie auf und im Umfeld von Golfanlagen zu fast jeder Tages- und Nachtzeit die Bejagung deutlich erschwert.

 

Doch gegenseitige Schuldzuweisungen helfen in dieser Situation nicht weiter! Vielmehr ist es wichtig, gemeinsam einvernehmliche Lösungen zu finden und vor dem Hintergrund der gegenseitigen Abhängigkeit, möglichst ein partnerschaftliches Verhältnis zu pflegen. Fakt ist, Schwarzwildschäden lassen sich niemals komplett vermeiden! Schließlich findet die Pflege und Nutzung der Rasenflächen unter freiem Himmel und nicht im „Labor“ statt und Wildtiere gehören nun mal zur Natur.

Ursachen und ­Schadwirkungen

Rasenschäden entstehen, wenn Sauen auf Nahrungssuche nach Eiweißträgern wie etwa Pflanzenwurzeln, Engerlingen, Larven, Schnecken, Würmern und Mäusen sind, welche sie zur eher stärkereichen Kost im Wald benötigen. Grundsätzlich sind Schwarzwildschäden auf dauerhaften Rasenflächen problematischer als auf Ackerflächen, da der Schaden an einer Ackerfrucht vor der Ernte relativ genau beziffert werden kann und je Vegetationsperiode lediglich eine Ernte erfolgt.

 

Rasenflächen von Sportanlagen werden je nach Region und Witterung nahezu ganzjährig genutzt und über die komplette Vegetationsperiode gepflegt. Der Aufwand, der bei den verschiedenen Funktionsflächen einer Golfanlage zu betreiben ist, ist unterschiedlich. Die Pflege kann jedoch sehr intensiv sein und aus mehreren täglichen Arbeitsgängen (phytosanitäre Pflege, Schnitt, spieltechnische Pflege) bestehen, um die Nutzung von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang zu kompensieren. Die Problematik der Schwarzwildschäden entsteht durch die direkten Bodenaufbrüche, die die Grasnarbe zerstören. Dieses hat zum einen nachteilige Auswirkungen auf die Ebenheit der Flächen und zum anderen gelangt Boden während des Schnittes in die Mäheinheiten, was zu einem erhöhten Maschinenverschleiß durch die Erd- und Steinanteile führt.

 

Der Schwerpunkt der Schwarzwildschäden liegt in der Vegetationsruhe vom Herbst bis zum Frühjahr. Schäden können jedoch im ganzen Jahr und somit auch in der Vegetationsphase auftreten. Davon sind dann mehr Golfspieler betroffen, wenn die Anlagen für Reparaturmaßnahmen gesperrt werden müssen. Zudem werden Arbeitskräfte gebunden, die andere wichtige Pflegemaßnahmen durchzuführen hätten. Dazu wird meist bei der Wiederherstellung der Narbe weiterer intakter Aufwuchs geschädigt.

 

Doch auch nach einer Reparatur und gleichzeitiger Nachsaat kann die Spielbahn nicht in der gewohnten Weise gespielt werden und es drohen Greenfee-Ausfälle. Bei regelmäßig auftretenden Problemen kann es auch zu Austritten von Mitgliedern führen. Gleichzeitig werden die Flächen immer unebener. Die bei den Bodenaufbrüchen nach oben getragenen Unkraut- und Ungrassamen werden zur Keimung stimuliert, welche den Entartungsprozess der gewünschten Pflanzengesellschaft auf den Spielbahnen verstärken. Aufgrund dieser Situation sind die negativen Auswirkungen von Schwarzwildschäden auf Rasenflächen auch noch Jahre nach dem Schadereignis sichtbar.

 

Grundsätzlich ist im Schadensfall der Wildschadenersatzpflichtige nach § 29 (Schadensersatzpflicht) Bundesjagdgesetz (BJagdG) zur Regulierung von Wildschäden durch Schwarzwild verpflichtet. Das gilt jedoch ausdrücklich nicht auf befriedeten Bezirken (Golfplätze, Parkanlagen etc.) nach § 6a (Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen) Absatz 7 BJagdG. Auch in anderen Fällen hochwertiger Kulturen wie im Weinbau oder in Gartenbau- und Forstbaumschulen, weist das Bundesjagdgesetz in § 32 (Schutzvorrichtungen) darauf hin, dass nicht zwingend eine Ersatzpflicht besteht, sofern keine üblichen Schutzvorrichtungen erstellt wurden, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen. Was hier ausreichend ist, definieren die Länder.

 

Um einen Schadenanspruch geltend zu machen, ist die Anmeldung innerhalb von je nach Bundesland bereits wenigen Tagen (in NRW, Abweichungen in anderen Bundesländern möglich!) beim zuständigen Ordnungsamt erforderlich. Für die rechtliche Abwicklung und Regulierung von Wildschweinschäden sind besondere Hinweise zu beachten, die an dieser Stelle jedoch nicht weiter ausgeführt werden. Sofern keine gütliche Einigung erzielt wird, übernehmen die Bewertung und Festsetzung der Entschädigungshöhe die örtlichen Wildschadenschätzer, eventuell unter Hinzuziehung eines Rasenspezialisten.

 

Zusätzlich zu den Greenfee-Ausfällen und Reparaturkosten sind die entstehenden Vorbereitungs-, Rüst- und Anfahrtzeiten sowie der weitere Ertrags­ausfall der reparierten Flächen zu berechnen. Bei betroffenen Grüns ist zusätzlich ein Aufschlag für das teurere Saatgut einzuplanen.

Wildschäden vermeiden

In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass nach § 1 des BJagdG der Jagdaus­übungsberechtigte zur Wildhege verpflichtet ist. Diese beinhaltet u.a. die Anpassung der Wildbestände auf ein für alle Naturnutzer verträgliches Maß, damit Wildschäden an landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Flächen möglichst vermieden werden. Daher sind überhöhte Bestände deutlich zu reduzieren. Dies gelingt nur durch effektive Bejagungsmethoden wie etwa revierübergreifende, gut organisierte Drückjagden, die Schonung der Leitbachen, sowie den vorrangigen Abschuss von Frischlingen die (nach SODEIKAT, 2007) den Hauptanteil der Bestandsexplosion ausmachen. Denn, in günstigen Jahren verdreifacht sich der Bestand jährlich! Daher ist die Reduzierung der Bestände auf einen Zielbestand von 1,4 bis maximal 2 Tiere/100 ha (nach LJV-NRW) die Grundlage zur Schadvermeidung. Solchen revierübergreifenden, großräumig organisierten Bejagungen sollten sich auch Golfanlagen nicht verschließen.

 

Die Möglichkeit der Abwehrmaßnahmen an gefährdeten Spielbahnen oder anderen Spielflächen einer Golfanlage, etwa durch optische, akustische oder verstänkernde Wirkung ist zwar gegeben, jedoch hält die Abschreckung nur begrenzte Zeit an, da sich die Wildschweine infolge ihrer hohen Intelligenz schnell daran gewöhnen und Erfahrungen sammeln. Die sicherste Methode derzeit stellt die rechtzeitige Einzäunung dar. Üblicherweise erfolgt diese mit zwei Elektrozaunlitzen (20 cm und 40 cm vom Boden). Es kommen aber auch andere Zaunvarianten zum Einsatz. Auch Dauerkulturen wie unsere Rasenflächen lassen sich so effektiv, wenn auch mit viel Kontroll- und Wartungsaufwand verbunden, schützen. Der Schutzeffekt wird vor allem durch Verlagerung der Wildwechsel erreicht.

 

Wildschäden beseitigen

Narbenschäden können sehr unterschiedlicher Natur sein. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Einzel- und Flächenwürfen sowie zusätzlich zwischen flachen und tiefen Aufbrüchen. Auf Schadensflächen ist die Abschätzung der jeweiligen Flächenanteile für die Wahl des geeigneten Reparaturverfahrens erforderlich. Damit eine ordnungsgemäße Pflege und Nutzung der Schadensfläche wieder erfolgen kann, sind entsprechende Forderungen an die Reparaturverfahren zu stellen:

  • gleichmäßige ­Nivellierung der ­Erdoberfläche:
    - nur geringe ­Erdanteile über der Schnitthöhe
    - Erhaltung des ­Fahr­komforts
    - Erhaltung der ­Bespielbarkeit der ­Flächen (Ball darf nicht in ­Unebenheiten verschwinden)
  • gute Rück­verfestigung des ­Bodens:
    - zügige Befahr-, ­­Begeh- und ­Bespielbarkeit
    - sichere Wasserver­sorgung der Narbe durch kapillaren ­Wasseraufstieg
  • Sicherstellung des ­zügigen Weiter­wachsens der ­Schadenfläche:
    - Erhalt einer hohen ­Narbendichte
    - Verhinderung unerwünschter ­Spontan­begrünung
    - Über- bzw. Nachsaat erforderlich mit ­geeigneten Grasarten und Rasensorten
  • geringe Kosten

 

Vor diesem Hintergrund sind unterschiedlichste Verfahren zur Rasenreparatur denkbar. In der Regel wird eine Auswahl zwischen Handarbeit, vorhandener Rasen- und Grünlandpflege- sowie Ackerbautechnik oder Spezialmaschinen zur Rasenreparatur getroffen.

 

Für wenige auf der Fläche verteilte flache oder tiefe Einzelwürfe ist das manuelle Verfahren von Hand das Günstigste. Hierbei werden mit Fuß, Hand oder Hacke die Grassoden in die Auswurffläche zurückgelegt. Bei sehr tiefem Auswurf ist ggf. ein Erdausgleich erforderlich. Anschließend erfolgt eine Übersaat von Hand mit kampfkräftigem, konkurrenzstarkem Deutschen Weidelgras (Lolium perenne) oder Spielbahnmischungen wie RSM 4.4 Var. 1 bis 4, sowie ein ebenes Festtreten der Schadfläche. So banal es sich anhört, aber die Qualität des manuellen Verfahrens wird von keinem maschinellen Verfahren erreicht. Es ist von Jedermann unabhängig von der Witterung durchführbar und beeinträchtigt kaum die unbeschädigte Narbe. Bei umgehender Reparatur nach Schadenseintritt, ist ein Wiederanwachsen der Grasplaggen möglich und der gesamte Schaden eher gering, abgesehen von der oft nur langfristig wieder herstellbaren Ebenflächigkeit.

 

Für Flächenwürfe, die mit Einzelwürfen z.T. größere Areale umfassen, kommen nur maschinelle Verfahren in Frage. Verschiedenste Geräte wie der Schlegelmulcher, die Kreiselegge, Spezialmaschinen wie der „Planier Profi“, der „Planiermeister“ oder der „Wiesenengel“, sowie in extremen Schadensfällen auch die Umkehrfräse, für eine Rasenerneuerung, sind in Kombination mit Sägeräten sowie nachfolgendem Walzgang denkbar.

 

Was tun bei Totalschaden?

Eine Option für hochgradig zerstörte Flächen anstelle des tiefen Umbruchs ist die Rasenerneuerung mit einer Umkehrfräse. Diese arbeitet im Gegensatz zu Ackerfräsen gegen die Fahrtrichtung. Die groben Narbenbestandteile sowie Steine werden hierbei durch Ableitbleche direkt auf der Frässohle abgelegt, während Feinerde diese Sperre passiert und nachfolgend als ideales Saatbett die obere Bodenschicht bildet. Die Bearbeitungstiefe kann der jeweiligen Schadtiefe angepasst werden. Mitunter kann eine Frästiefe von 10 cm ausreichend sein. Bei sehr tiefen Aufbrüchen ist ein vorheriges Überkreuz-Abschleppen zweckmäßig, um ein Grobplanum zu erstellen. Bei Geräten mit entsprechender Säeinrichtung erfolgt die Aussaat parallel mit nachfolgendem Walzgang.

 

Fazit

  • „Vorbeugen ist besser als heilen“. Das bedeutet, alle Möglichkeiten zur Anpassung eines naturverträglichen Wildbestandes auszuschöpfen.
  • Schäden durch Schwarz­wild sind nie vollständig zu vermeiden!
  • Bei der Reparatur vereinzelter Schäden ist das manuelle Verfahren per Hand am zweckmäßigsten.
  • Bei den maschinellen Verfahren ist neben dem Einsatz von Spezialmaschinen auch vorhandene, herkömmliche Technik für die Wildschadensbeseitigung einsetzbar. Die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“, also die Ideal­lösung, gibt es auch hier nicht, sondern es müssen Kompromisse eingegangen werden.
  • Durch geschicktes Kombinieren mehrerer Geräte in einem Arbeitsgang lassen sich diese Nachteile jedoch begrenzen. Besonders wichtig sind trockene Bodenbedingungen, um eine vernünftige Arbeitsqualität zu erreichen.

 

Als umfassendes Nachschlagewerk für die Klassifikation und Bewertung von Schwarzwildschäden auf Grünland kann die Broschüre „Berechnungsgrundlagen“ vom Verband der Landwirtschaftskammern ISBN: 978-3-9805659-9-8 empfohlen werden. Sie enthält die derzeit gültigen Bewertungsmaßstäbe und praxisübliche, empfohlene Reparaturverfahren. Darüber hinaus werden von der Landwirtschaftskammer NRW jährlich Richtsätze zur Bewertung landwirtschaftlicher Kulturen erstellt, die den Ertragsausfall in Cent/m2 bei geringeren Schäden an den relevanten Kulturpflanzen detailliert für unterschiedliche Nutzungsintensitäten ausweisen. Diese Übersicht ist über die Landwirtschaftskammer erhältlich (www.landwirtschaftskammer.de).

 

Autoren: Martin Hoppe und Prof. Martin Bocksch | Greenkeepers Journal 02/2018

 

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