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Praktische Ideen und Pflegeansätze aus den Niederlanden

Stomata-Exkursion 2019

Vor allem dank des Engagements von Norbert Lischka ergab sich auch 2019 wieder die Möglichkeit, den Blick zu weiten, und bei einer Stomata-Exkursion neue Ideen und Ansätze kennenzulernen. Diesmal führte sie mit zehn Teilnehmern vom 30.09. bis 02.10. in die Niederlande, ein Land mit einer sehr alten Golf-Tradition. Die Situation dort ist spannend und viele Entwicklungen sind dort schon viel weiter fortgeschritten, als wir es kennen. Knapp 300 Golfclubs bietet das Land und somit eine hohe Dichte. Das Spektrum der Pflege reicht von sehr gut situierten Private Clubs bis zu Plätzen, die mit einem sehr bescheidenen Budget zurechtkommen müssen. Von den Anlagen wird etwa die Hälfte von Pflegefirmen betreut. In diesem Rahmen kommen beispielsweise autonome Mäher mittlerweile verstärkt zum Einsatz.

 

Green Deal als weit ­gesteckter Prozess Spannend ist derzeit vor allem, was sich im Pflanzenschutz tut: In diesem Bereich läuft der „Green Deal“, in dessen Folge voraussichtlich ab Anfang 2020 kein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Golfanlagen mehr möglich sein wird. Es handelt sich um einen Prozess, in dem die Akteure (Landwirtschaft, Gartenbau, öffentliches Grün, Golf, Sport) im Rahmen eines nationalen Aktionsplanes zuerst selbst nach Lösungen suchen, um die angestrebte Reduktion des PSM-Einsatzes zu reduzieren und der in einem zweiten Schritt in abgestimmte gesetzliche Regelungen führt. Die Niederlande folgen in diesen Restriktionen für Rasenflächen damit anderen Ländern wie Dänemark, Belgien oder auch Italien. Die Greenkeeper haben sich mit dieser Situation recht gut arrangiert, da sie sich schon seit mehreren Jahren darauf vorbereiten. Ein Patentrezept, Dollarspot ohne Pflanzenschutz zu kontrollieren, haben aber auch sie noch nicht – mindestens ein oder zwei Anwendungen waren 2019 erforderlich und dennoch fand sich oft ein nicht unerheblicher Befall, zumindest auf einzelnen Greens. Als noch größeres Problem wird aber die Problematik Kontrolle von Unkräutern wahrgenommen.

 

Allgemein werden auf den Plätzen sehr feine Sande für Bau und Unterhalt verwendet. Dabei wird von sehr hohen Anforderungen an die Infiltrationsraten ausgegangen (über 100 mm/h), was uns als eher zu hoch erschien und unsere Beobachtungen auf den Plätzen bestätigten solche Werte nicht unbedingt.

 

Straffes Programm mit vier Golfanlagen

Besucht werden konnten die Plätze Geijsteren, Hilversumsche, De Pan und Princenbosch. Den Abschluss bildete ein Besuch auf Versuchsflächen der Universität Wageningen (Lehrstuhl Rasen von Prof. Bernd Leinauer) mit Versuchen zur Unkrautreduktion ohne Pflanzenschutz. Auf allen Plätzen wurden die Gäste sehr (gast)freundlich empfangen und bereitwillig offene Auskünfte gegeben. Ein herzliches Dankeschön an die Greenkeeper und Clubs bzw. Anlagenbetreiber.

Der Platz Geijsteren mit Head-Greenkeeper Eric Wijnhoven ist ein neuerer 18-Löch-Platz, der mit einem sehr bescheidenen Pflegebudget und Personalbestand zurechtkommen muss. Die Greens der schönen Anlage sind von Agrostis stolonifera und Poa annua geprägt.

Die traditionsreichen Plätze Hilversumsche und De Pan liegen im Raum der Heidelandschaft De Zoom im Umland von Utrecht. Entsprechend tragen sie einen deutlichen Heidecharakter. Die sandigen Böden sind sehr sauer. Zwischen den Bahnen finden sich Heidekrautbestände und Wälder mit Kiefern und Eichen. Besonders in dieser Region machten sich die letzten beiden Hitzesommer mit massiven Schäden bemerkbar.

 

Head-Greenkeeper AdjanVerploeg in Hilversumsche (18 Löcher) muss ebenfalls mit einem recht knappen Budget zurechtkommen. Da dem Club Umwelt- und Nachhaltigkeitsgedanken sehr wichtig sind, testet ein externer Gutachter (Karel Eigenraam von Holland Soilbionics) Möglichkeiten, über die Düngestrategie, Mikroorganismen und andere Maßnahmen die Bodenbiologie auf Greens so zu steuern, dass daraus gesunde und widerstandsfähige Bestände resultieren. Das Beispiel, das gezeigt wurde, war allerdings wenig überzeugend. Positiv fielen die Details auf, die Eric im Lauf der Jahre eingeführt hat, um seine Bestände zu verbessern. Es gefiel auch der relativ hohe Anteil von Agrostis capillaris auf den Greens mit dem Adjan gezielt nachsät. 

Noch ein spannendes Detail am Rande: Alte Greens liegen hier meist in einer Senke. Ein Relikt aus Zeiten vor der Einführung von Bewässerungssystemen, um hier die Wasserversorgung durch Wasserzufluss zu verbessern.

 

Der renommierte Platz De Pan mit Greenkeeper Marc Lampe überzeugte mit gut gestalteten Spielbahnen (Hary S. Colt, 1928), aufgelichtetem Wald und schönen Heidekrautbeständen.

 

Sehr spannend erwies sich auch die Anlage Princenbosch. Es handelt sich hierbei um eine ­27-Löcher-Anlage, die höheren Ansprüchen genügen soll und mit Linkscharakter rein mit Rotschwingel angelegt wurde. Die Bestände der betreibergeführten Anlage von Eric Jan Beenackers, einer recht offenen Anlage, überzeugten. In der Pflege wird hier intensiv auf eine Pflegebegleitung durch das STRI zurückgegriffen.

 

Auf dieser Anlage stellte außerdem Flip Wirth die dgb (Stichting Duurzaam Golfbaan Beheer – Stiftung für nachhaltiges Golfplatz-Management www.dgbeheer.info) vor. Dabei handelt es sich um eine Vereinigung, die Methoden entwickelt und zusammengestellt hat, um den Pflegezustand auf verschiedenen Golfanlagen webbasiert zu erfassen und vergleichend auswerten zu können. Dies erlaubt den Mitgliedern unter anderem, auf gemeinsamen Treffen, die Pflege ihrer Anlagen zu optimieren.

 

Im Rahmen der Entwicklung neuer Verfahren zur Optimierung der Düngung (Precision Fertilisation Sterf, MLSN Guidelines) findet in Princenbosch derzeit unter Beteiligung von Sterf und STRI ein Versuch zum Vergleich der verschiedenen Verfahren im Hinblick auf die Phosphordüngung statt. Beim Besuch waren aber visuell keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Parzellen festzustellen.

 

Zu Gast an der ­Universität Wageningen

Der letzte Tag war dann dem Besuch von Versuchsflächen der Universität Wageningen gewidmet. Auf diesen von Daniel Hahn betreuten und vom Niederländischen Golfverband geförderten Versuchen geht es um die Möglichkeiten, Unkräuter im Rasen ohne Pflanzenschutzmittel kontrollieren zu können. Konkret untersucht wurden die Einflussfaktoren Düngung und Schnitthöhe. Erwartungsgemäß zeigt sich die Düngung als großer Einflussfaktor: Zu magere Bestände weisen geringe Konkurrenzkraft auf.

 

Prof. Bernd Leinauer berichtete aus seiner Forschungstätigkeit vor allem in den USA und den Unterschieden zu europäischen Verhältnissen. Rasenpflegesystemen mit sehr niedrigen Düngeniveaus stand er sehr skeptisch gegenüber, besonders in den USA, da dort die Kunden eine gewisse Rasenqualität unbedingt erwarten. Ebenso vorsichtig äußerte er sich hinsichtlich Hoffnungen auf Warm Season Grasses in Mitteleuropa. Er wies auch darauf hin, dass unter dem Label „nachhaltige Rasenpflege“ häufig auch zuerst wirtschaftliche Interessen stehen können.

 

Autor: Dr. Dirk Kauter | Greenkeepers Journal 4/2019

 

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