Parkinson durch Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
Anerkannte berufsbedingte Erkrankung
Die Parkinson-Krankheit (Schüttellähmung) ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen sind in Deutschland etwa 250.000-280.000 Menschen an Parkinson erkrankt, weltweit sind sieben bis zehn Millionen Menschen betroffen. Die Krankheit entwickelt sich schleichend, nach und nach verstärken sich die typischen Symptome, wie unkontrolliertes Zittern der Hände, Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen, Schlafstörungen und z.T. auch Schluck- und Sprechstörungen sowie Depressionen. Ursache ist der Verlust von Nervenzellen im Gehirn und ein dadurch verursachter Mangel am Botenstoff Dopamin. Die Krankheit gilt bislang als unheilbar, durch Medikamente können die Symptome teilweise gelindert werden.
Neben einer genetischen Veranlagung, dem Alter und Umweltgiften, wie Schwermetalle oder Lösungsmittel, wird schon seit einiger Zeit der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) oder Bioziden mit dem Parkinson-Syndrom in Verbindung gebracht.
Studien aus Frankreich verweisen darauf, dass Beschäftigte im Weinbau häufiger an Parkinson erkranken als Personen, die beispielsweise in der Viehzucht oder im Ackerbau tätig sind. Dort zählt Parkinson schon seit 2012 zu den anerkannten Berufskrankheiten, in Italien erfolgte die Anerkennung bereits 2008. Allerdings sind in diesen beiden Ländern die Hürden hierfür niedriger und die Leistungen bzw. Entschädigungen fallen deutlich geringer aus.
Situation in Deutschland
Im November 2023 wies das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf hin, dass es bislang nur Belege dafür gäbe, dass der Umgang mit dem insektiziden Wirkstoff Rotenon sowie dem Herbizid Paraquat das Risiko an Parkinson erhöht. Die Zulassungen für beide Wirkstoffe wurden bereits 2007 in der EU widerrufen. Für alle anderen PSM und Biozide lägen, laut BfR, derzeit keine ausreichenden Nachweise für einen Zusammenhang zwischen der Exposition und der Erkrankung vor. Das Amt verwies in diesem Zusammenhang auf den Bedarf an weiteren Forschungen zu diesem Gebiet (Quelle: bfr.bund.de).
Im März 2024 hat nun der ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB), ein beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) angegliedertes Gremium, eine Empfehlung für eine neue Berufskrankheit abgegeben: „Parkinson-Syndrom durch Pestizide“.
Betroffene aus dem Bereich Landwirtschaft, Gartenbau, Forst und anderen „Grünen Berufen“ haben nun erstmalig Anspruch auf Leistungen der jeweiligen gesetzlichen Unfallversicherung. Für die Anerkennung im Rahmen eines Feststellungsverfahrens gibt es jedoch bestimmte Voraussetzungen:
- Die erkrankte Person muss nachweisen, dass sie Herbizide, Fungizide oder Insektizide langjährig und häufig, d.h. an mindestens 100 Tagen, beruflich angewendet hat. Unabhängig von der Tätigkeitsdauer an einem Tag zählt hier, neben der reinen Ausbringung, auch die Vor- und Nachbereitung der Anwendung. Kann für eine Wirkstoffgruppe jedoch eine neurotoxische Wirkung wissenschaftlich ausgeschlossen werden, dann fließt deren Anwendung nicht in die Berechnung ein.
- Das vorliegende Parkinson-Syndrom darf nicht als Folge anderer Grunderkrankungen aufgetreten sein.
Bei einer erfolgten Anerkennung wird dann die Minderung der Erwerbsfähigkeit geprüft und bewertet. Die möglichen finanziellen Entschädigungen orientieren sich am Jahresbruttoverdienst des Beschäftigten. Darüber hinaus gibt es noch weitere Leistungen der Unfallversicherung, die über die einer normalen Krankenversicherung hinausgehen.
Beim Einsatz von PSM besteht die Gefahr, dass über Haut oder Atemwege Wirkstoffe in den Körper gelangen und dann schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen, umfangreichen Anwendungsbestimmungen für den Einsatz von PSM schützen den Anwender – sie werden jedoch in der Praxis nicht immer konsequent genug umgesetzt!
Die Gebrauchsanleitung und das Sicherheitsdatenblatt des eingesetzten Mittels enthält die Angaben zu den Risiken und die notwendige persönliche Schutzausrüstung (PSA). Weitere Informationen zu den Anforderungen und die Beschaffenheit sind auf der Internetseite des Bundesamtes für Verbraucherschutz- und Lebensmittelsicherheit (BVL) zu finden (www.bvl.bund.de).
Autorin: Beate Licht | Greenkeepers Journal 3/2024