Login

Kostbares Nass

Wassermanagement und Ressourcenverantwortung

Wassermanagement ist zum eigenständigen Megathema zwischen Klimawandel und Kostenkrise geworden. Das Greenkeepers Journal stellt in lockerer Folge Beispiele von Golfanlagen im Umgang mit dem wertvollen Gut vor.

 

Der Sommer naht. Das ist eine Warnung, geklaut beim „Song of Ice and Fire“, besser bekannt als Game of Thrones, wo sich alle im Namen des Wahlspruchs der Familie Stark vor der kalten Jahreszeit fürchten: „Winter is coming“. Bislang galt womöglich auch auf den Golfanlagen landauf, landab eher die unwirtliche und meist düstere Off-Season als Schrecknis für Kassenlage und betriebswirtschaftliche Kennzahlen.

 

Eitel Freud und Sonnenschein?

Doch seit der Klimawandel mit voller Wucht zuschlägt, blickt die Branche mit ähnlich banger Erwartung den Monaten entgegen, in denen eigentlich eitel Freud und Sonnenschein herrschen sollte. Eben wegen des Sonnenscheins. Oder hat jemand die jüngsten brüllheißen Sommerperioden vergessen, in denen das vielerorts spärliche Wasser benutzt wurde, damit Grüns ihrem Namen gerecht wurden, während die Fairways versteppten; in denen Beregnungsteiche bis unter den Folienrand geleert werden mussten und sich in muffig riechende Tümpel verwandelten; in denen auf den dankenswerterweise angelegten Streuobstwiesen die Äpfel unter dem Dauerfeuer des Sonnenglasts bereits am Baum zu Bratäpfeln schrumpelten, von Brandmalen gezeichnet.

 

Der Sommer 2022 gehörte nach Erkenntnissen des Deutschen Wetterdiensts (DWD) mit einer Durchschnittstemperatur von 19,2 Grad Celsius zu den vier wärmsten bislang regis­trierten Sommern der vergangenen rund 140 Jahre. Hinter dem vermeintlich moderaten Wert verbergen sich Spitzenwerte von an die oder über 40 Grad. Im Greenkeepers Journal 01/23 haben wir notiert, dass es im vergangenen Jahr in Deutschland zum zwölften Mal in Folge zu warm war – mehr als ein Grad wärmer als 2018, dem Rekordhalter bis dato; 2,3 Grad wärmer als im Vieljahresmittel. Und es kommt eher schlimmer.

Globale Rekord-Hitzewellen 2023 und 2024

Der DWD geht davon aus, dass es von Juni bis August 2023 heißer und trockener wird als in den Jahren 1991 bis 2020 (T-ONLINE, 2023). Aktuelle Prognosen beispielsweise von Meteorologen des Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven oder vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig befürchten für 2023 und 2024 globale Rekord-Hitzewellen (ZDF.DE, 2023). Die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), die Wetter- und Ozeanografiebehörde der USA, prognostiziert einen Sommer 2023 in Deutschland und in Europa, der zu den drei wärmsten seit 1881 gehören könnte (DAS WETTER.COM, 2023). „Schuld“ sind der menschengemachte Klimawandel und das erneut erwartete natürliche Wetterphänomen El Niño. Experten wie Dr. Karsten Rinke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg rechnen alsbald mit Konflikten um die Nutzung des wertvollen Naturguts Wasser (ZDF.DE, 2023).

 

Wie jetzt?, wird der eine oder andere Laie fragen, es regnet doch dauernd irgendwo? Mag sein, aber dieselbe Kurzsichtigkeit ließ den Menschen Landschaften versiegeln, Flüsse kanalisieren, hydrologische Naturhaushalte manipulieren. Wenn das Wetter der Erde Regen beschert, versickert das Nass nicht mehr, sondern fließt über ausgetrocknete oder verdichtete Oberflächen bloß ab, wird bei anhaltendem Starkregen zur Sintflut, die alles auswäscht, wegspült, Bäche in reißende Flüsse und Flüsse in Katastrophenverursacher verwandelt. Wann gab es zum letzten Mal tagelangen sanften Landregen, der den Boden wieder aufbereitet, damit dieser das Wasser dorthin leiten kann, wo es eigentlich hingehört: unter die Erdoberfläche, in die als Grundwasserleiter bezeichneten Gesteinsschichten.

 

Dem Land kommt das Grundwasser abhanden

Lange Vorrede, erschreckendes Fazit: Deutschland kommt das Grundwasser abhanden. Will heißen: Die Spiegel sinken oder sind per se zu niedrig, überall wird Alarm geschlagen. In Mecklenburg-Vorpommern hat Umweltminister Till Backhaus trotz der vielen Niederschläge zum Wassersparen aufgerufen, weil der Regen oberflächennah abfließt und die Flüsse und die Seen füllt, „aber nicht die Grundwasserspeicher, wo wir das Wasser eigentlich haben wollen“ (NDR.DE, 2023). Aus Bayern wird ähnliches gemeldet, einige Messstellen haben historische Tiefstände. In den anderen Bundesländern sieht es wohl kaum besser aus.

 

Für den Golfsport beziehungsweise die Golfanlagen ist die Causa H2O eine tickende Zeitbombe. Nicht allein wegen immer stärker gestutzter Entnahmegenehmigungen und drohender Knappheit beim Beregnungswasser, vor dem selbst jene nicht gefeit sind, die auf ihre Speicherteiche vertrauen. Oder wegen einer Erhöhung des Wassercents wie in Niedersachsen beziehungsweise dessen Einführung, wie Bayern es plant.

 

Forschungsprojekt der USGA

Damit nicht genug, wandelt die Golfergilde auch in der öffentlichen Wahrnehmung auf einem sehr schmalen Grat. Erst recht, seit die Bundesregierung im März 2023 die Nationale Wasserstrategie mit bundesweit einheitlichen Regelungen beschlossen hat (BMUV.DE, 2023). Da nützt es wenig, auf die Wassermassen zu verweisen, mit denen in der Landwirtschaft vielfach Äcker und Weiden aus vorsintflutlichen Beregnungs-Artefakten förmlich überschwemmt werden. Nahrungsmittelerzeugung ist nun mal sakrosankt. Die Golfer in ihren vermeintlich Luxusrefugien sind es nicht. Sie rücken als überflüssige Wasserverschwender – was für ein Wortspiel – jeden Tag mehr in den Fokus, mit dem sich der Sommer und der erneute Wassermangel nähern.

 

In den USA hat die United States Golf Association (USGA) die Dringlichkeit und Brisanz erkannt und ein mit 30 Millionen Dollar ausgestattetes Forschungsprogramm zur Reduzierung des Wasserverbrauchs auf Golfanlagen gestartet. „Die langfristige wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit von Golfplätzen […] steht auf dem Spiel, wenn der Golfsport dieses wichtige Thema jetzt nicht vorantreibt“, sagt Verbandschef Mike Whan. „Der Wettbewerb um die Wasserressourcen wird mit steigender Bevölkerungszahl zunehmen“, ergänzt Cole Thompson als Direktor für Rasen- und Umweltforschung der USGA. „Wir hoffen, die Branche mit diesem Projekt weiter in Richtung Wassereffizienz führen zu können.“

 

„Die Klimakleber ­kommen näher“

Der Zündstoff beim Thema Wasser ist auch hierzulande offensichtlich. Jene Öko-Aktivisten, die während der Dürreperiode im Sommer 2022 auf mehreren Golfplätzen in Südfrankreich Fahnenlöcher mit Beton gefüllt hatten, um vermeintliche Bevorzugungen und Ungleichbehandlungen anzuprangern, oder die Ende April 2023 in der Schweiz unter dem Slogan „Gentlemen only – what about everyone“ aus Grüns Gemüsebeete machten, sind beileibe keine Exoten, die man lediglich im täglichen Stakkato schlechter Nachrichten wahrnimmt. „Die Klimakleber kommen näher“, unkte dieser Tage ein Head-Greenkeeper im Gespräch mit dem Autor, der aus nachvollziehbaren Gründen ungenannt bleibt.

 

Also, die Golfanlagen sind gefordert. Wassermanagement ist kein Subnavigationspunkt der Nachhaltigkeits-Notwendigkeit mehr, sondern ein eigenständiges Megathema zwischen den Brennpunkten Klimawandel und Kostenkrise. Freilich, noch ist die Lage nicht hoffnungslos. Fernab des naheliegenden Versuchs, einfach weitere Speicherteiche anzulegen, besteht – dem technischen Fortschritt sei Dank – eine Mannigfaltigkeit an Möglichkeiten, die von „maßgeschneiderten“ Rasensorten und -mischungen über Drohnenüberwachung thermischer und hydrologischer Befindlichkeiten des Bodens bis zu Feuchtigkeitsfühlern in den Grüns reicht. Fachleute wie Trevor Norris von der irischen Beratungsfirma TurfGrass jonglieren mit jedem Wassertropfen wie die Äquilibristen des chinesischen Staatszirkus mit ihren rotierenden Tellern. Der Deutsche Golf Verband (DGV) bietet Tipps und Hilfestellung an, der Arbeitskreis Bewässerung hat ein „Leitbild zukunftsfähiges und ressourcenschonendes Bewässerungssystem“ entwickelt (DGV-SERVICE-PORTAL, 2023).

 

Wassermanagement und Ressourcen­verantwortung

Das Greenkeepers Journal wird beginnend mit der nächsten Ausgabe in loser Folge ausgewählte Beispiele von Golfanlagen im Umgang mit dem kostbaren Nass vorstellen. Die beispielhaften Anlagen und Unternehmen haben eine Darstellung verdient, weil sie die Zeichen der Zeit erkannt haben und als Vorreiter zu würdigen sind.

 

In der Golfszene tut Aufklärung ohnehin Not, bis sich auch der letzte Fan der Bundesgartenschau anlässlich des Masters im Augusta National Golf Club nicht mehr über braunes, weil schlafendes Gras auf der heimischen Wiese beschwert. Das könnte Greenkeeping im Übrigen vom Masochismus befreien, wider besseres Wissen die Grün-Hybris der Mitgliedschaft zu befriedigen – koste es an Wasser und Dünger, was es wolle. Und dem fragilen Status des Golfsports in der breiten Öffentlichkeit würde es – bei entsprechender Kommunikation – ebenfalls gewiss nicht schaden: mehr Akzeptanz, weniger Anachronismus.

 

Autor: Michael F. Basche | Greenkeepers Journal 2/2023

 

Quellen

BMUV.de/Wasserstrategie: Nationale Wasserstrategie. Eine krisenfeste Strategie für unser Wasser, 15. März 2023

DasWetter.com: Hitzeprognose: Bekommen wir dieses Jahr den heißesten Sommer aller Zeiten?, 12. April 2023

DGV-Service-Portal: Leitbild zukunftsfähiges und ressourcenschonendes Bewässerungssystem. https://serviceportal.dgv-intranet.de/files/pdf2/dgv-leitbild-ressourcenschonung.pdf, 31. Mai 2023

NDR.de: Trotz des Regens sind die Grundwasserpegel in MV zu niedrig, 21. April 2023

T-Online: Es wird lebensgefährlich, 22. März 2023

 

 

<<  zurück