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Japankäfer auf dem Vormarsch

Klimatische Veränderungen begünstigen Ausbreitung

Der gefräßige Japankäfer (Popillia japonica) tritt häufig in Gruppen auf und richtet große Schäden in Weinbergen, Obst- und Beerenkulturen an. Die Engerlinge führen zu den typischen Schäden auf Grünland und im Sportrasen.

 

Auf Grund des hohen wirtschaftlichen Risikos wurde der Japankäfer von der EU als Quarantäne-Schädling eingestuft, bei einem Fund besteht neben der Meldepflicht bei den Pflanzenschutzbehörden auch eine Bekämpfungspflicht.

 

Anfang August wurde die EU-Durchführungsverordnung EUV 2023/1584 erlassen, die die notwendigen Maßnahmen zur Verhinderung der Ansiedlung, Ausbreitung und Tilgung EU-weit harmonisieren soll (Quelle: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R1584).


Der Japankäfer

Optisch ähnelt der nur 0,9-1,0 cm große Japankäfer, der somit kleiner als eine 1-Cent-Münze ist, dem Gartenlaubkäfer. Seine Flügeldecken sind braun bis kupferfarben, der Kopf ist grünlich und metallisch glänzend. Unterhalb der Flügel hat er 5 deutlich sichtbare weiße Haarbüschel und an jeder Hinterleibsseite zwei, die wie weiße Punkte aussehen. Bei Gefahr zeigt der Käfer eine Besonderheit: Er bleibt reglos an Ort und Stelle und spreizt die Beine vom Körper ab. Häufig kommt es zu einem Massenbefall mit einem typischen Schadbild: Die Käfer fressen das Gewebe zwischen den Blattrippen.

 

In der Regel entwickelt der Japankäfer pro Jahr eine Generation. Die stärkste Flugaktivität besteht in der Zeit von Juli bis August, besonders an sonnigen Tagen mit einer Temperatur zwischen 29 °C und 35 °C. Ein Weibchen legt bis zu 60 Eier, bevorzugt werden feuchte, lehmige Böden mit Grasbestand. Die Engerlinge wandern im Herbst in tiefere Bodenschichten, im Frühjahr bei Temperaturen über 10 °C befinden sie sich dann wieder im Wurzelhorizont. Nach der Verpuppung sind, in Abhängigkeit vom Standort und den Temperaturen, ab Mai wieder die ersten Käfer unterwegs.


Zu Beginn des Jahres war die Sachlage noch unklar – reale Gefahr oder ist es reine Panikmache, früh vor einer neuen invasiven Art zu warnen? Zwar traten schon 2014 in der Nähe des Mailänder Flughafens erste Exemplare auf, 2019 wurden dann die ersten Käfer im Tessin beobachtet und 2021 gab es den ersten Fund in Baden-Württemberg – aber ist das schon bedrohlich? Letztendlich hat aber die Tatsache, dass sogar der Pflanzenschutzdienst Schleswig-Holstein das Vorkommen des ursprünglich aus Asien stammenden Käfers kontrolliert, hellhörig gemacht. Deshalb gab es auch schon im Greenkeepers Journal 2/23 einen Zusatzkasten mit der Beschreibung des gefräßigen Japankäfers.

 

Nun hat das Thema deutlich an Brisanz gewonnen! Mitte Juli wurden im Kanton Zürich, in Kloten, zunächst vier Käfer in einer Lockstofffalle entdeckt. Im Anschluss wurde, mit zusätzlichen Fallen und Sichtungen, ein deutlich höheres Vorkommen ermittelt.

 

Da der Japankäfer nun auf der Nordseite der Alpen angekommen ist, droht eine Ausbreitung in ganz Europa.

 

In der Schweiz wird nun, in Zusammenarbeit von Bund und Kanton Zürich, mit allen Mitteln versucht, den Befall einzudämmen und eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Um den ursprünglichen Befallsherd Kloten wurde eine Zone von 2 km Radius eingerichtet, hinzu kommt eine Pufferzone von weiteren 5 km. Die Maßnahmen beruhen auf einer sogenannten Allgemeinverfügung, einem behördlichen Entscheid, und ein Nichtbefolgen ist bußgeldbewährt.

Aufgrund des Entwicklungs-Zyklusses liegt der Fokus derzeit auf der Bekämpfung der Käfer, um so eine Eiablage und Verbreitung zu verhindern. Mit Blick Richtung Tessin eine extrem wichtige Maßnahme, denn dort hat sich seit dem Auftreten die Population extrem vergrößert, der Japankäfer gilt als etabliert. In der unmittelbaren Befallszone wurde deshalb Ende Juli in großem Umfang ein Insektizid eingesetzt. Die Ausbringung erfolgte durch sachkundige Gärtner und Zivilschützer auf Bäume, Pflanzen und Rasen, auch in Privatgärten.

 

Neben Lockstofffallen, die nur dem Monitoring dienen, wurden über 100 Netzfallen aufgestellt. Sie locken die Käfer ebenfalls durch Pheromone an, zusätzlich kommt es dann zum Kontakt mit einem, mit Insektiziden imprägnierten Netz.

 

Weitere Maßnahmen im Sperrgebiet

Innerhalb des gesamten 7 km Radius um den Befallsherd gilt, dass Schnittgut von Grün- bzw. Rasenflächen sowie Kompost bis zum 30. September in diesem Bereich verbleiben muss. Alle Fahrzeuge und Geräte müssen gründlich gereinigt werden, bevor sie die Sperrzone verlassen.

Rasen- und Grünflächen unterliegen bis Ende September einem Bewässerungsverbot, da die Eiablage bevorzugt in feuchte Böden erfolgt.

 

Derzeit handelt es sich um ein überschaubares Vorkommen und man hofft, durch diese umfangreichen Maßnahmen eine Tilgung zu erreichen. Ein Risikofaktor hinsichtlich der Verbreitung scheinen Flughäfen und Bahnhöfe zu sein, daneben geschieht dies aber auch über Pflanzen, Erden oder Rollrasen, Baumschulen und Gartencenter. Mittels einer Analyse des Erbgutes versucht man in der Schweiz herauszufinden, auf welchem Weg der Japankäfer sich ausgebreitet hat. (Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft BLW Bundesamt für Umwelt BAFU Eidgenössischer, Pflanzenschutzdienst EPSD, Pressekonferenz Zürich, 25.07.2023)

 

Alternative Methoden zur Bekämpfung

Das EU IPM-Popillia-Projekt (Integrated Pest Managemnet of Japanese Beetle) hat, unter Einbindung interdisziplinärer Forschungsteams, das Ziel, die Ausbreitung des Japankäfers zu verhindern. Die Forschungsarbeiten haben folgende Schwerpunkte: Erkennung der Käfer und Identifizierung der Ausbreitungswege, Erforschung der befallfördernden Faktoren und Bereitstellung einer „Tool-box“ zur Bekämpfung (Quelle: https://www.popillia.eu/about-the-project/about-the-ipm-popillia-project).

 

In diesem Rahmen befindet sich, in Zusammenarbeit mit Agroscope, einem Forschungsinstitut in Zürich, der Einsatz von entomopathogenen Pilzen (Metarhizium brunneum) in der Erprobung. Hierbei werden die Käfer über Fallen angelockt, sie infizieren sich mit dem Pilz und sollen diesen dann weiterverbreiten.

 

In Italien liegt der Schwerpunkt derzeit auf der Bekämpfung der Engerlinge, gegen die Nematoden (Heterorhabditis bacteriophora) eingesetzt werden.

 

Bemerkenswert ist auch das, im September 2022 gestartete, Schweizer Spürhund-Projekt des Vereins „Wildlife Detection Solutions“. Grundsätzlich ist es schwer zu bestimmen, an welchen Stellen sich Engerlinge im Boden befinden. Mit Hilfe von ausgebildeten Spürhunden sollen die Larven im Boden aufgespürt und die Befallsorte so lokalisiert werden. (Quelle: https://www.gabot.de/ansicht/schweiz-spuerhunde-im-einsatz-gegen-japankaefer-424529.html)

 

Die Ausbreitung ­schreitet voran

Nach dem Fund der Ja­pankäfer bei Zürich wurden Ende August auch im Kanton Wallis erste Exemplare gefunden. Umgehend wurden auch hier Fallen aufgestellt und um die beiden Befallszonen Zwischbergen und Simplonum Pufferzonen eingerichtet, um eine Ausbreitung zu verhindern.

 

In Deutschland berichtete Anfang August das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe, Baden-Württemberg, von Funden in Freiburg und in Weil am Rhein.

 

Erstmalig ist hier nun ein weiblicher Japankäfer gefangen worden und es besteht die Sorge, dass im Vorfeld eventuell schon eine Eiablage stattgefunden hat. Zur Überwachung der Ausbreitung wurden  57 Lockstofffallen aufgestellt, hauptsächlich in der Nähe von möglichen Verbreitungswegen, wie Autobahnen, Flughäfen und Bahnhöfen.

 

Zudem besteht die Aufforderung, bei Verdacht Käfer einzufangen, einzufrieren und zu fotografieren. Die Bilder sind dann, unter Angabe des Fundortes, zur Bestimmung per E-Mail an pflanzengesundheit-kaefer@ltz.bwl.de zu senden. Grundsätzlich gilt der Aufruf, sich bei Verdacht auf einen Befall mit dem zuständigen Pflanzenschutzdienst in jedem Bundesland in Verbindung zu setzen.

 

Autor:  Beate Licht | Greenkeepers Journal 3/2023


Nachgefragt

Da sich die Schweizer Golfanlage Augwil in der unmittelbaren Nähe von Kloten befindet, befragten wir den Head-Greenkeeper und Präsidenten des Schweizer Greenkeeper Verbandes (SGA) Lukas Andreossi.

 

Herr Andreossi, sind Sie, bedingt durch die Nähe zum Befallsort, ebenfalls von den Maßnahmen gegen den Ja­pankäfer betroffen?

 

Zwei unserer Spielbahnen liegen auf Klotener Boden und damit innerhalb der Sperrzone. Aus diesem Grund wurden bei uns auch Fallen aufgestellt. Bislang glücklicherweise ohne Erfolg.  Offiziell hat aber niemand mit uns Kontakt aufgenommen. Das Bewässerungsverbot stellt derzeit kein Problem für uns dar, da es ausreichend regnet.