Jakobs-Kreuzkraut auf dem Vormarsch
Kein Neophyt, trotzdem problematisch auf Golfanlagen
Das „Jakobs-Kreuzkraut“ (JKK), Senecio jacobaea, auch „Jakobs-Greiskraut“ genannt, hat sich in den letzten Jahren stark ausgebreitet. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen typischen Neophyten, wie Riesenbärenklau oder Drüsiges Springkraut, sondern um eine heimische Pflanze, die vielfach auch als „heimische Problemart“ bezeichnet wird. Besonders häufig sind die auffällig gelb blühenden Exemplare auf Brachen, an Wegrändern, Bahndämmen, Böschungen oder auf extensiv genutzten Wiesen und Weiden zu finden. Inzwischen kommt es auch immer häufiger auf Golfanlagen, im Bereich der Rough-Flächen und auf Ausgleichsflächen, zu einem Auftreten. Während die Ausbreitung in Süddeutschland erst in den letzten Jahren zugenommen hat, ist das Problem im Norden und vor allem in Nordrhein-Westfalen schon lange bekannt.
Steckbrief
Das JKK bevorzugt warme, sonnige Standorte mit humosen, sandigen Lehm- und Tonböden. Die Einzelpflanze ist in der Regel zweijährig. Im ersten Jahr entsteht aus den, im Boden befindlichen Samen, nur eine unauffällige Rosette mit tief geschlitzten Blättern. Sie bildet eine Pfahlwurzel mit zahlreichen Faserwurzeln aus.
Im zweiten Jahr entwickeln sich dann Triebe und Blüten. Der aufrechte Stängel ist im Grund rötlich und verzweigt sich oberhalb der Mitte. Ausgewachsene Pflanzen werden meist einen Meter hoch. Etwa ab Juni erscheinen die ersten Blüten, die Hauptblütezeit liegt im Juli und kann bis in den Oktober hinein andauern.
Die Anzahl der Blüten variiert stark und pro Pflanze können durchaus mehrere 10.000 flugfähige Samen gebildet werden, die etwa 20 Jahre ihre Keimfähigkeit behalten. Die Hauptverbreitung erfolgt über den Wind, daneben auch vegetativ. Je offener der Boden und je lückiger die Bestände sind, umso schneller erfolgt dann die weitere Ausbreitung. Nach dem Aussamen stirbt die eigentliche Mutterpflanze ab.
Auf der einen Seite zählt das JKK aufgrund des Gehaltes an Pyrrolizidin-Alkaloiden, die dem Schutz vor Fraßfeinden dienen, zu den Giftpflanzen. Dadurch wird das Auftreten auf Grünlandflächen, deren Aufwuchs als Tierfutter genutzt wird, zu einem Problem. Gerade bei Pferden und Rindern kann bereits die Aufnahme von kleinen Mengen zu einer schwerwiegenden Schädigung der Leber führen. Das JKK behält seine Giftigkeit auch im getrockneten Zustand, als Heu. Schafe sind dagegen laut einer zweijährigen Untersuchung der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, nicht gefährdet und könnten deshalb sogar einen Beitrag zur Dezimierung leisten (Quelle: Feldstudie zur Schafbeweidung von Grünland mit Jakos-Greiskraut aus tiergesundheitlicher und naturschutzfachlicher Sicht, Susanne Ohlsen, 2022).
Auf der anderen Seite handelt es sich beim JKK um eine nektarreiche Pflanze, die für viele Insekten als Lebensraum und Nahrungspflanze Bedeutung hat.
Probleme auf Golfanlagen
Bei einem Vorkommen auf Golfanlagen verhindert das JKK, aufgrund der Giftigkeit, eine Nutzung der Rough- oder Ausgleichsflächen zur Heugewinnung.
Maßnahmen zur Eindämmung auf Golfanlagen
In jedem Fall muss eine Bekämpfung frühzeitig erfolgen, um die Ausbreitung zu verhindern. In der Landwirtschaft wird eine Intensivierung der Grünlandpflege empfohlen, mit dem Ziel über eine dichte und lückenlose Narbe eine Ausbreitung des Lichtkeimers zu verhindern. Diese Empfehlung ist aus spieltechnischer und ökologischer Sicht nicht auf Golfanlagen übertragbar.
Mechanische Bekämpfung
Sind nur Einzelpflanzen vorhanden, ist das Ausreißen oder Ausstechen die sicherste und wirksamste Methode. Hierbei ist darauf zu achten, dass Handschuhe getragen werden, da es zu Hautreizungen kommen kann. Um zu verhindern, dass aus Knospen von Wurzelstücken oder aus Adventivtrieben erneut Tochterpflanzen austreiben, müssen die tief wurzelnden Pflanzen jedoch sehr sorgfältig ausgegraben oder ausgestochen werden. Dies gelingt am besten, wenn der Boden nach Niederschlägen aufgeweicht ist. Im Rosetten-Stadium kann zum Entfernen ein Unkrautstecher eingesetzt werden. Im Anschluss müssen die Pflanzen über den Restmüll entsorgt oder verbrannt werden.
Haben sich im Bestand bereits zahlreiche Pflanzen etabliert, ist ein Ausstechen nicht mehr möglich. Durch eine sehr frühe und häufige Mahd lässt sich das JKK jedoch nicht zurückdrängen. Im Gegenteil, die Pflanzen werden in ihrer Entwicklung gestört, bleiben vital und überdauern dann mehrere Jahre. Es gilt, den richtigen Schnittzeitpunkt zu treffen – erst möglichst spät in der Blüte, aber noch vor der Samenbildung, denn dann werden die Pflanzen geschwächt. Bei einem zu späten Schnitt kann es sogar noch im Mähgut zu einer schnellen Samenreife (Notreife) kommen. Deshalb sollte das Schnittgut auch zeitnah entfernt und entsorgt werden, wobei bei größeren Mengen die Verwertung über eine Biogasanlage sinnvoll ist.
Die preiswerteste Methode stellt das Mulchen mit einer Stoppelhöhe von 8 – 10 cm dar, ebenfalls zu diesem Zeitpunkt. Einmalige Maßnahmen werden jedoch keinen Erfolg bringen, sie müssen über mehrere Jahre und zum richtigen Zeitpunkt erfolgen.
Chemische Bekämpfung
Eine Herbizid-Behandlung ist auf stark befallenen Flächen im Grünland möglich. Der Einsatz erfolgt im Rosetten-Stadium bzw. bei einer geringen Wuchshöhe und ist immer mit der Empfehlung verbunden, die entstehenden Lücken im Anschluss durch eine Nachsaat zu schließen.
Auf einer Golfanlage besteht diese Möglichkeit jedoch nur sehr eingeschränkt. Zum einen sind die Auflagen des Natur- und Artenschutzes zu beachten, das Herbizid muss unter Berücksichtigung von § 17 PflSchG einsetzbar sein, und es gilt zudem, die notwendigen Gewässerabstände und sonstige Auflagen einzuhalten.
Biologische Bekämpfung
Auf Biotop- und Naturschutzflächen gefährden mechanische Bekämpfungsmethoden die schützenswerte, artenreiche Flora. Ein Einsatz von Herbiziden scheidet ebenfalls aus. Von daher wird nach weiteren Möglichkeiten gesucht und dies könnte der Einsatz eines Gegenspielers (Antagonisten) sein.
Die Raupen des „Blutbären“ (Tyria jacobaeae L.), auch „Jakobs-Krautbär“ genannt, sind hierfür geeignet. Der Schmetterling, der zu der Gruppe der Eulenfalter gehört, legt seine Eier auf dem JKK ab, die geschlüpften Raupen fressen Blätter, Blüten und Knospen, schwächen die Pflanzen und verhindern so die Samenbildung und Ausbreitung. Der Einsatz ist aufgrund des zweijährigen JKK-Lebenszyklus für mindestens drei Jahren notwendig.
Im Rahmen des geförderten Projektes „Regulierung von Massenvorkommen des Jakobs-Greiskrautes (Senecio jacobaea L.) durch natürliche Antagonisten“ wurde von 2017 bis 2020 durch Wissenschaftler der Universität Kiel die Ansiedlung des Blutbären im Freiland untersucht. Dazu wurden auf den Versuchsflächen über drei Jahre jährlich Raupen ausgesetzt und die Ansiedlung war auf 70 % der Flächen erfolgreich. Hierzu wurde unter Einbindung der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und der Landesbehörde ein Leitfaden zur Vermehrung und Ansiedlung des Blutbären erstellt.
Das Einsammeln oder Ausbringen von Antagonisten unterliegt, insbesondere in Naturschutzgebieten, aufgrund artenschutzrechtlicher Vorgaben, einer gesetzlichen Regelung. Zuständig sind in der Regel die unteren Naturschutzbehörden. Der gewerbliche Handel mit gesammelten oder gezüchteten Tieren unterliegt ebenfalls Vorschriften.
Andreas Frahm, ein Landwirt aus Neuengörs im Kreis Segeberg züchtet seit 2008 die Raupen des Blutbären (www.blutbaer.de). In den Sommermonaten bietet er Schulungen zu dem Thema an und berät nicht nur in Deutschland Betriebe und Gemeinden.
Während in Deutschland praxisreife biologische Verfahren nicht etabliert sind, gibt es Erfahrungen mit einem gezielten Antagonisten-Einsatz aus den USA oder Neuseeland. Dort kommen der „Jakobs-Kreuzkraut-Flohkäfer“ (Longitarsus jacobaeae), dessen Larven die Wurzeln befallen und die Pflanzen zum Welken bringen, die „Jakobs-Kreuzkraut-Blumenfliege“ (Botanophila seneciella) und eine Gallmückenart (Contarinia jacobaeae), die ebenfalls zu den Fraßfeinden zählen, zum Einsatz.
„Seit April 2023 bin ich Head-Greenkeeper auf der Golfanlage und bereits im letzten Jahr ist mir Jakobs-Kreuzkraut in den Rough-Flächen aufgefallen, aber der Anteil hielt sich noch in Grenzen. Ganz anders in diesem Jahr! Die Anzahl hatte sich explosionsartig vergrößert und die Landwirte wollten die Flächen nicht mähen, da sie das Heu nicht mehr nutzen können. Zur Bekämpfung haben wir nun in den etwa 8 ha Rough das Jakobs-Kreuzkraut ausgestochen, bei etwa 80 % der Pflanzen ist uns das auch mitsamt der Wurzel gelungen. Ich bin gespannt, wie sich die Situation im nächsten Jahr darstellen wird. In der kommenden Saison werden wir die Flächen mindestens zweimal mähen, wobei sich der Schnittzeitpunkt, der Empfehlung entsprechend, an der Blütenentwicklung orientiert. Ich hoffe, wir haben damit Erfolg!“
Hans-Jürgen Negele, HGK Golfclub zu Gut Ludwigsberg e.V.
„Auf unserer Golfanlage gab es schon 2009 erste Jakobs-Kreuzkraut-Vorkommen, dadurch stehen einige Bereiche nicht mehr für die Heugewinnung zur Verfügung. Auf den verbleibenden Flächen entfernen wir die Pflanzen, wenn es die Bodenverhältnisse erlauben, per Hand und kontrollieren zudem das Mähgut vor dem Pressen.“
Morris Kother, HGK Golfplatz Nieper Kuhlen
Verwechslungsgefahr
Betrachtet man die Flächen aus der Ferne, kann es aufgrund einer ähnlichen Wuchsform und Blüte zu einer Verwechslung mit der „Riesen-Goldrute“ (Solidago gigantea) oder dem „Gewöhnlichen Rainfarn“ (Tanacetum vulgare) kommen. Bei näherer Betrachtung ist eine Unterscheidung aufgrund der unterschiedlichen Blütenstände leicht möglich.