Funktionale Wurzelhorizonte und Tragschichten
Angepasste Besandung auf Fairways und Grüns
Funktionierende Rasen- und Grünlandflächen auf Naturböden zeichnen sich durch einen humusreichen Oberboden (Aℎ-Horizont) aus, der den Hauptwurzelhorizont darstellt. In dieser Schicht sind durch Bodentiere (Regenwürmer) die mineralischen und organischen Bestandteile (Ton, Schluff, Sand und Humus) intensiv vermischt. Das Bodengefüge besteht zu 100% aus lebendverbauten Krümeln, die aus festen Bodenbestandteilen und wasser- und luftgefüllten Hohlräumen bestehen.
Die elastischen Unterböden mit vertikalen Regenwurmröhren (Tragschicht) sind in der Lage, überschüssiges Wasser in den Untergrund abzuleiten und erhebliche Wassermengen (bis zu 200 l/m³) pflanzenverfügbar zu speichern. Am besten funktionieren kalkreiche Böden mit ausgeglichenen Anteilen an Ton, Schluff und Sand und Humusgehalten von 4-8% im Aℎ-Horizont.
Filzbildungen sind nur auf sauren, nährstoffarmen Böden unter Borstgras, Rasenschmiele und Straußgras zu beobachten. Bei Filz handelt es sich um einen braun gefärbten Rohhumus aus abgestorbenen Wurzeln und Blattmasse, der wegen fehlender Bodentiere auf dem meist verdichteten Mineralboden aufliegt.
Fairways auf Golfplätzen
Solche Verhältnisse trifft man nicht selten auf den Fairways der Golfplätze an, obwohl ein großer technischer Aufwand (Vertikutieren, Striegeln, Aerifizieren und Besanden mit Quarzsand), betrieben wird. Sogar auf relativ kalkreichen Böden sind solche Bodenzustände anzutreffen. Damit es dazu kommt, müssen saure, lebensfeindliche Verhältnisse an der Bodenoberfläche herrschen. Diese werden durch Bodenverdichtungen und Fäulnisprozessen im nassen Grasschnitt begünstigt. Wenn das geschädigte Bodenleben mit dem Abbau und der Vermischung der abgestorbenen organischen Masse nicht mehr mitkommt, häuft sich eine Rohhumusschicht an der Bodenoberfläche an. Die starke Versauerung in der Filzschicht mit pH-Werten zwischen 4 und 4,5, wird bei einer Bodenuntersuchung nicht erkannt, da die Bodenproben vor der Analyse gesiebt und der Filz verworfen wird. An einer fehlenden Belüftung kann es nicht liegen, da man auf Filzschichten beim Betreten einsinkt und die Einsinktiefe die Luftkapazität des Bodens anzeigt.
Bei längeren Regenperioden saugt sich der Filz mit der Zeit wie ein Schwamm voll und der verdichtete Unterboden leitet zu wenig Wasser in tiefere Bodenschichten ab. Der Golfer steht buchstäblich im Wasser. Nach wenigen Tagen Sonne ist diese Schicht total ausgetrocknet und das Straußgras, die jährige und gemeine Rispe, die an solche Verhältnisse angepasst sind, welken und trocknen wegen der flachen Wurzeln aus. Mit einem hohen technischen Aufwand kann man die Symptome abmildern, die Ursache aber nicht beseitigen. Kalkfreie Quarzsande sind nicht in der Lage, den Filzabbau zu unterstützen, sie geben dem Filz bestenfalls etwas mehr Struktur. Da Filzschichten hydrophobe Eigenschaften haben, steht nach plötzlichen Regenfällen oder nach der Bewässerung das Wasser in den Mulden und wird erst sehr verzögert wieder vom Filz aufgenommen. Die Ursache kann nur mit Kalkdüngern, kalkhaltigen Sanden oder Sanden aus Kalkstein oder Dolomit, beseitigt werden. Sie binden die Säure und fördern das Bakterienleben und die Regenwürmer.
Praxisbeispiel:
Auf der Anlage des Golfclubs Lauterhofen waren 2009 auf allen Fairways, zumindest partiell die oben beschriebenen Verhältnisse mit Filzschichten bis zu 5 cm über einem verdichteten, kalkarmen Lehmboden anzutreffen. Von einem externen Berater wurde zur Filzbeseitigung das Vertikutieren und Besanden mit Quarzsand empfohlen. Eine Aerifizierung kam wegen des hohen Steingehaltes nicht in Betracht. Auf meine Empfehlung und in Absprache mit den Verantwortlichen wurden die bereits gelieferten 300 t Quarzsand noch mit ca. 120 t gewaschenem Dolomitsand 0,1-1 mm vom nahe gelegenen Kalkwerk Trollius ergänzt. Die Fairways verbesserten sich, der Filzabbau brachte aber noch nicht das gewünschte Ergebnis.
Im Jahr 2012 folgte eine Besandung mit ca.1,0 kg/m² gewaschenem Kalksand 0,1-3 mm, deren Wirkung mit einem gesteigerten Regenwurmvorkommen sichtbar wurde. Diese Maßnahme wurde 2015 wiederholt und hat den Filz endgültig besiegt. Ein moderater Regenwurmbesatz, der die Bewirtschaftung des Platzes nicht behindert, und ein insgesamt reiches Bodenleben haben den Filz in einen homogenen Aℎ-Horizont umgewandelt.
Auf fast allen Vorgrüns bestand trotz regelmäßigen Aerifizierens das Problem einer schlechten Wasserableitung in den Unterboden. Im Jahr 2015 wurde die Aerifizierung mit dem Aufbringen und Einschleppen von ca. 2 kg/m² getrocknetem Kalksand kombiniert. Die dadurch erhöhte Kalziumkonzentration im Unterboden führte dazu, dass sich durch die Flockung der Kolloide die Wasserführung drastisch verbesserte und die Probleme weitgehend behoben sind. Für heuer ist diese Maßnahme nochmal auf den Vorgrüns und Abschlägen geplant.
Grüns und Abschläge
Grüns und Abschläge funktionieren nur, wenn das Bodenleben die abgestorbene Wurzelmasse und den teilweise verbleibenden Grasschnitt zu einem hohen Prozentsatz mineralisiert und abbaut. Dazu benötigen auf diesen reinen Sandaufbauten die Mikroorganismen pH-Werte von 6-7. Eine langjährige Anwendung kalkfreier Quarzsande und die Verwendung saurer Dünger führen zur schleichenden Versauerung der Grüns und zur Schädigung des Bodenlebens. Bei sauren Verhältnissen entstehen durch pilzliche Zersetzung ebenfalls rohhumusähnliche Humusformen, die jedoch durch ständiges Topdressen in immer größere Tiefen verschwinden. Durch ihre hydrophoben Eigenschaften behindern sie die Wasseraufnahme der Grüns. Wenn Sie aufquellen, verstopfen sie die luftführenden Poren, was zum Sauerstoffmangel, zu reduktiven Verhältnissen und zur Black-Layer Bildung führt.
Für die Gesundheit der Gräser hat das Kalzium als Hauptnährstoff eine zentrale Bedeutung. Kalzium ist Funktions- und Bauelement in der Pflanzenzelle, beeinflusst die Stabilität der Zellwände und Membrane und wirkt sich positiv auf den Wasserhaushalt in der Pflanze und deren Widerstandsfähigkeit gegen pilzliche Schaderreger aus. Vielen Grüns fehlt das Kalzium. Sie müssen deshalb mindestens einmal jährlich mit ca. 100 g/m² kohlensaurem Kalk gekalkt oder die Quarzsande mit Kalk- bzw. Dolomitsanden kombiniert werden.
Praxisbeispiel:
Auf mehreren Grüns des Golfplatzes Lauterhofen waren 2009 am Geruch reduktive Verhältnisse zu erkennen bis hin zu deutlichen Black Layer. Beim Aerifizieren wird seitdem Quarzsand und beim Topdressen einmal im Jahr getrockneter Dolomitsand verwendet. Der pH-Wert ist auf 6-7 angestiegen, das Bodenleben ist intakt und die deutliche Schichtung ist verschwunden. Die Wurzeln reichen in größere Tiefen und können mehr Wasser nutzen. Grüns, Abschläge und Fairways präsentieren sich dank der guten Arbeit des Pflegeteams um Head-Greenkeeper Christian Kosak und der an die standörtlichen Verhältnisse angepasste Besandung in einem hervorragenden Zustand.
Kalkdünger, Kalk- und Dolomitsande
Kaldünger werden aus Kalk- und Dolomitgestein durch Vermahlen hergestellt. Sie regulieren den pH-Wert durch Binden von überschüssigen Säuren und versorgen Boden und Pflanzen mit den wichtigen Pflanzennährstoffen Kalzium und Magnesium. Diese sogenannten kohlensauren Kalke (mit und ohne Magnesium) gibt es in gemahlener und granulierter Form.
Kalk- und Dolomitsande werden aus den gleichen Gesteinen durch Waschen und Klassieren oder Trocknen, Mahlen und Sieben in verschiedenen Körnungen von 0,1-4 mm produziert. Im Boden lösen sie sich durch Säureeinwirkung langsam auf und geben dabei ebenfalls Kalzium und Magnesium frei.
Eine Standortansprache vor Ort, evtl. kombiniert mit einer Bodenuntersuchung, gibt Auskunft, welche Verfahren mit welchen Materialien zielführend sind. Der pH-Wert kann vor Ort mit Schnellmethoden bestimmt werden. Der Kalktest mit verdünnter Salzsäure zeigt evtl. vorhandenen freien Kalk im Boden an.
Eine Untersuchung der Kationenaustauschkapazität (KAK) im Labor und die Bestimmung der jeweiligen Anteile an den Kolloiden (Tonminerale und Huminstoffe) geben auf Problemböden wertvolle Hinweise zu deren Sanierung. Sie zeigen an, welche und wie viele Kationen (K⁺, Ca⁺⁺, Mg⁺⁺) zu wenig oder zu viel sind. Noch wichtiger wie chemische Analysen sind die menschlichen Sinne. Mit etwas Erfahrung kann man mit dem Tastsinn (Fingerprobe, Fußsohlen), dem Geruchssinn und dem menschlichen Auge Probleme in den Böden erkennen.
Autor: Max Schmidt