DFL als Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit
Starkes Statement in die richtige Richtung
Fußball ist die beliebteste Sportart und das öffentliche Interesse ist enorm, alles gute Voraussetzungen, um ein Vorbild für die Gesellschaft zu sein. Doch es gibt auch Kritik: Wie sieht es beispielsweise in Sachen Klimaschutz aus? Man findet Angaben von etwa 7.800 Tonnen CO2 (Quelle: Patrick Fortyr, CO2OL-Klimaschutzberatungsfirma in Bonn), die ein einziger Spieltag verursacht, zwei Drittel davon verursacht durch Mobilität. Ein Wert, der, laut den Angaben von „TheCompensators“ dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 780 Menschen in diesem Land entspricht.
Die Zeichen stehen auf Wandel, das zeigt auch eine stichprobenartige Umfrage der Organisation myclimate im Bereich Klimaschutz, an der sich in der Saison 2019/2020 15 Klubs der Bundesliga beteiligten. Neun Klubs gaben an, bereits regelmäßig den CO2-Fußabdruck zu ermitteln und sechs verfügen über ein zertifiziertes Umwelt- bzw. Energiemanagementsystem.
Infokasten
Deutsche Fußball Liga e.V.
Die Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) ist der Zusammenschluss der 36 lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Fußball-Lizenzligen Bundesliga und 2. Bundesliga. Aufgabe der DFL ist es, die zur Nutzung vom DFB exklusiv überlassenen Vereins-einrichtungen Bundesliga und 2. Bundesliga zu betreiben und in Wettbewerben der Lizenzligen den deutschen Fußballmeister des DFB und die Teilnehmer an den internationalen Wettbewerben zu ermitteln.
Deutscher Fußball-Bund e.V.
Der Deutsche Fußball Bund e.V. (DFB) ist der Dachverband von 27 Fußballverbänden in der Bundesrepublik Deutschland, bestehend aus dem Ligaverband, fünf Regional- und 21 Landesverbänden. Mit mehr als 7 Millionen Mitgliedern der angeschlossenen Vereine ist der DFB der größte nationale Sportfachverband der Welt.
Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse im Überblick. Die Piktogramme in der obersten Reihe sym-bolisieren von links: CO2-Management, Mobilität, Energie, Catering, Merchandising, Abfall. In der Kategorie Abfall stellt der BVB (Borussia Dortmund) mit seiner Antwort eine Ausnahme dar, denn er setzt auf einen Bechermix aus Mehrweg- und Einweg-Bechern.
DFL-Bekenntnis zu Nachhaltigkeit
Die Forderungen nach mehr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit erhalten nun Unterstützung durch die Initiative der Deutschen Fußball Liga.
Bereits im Dezember 2021 wurde, nach einem Grundsatzbeschluss, ein eindeutiges Bekenntnis zu Nachhaltigkeit in die Präambel der Satzung der DFL aufgenommen: „Wesentliche Leitlinie für das Handeln der DFL e.V. ist Nachhaltigkeit in allen ihren Dimensionen – ökologisch, ökonomisch und sozial. Mit konkreten Maßnahmen wird diese Leitlinie aktiv, nachweisbar und transparent umgesetzt. Die DFL e.V. und ihre Vereine und Kapitalgesellschaften tragen dazu bei, das Bewusstsein für nachhaltiges Handeln innerhalb breiter Bevölkerungsschichten zu verankern.“ Im Rahmen der DFL-Mitgliederversammlung am 30. Mai diesen Jahres wurde nun die Nachhaltigkeitsrichtlinie verabschiedet und verbindlich in der Lizenzierungsordnung verankert. Die Clubs einigten sich dabei einstimmig auf ein mehrstufiges Modell und verabschiedeten Mindestkriterien. Diese Vorgehensweise ermöglicht nun einen Überblick über den jeweiligen Status quo sowie vorhandene Potenziale und schafft zudem einen Übergangszeitraum, in dem notwendige Weiterentwicklungen umgesetzt werden können.
Die Pilotphase 2022/23 beginnt für die Clubs mit den Mindestkriterien, die sich, basierend auf den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, drei Themenbereichen zuordnen lassen: „Clubführung und -organisation“, „Umwelt und Ressourcen“ sowie „Anspruchsgruppen“. Verpflichtend ist künftig neben der Benennung eines Verantwortlichen für das Thema Nachhaltigkeit auch der Nachweis einer Nachhaltigkeits- und einer Umweltstrategie. Dazu gehören beispielsweise jährliche Messungen des Wasserverbrauchs, der Abwasserproduktion und des Energieverbrauchs sowie eine Mobilitäts- und Verkehrsanalyse. Darüber hinaus haben die Clubs unter anderem einen Verhaltenskodex für alle Mitarbeitenden nachzuweisen, sich klar von jeglichen Arten von Diskriminierung abzugrenzen und sich zu Gleichberechtigung, Diversität sowie Inklusion zu bekennen. Die Erfüllung der Mindestkriterien ist dann im Lizensierungsverfahren für die Spielzeit 2023/24 verpflichtend nachzuweisen.
Ziel ist eine stetige und sukzessive Weiterentwicklung der Richtlinie, damit alle Clubs die Möglichkeit haben, ihre Strukturen in diesem Bereich stetig auf- und auszubauen. Vor diesem Hintergrund dienen manche Kriterien zunächst auch dem weiteren Erkenntnis- und Datengewinn. Darüber hinaus sollen ergänzend zu den Mindestkriterien in den kommenden Jahren auch erweiterte Kriterien eingeführt werden.
Parallel zur Weiterentwicklung der Richtlinie arbeitet die DFL bereits an verschiedenen Kernthemen im Bereich Nachhaltigkeit. Beispielsweise ist im Rahmen des Aufbaus der Lizenzierungsstrukturen die Etablierung einer Datenplattform für die Clubs geplant. Zum einen erleichtert dies den Clubs die kontinuierliche Datenerhebung und Auswertung im Bereich Nachhaltigkeit, zum anderen ermöglicht es die Nutzung der Daten für interne Management-Aufgaben oder im Austausch mit externen Anspruchsgruppen.
Zum Begriff Nachhaltigkeit
Die Europäische Kommission definierte 2011 Nachhaltigkeit als „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“. Ende 2015 verabschiedeten die UNO-Mitgliedsstaaten 17 nachhaltige Entwicklungsziele, die unseren Planeten bis 2030 lebenswerter machen sollen (Grafik 1).
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ bedeutet mehr als dauerhaft oder langlebig, vielmehr ist es das Ziel, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden.
Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit:
- Ökologie/Umwelt/Naturschutz,
- Ökonomie/Wirtschaftlichkeit und
- Soziale Verantwortung/Gesellschaft
werden häufig auch als Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit dargestellt.
Einige Klubs engagieren sich bereits längere Zeit im Bereich Nachhaltigkeit – hier einige Beispiele:
- Der 1. FSV Mainz bezeichnet sich schon seit 2010 als klimaneutraler Verein, die Arena verfügt über ein Solardach und die Anreise der Fans mit öffentlichen Verkehrsmitteln wird gefördert.
- Bei der TSG Hoffenheim ist Stefan Wagner schon seit 2017 als Beauftragter für Nachhaltigkeit tätig und der Verein unterhält den eigenen Youtube-Kanal „Der ökologische Bundesligist“. Alle direkten und indirekten CO2-Emissionen durch Energieverbräuche, Reisen, Fan-Mobilität, Produkte und Dienstleistungen werden ermittelt und kompensiert. Das nächste Thema, neben einem ressourcen-schonenden Stadionbetrieb, ist das „Zero Waste“-Stadion. Die pro Jahr bei den Heimspielen entstehenden 68 bis 100 Tonnen Abfall sollen künftig möglichst vermieden oder getrennt gesammelt, sortiert und dem Wertstoff-Recycling zugeführt werden.
- Der SC Paderborn verfügt mit Neele Rickers über eine Nachhaltigkeits-Beauftragte, hat relevante Bereiche definiert und Ziele im Leitbild des Vereins verankert. 2020 wurde der Club nach Teilnahme an der Nachhaltigkeits-Zertifizierung zum „sustainClub Bronze“ ernannt. Vor einem Jahr wurde dann der erste Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Der Verein misst den CO2-Ausstoss und hat eine fair produzierte Fan-Kollektion. Im Nachhaltigkeitsbericht 2020 des SC Paderborn werden die CO2-Emissionen detailliert ermittelt und in einen Vergleich zu 2019 gesetzt – zu finden unter https://bit.ly/3u7cVFn oder durch einen Klick auf das Bild.
- Der SV Werder Bremen beschäftigt mit Anne-Kathrin Laufmann eine Nachhaltigkeitsmanagerin, die das Projekt „Lebenslang umweltbewusst“ betreut. Eine hochmoderne Photovoltaik-Anlage, die aus insgesamt 200.000 Solarzellen besteht, bedeckt insgesamt eine Fläche, die größer ist als zwei Fußballfelder, und es werden pro Jahr bis zu eine Million Kilowattstunden Strom produziert.
- Bayer 04 Leverkusen engagiert sich seit langem stark im sozialen Bereich und veröffentlichte bereits 2018 den ersten CSR-Bericht (Corporate Social Responsibility). Im Rahmen der „SustainClub“-Zertifizierung erreichte Bayer 04 den „Silber“-Status. Die Zuschauer werden bei Heimspielen durch die „Zahl des Tages“ über Fakten aus dem Bereich Nachhaltigkeit informiert, eine Maßnahme die auch gleichzeitig sensibilisieren soll. Georg Schmitz, Head-Greenkeeper der BayArena und GVD-Vorstandsmitglied, legt den Schwerpunkt auf eine nachhaltige und ressourcensparende Rasenpflege.
- Bereits seit 2012 veröffentlicht der VfL Wolfsburg alle vier Jahre einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht. 2016 erhielt er als erster Fußball-Bundesligist die Auszeichnung als „SustainClub Gold“ und ist Sieger im Fußball-Nachhaltigkeits-Ranking Bereich Umwelt von Responsiball.
Kooperation DFL und Politik
Deutsche Fußball Liga und Bundesentwicklungsministerium gemeinsam für Nachhaltigkeit, gesellschaftliche Verantwortung und Entwicklung durch Sport
Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Donata Hopfen, Vorsitzende der Geschäftsführung der DFL, verständigten sich im April 2022 über eine Zusammenarbeit. Ziel ist unter anderem, die gesellschaftliche Popularität des Fußballs für wichtige Nachhaltigkeitsthemen gemeinsam noch stärker zu nutzen.
Bundesministerin Schulze bezeichnete die Aufnahme der Nachhaltigkeitskriterien in das DFL-Lizenzierungsverfahren als wegweisend. Der Sport könne so wichtige Beiträge zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele leisten. Kooperationsfelder für gemeinsame Projekte von BMZ und DFL sind beispielsweise „Bildung und Ausbildung“, „Geschlechtergerechtigkeit“ und „Klimaschutz“.
Kinder und Jugendliche lernen beim Sporttraining nicht nur das „Kicken“, sondern noch einiges mehr – wie zum Beispiel Gesundheitsvorsorge, Umweltschutz, Geschlechtergerechtigkeit und Konfliktprävention – sowie soziale und berufs-relevante Kompetenzen wie Toleranz, Ausdauer, Respekt und Selbstvertrauen.
Nachhaltigkeits-Zertifizierungen
Wie vielschichtig das Thema Nachhaltigkeit im Fußball angegangen wird, zeigen die im Internet zu findenden Nachhaltigkeits-Zertifizierungen – zwei sollen an dieser Stelle kurz vorgestellt werden:
SustainClub
Die Schweizer Organisation „sustainable///sports“ zertifiziert Vereine zusammen mit Experten der DEKRA in den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Soziales. In einer 2020 gestarteten Pilotphase beteiligten sich sechs Vereine (VfL Wolfsburg, Bayer 04 Leverkusen, FC St. Pauli, SV Werder Bremen, VfB Stuttgart und SC Paderborn 07) an der Nachhaltigkeits-Zertifizierung. Ziel ist das Erstellen eines Nachhaltigkeits-Managementsystems, einer Nachhaltigkeits-Analyse und die Identifizierung konkreter Verbesserungsmöglichkeiten.
Responsiball
„Responsiball“ ist ein Ideenpool für Vereine, die sich im Bereich der Nachhaltigkeit engagieren und veröffentlicht seit 2011 jährlich ein Ranking zur Umwelt-, Sozial- und Governance-Performance (ESG) von Fußballvereinen. Weitere Informationen finden Sie unter www.responsiball.org.
Fazit
Das Thema Nachhaltigkeit ist im Profifußball angekommen und verdeutlicht, wie vielschichtig die Inhalte sind. Dabei spielten bislang insbesondere die Gesellschaftliche Verantwortung (CSR) bzw. die Nachhaltigkeitssäule „Soziales“ eine große Rolle. Inzwischen rückt jedoch immer mehr auch das Thema Umweltschutz in den Vordergrund. Eine wichtige Erkenntnis: Am Anfang steht wie so oft das Sammeln von Daten, nur so lassen sich Verbesserungspotenziale erkennen und Erfolge messen. Das Thema Nachhaltigkeit muss gelebt und entsprechend kommuniziert werden, auf der anderen Seite darf das Thema die Verantwortlichen nicht überfordern. Gerade in einer gesellschaftspolitisch so wichtigen Sportart wie Fußball keine leichte Aufgabe und vielleicht ist es gerade deshalb so wichtig, dass dieser Weg eingeschlagen wurde. Bleibt zu hoffen, dass sich weitere Sportverbände diesem Beispiel anschließen und sich im Idealfall sogar gemeinsam auf einen großen gemeinsamen Weg des Sports machen.
Autorin: Beate Licht | Greenkeepers Journal 2/2022
Literatur
Kooperation Ministerium: www.bmz.de/de/aktuelles/aktuelle-meldungen/bmz-und-dfl-starten-kooperation-107408
Paderborn: www.scp07.de/SCP07/Verantwortung/?tab=1159-Bericht
TSG Hoffenheim: www.tsg-hoffenheim.de/aktuelles/news/2022/03/tsg-und-nachhaltigkeitspartner-prezero-streben-erstes-zero-waste-stadion-deutschlands-an/
www.deutschlandfunk.de/dfl-verpflichtet-vereine-zu-mehr-nachhaltigkeit-100.htm
www.werder.de/aktuell/news/werder-bewegt/20212022/dfl-nachhaltigkeitskriterien-30052022/