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Das Insektenschutzpaket und seine Maßnahmen

Aktueller Stand Insektenschutz

Insekten spielen eine wesentliche Rolle im Ökosystem, sind allein in Deutschland mit mehr als 33.300 Arten vertreten und stellen die vielfältigste Gruppe aller Lebewesen dar. Regionale und wirtsspezifische Studien belegen jedoch einen Rückgang der Insekten, der sich sowohl auf die Gesamtmenge (Biomasse), als auch auf die Artenvielfalt bezieht. Ein Insektenschwund ist nicht nur mit ökologischen Folgen verbunden. Ein Wegfall aller Bestäuber verursacht nach einer Studie der Universität Hohenheim in Deutschland einen potenziellen wirtschaftlichen Schaden von 3,8 Mrd. Euro pro Jahr!

 

Häufig ist in diesem Zusammenhang vom „Bienensterben“ die Rede. Neben dem Nutztier Honigbiene kommt jedoch den mehr als 560 Arten von Wildbienen, zu denen auch die Hummeln zählen, die größere Bedeutung zu.

 

Zu den wichtigsten Ökosystemleistungen der Insekten zählt aber nicht nur die Bestäubung von Pflanzen. Sie bilden zudem die Nahrungsgrundlage für diverse Tiergruppen, sind am Abbau von organischer Masse im Boden beteiligt und sind somit auch wichtig für die Bodenfruchtbarkeit. Als Hauptursache für das Insektensterben wird in der Regel der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der intensivierten Landwirtschaft genannt. Doch es gibt eine Vielzahl von möglichen Gründen:

  • Reduzierte Strukturvielfalt in den landwirtschaftlichen Flächen mit Verzicht auf blütenreiche Feldränder, Heckenstrukturen und Brachflächen.
  • Lichtemissionen, aufgrund der Lockwirkung künstlicher Lichtquellen auf Insekten.
  • Versiegelung und Bebauung von Flächen für Siedlungen, Gewerbe und Verkehr.
  • Klimatische Veränderungen haben Einfluss den Blühzeitpunkt von Wirtspflanzen.

 

Maßnahmen der ­Bundesregierung

Die erste Reaktion der Bundesregierung auf den Rückgang der Insektenpopulation erfolgte bereits 2007 durch die Veröffentlichung der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“. Im Anschluss an die Veröffentlichung der „Krefelder Studie“ des Entomologischen Vereins Krefeld e.V. erhöhte sich der politische und gesellschaftliche Druck.

 

Im September 2019 wurde das „Aktionsprogramm Insektenschutz“ durch das Bundeskabinett verabschiedet. Das Eckpunktepapier beinhaltet einen, vom Bundesumweltministerium (BMU) erstellten und mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) abgestimmten Maßnahmenkatalog zum Schutze der Insekten und zur Wiederherstellung ihrer Lebensräume. Das Programm enthält in dieser Form jedoch noch keine verbindlichen Vorgaben; diese entstehen erst durch juristische Umsetzungen in Form von Rechtsänderungen. Zudem wurde an den Maßnahmen nicht nur von Seiten der Landwirtschaft heftig Kritik geübt. Die darin geforderten Mindestabstände zu Gewässern, sowie die umfangreichen Verbote eines Pflanzenschutzmitteleinsatzes in Schutzgebieten würden zudem auch Änderungen im Wasserrecht und Düngerecht erfordern.

 

Nach einem zähen Ringen und Problemen bei der Ressortabstimmung zwischen BMU und BMEL wurde am 10. Februar 2021 das sogenannte „Insektenschutzpaket“ durch das Bundeskabinett verabschiedet. In der Öffentlichkeit wird häufig der Begriff „Insektenschutzgesetz“ verwendet. Es handelt sich jedoch um einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes), unter Federführung des Umweltministeriums, sowie um eine Änderung in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (PflSchAnV), unter der Regie des Landwirtschaftministeriums.

Wesentliche Inhalte des Insektenschutzpaketes

  1. Verbot der Anwendung von Glyphosat ab 31.12.2023.
  2. Beim Einsatz von Insektiziden und Herbiziden sind Abstandsgrenzen von 10 m zu Gewässern bzw. bei ganzjährig begrünten Gewässerstreifen von 5 m einzuhalten.
  3. Einschränkung des Einsatzes von Insektiziden, Herbiziden und Bioziden in bestimmten Schutzgebieten (Flora-Fauna-Habitat-Gebiete, Naturschutzgebiete u.a.)
  4. Der Biotopschutz wird auf artenreiche Grünlandflächen, Trockenmauern, Steinriegeln und Streuobstwiesen ausgeweitet. Neben dem Anwendungsverbot für Herbizide und Insektizide ist auch der Biozideinsatz verboten.
  5. Reduzierung der Lichtverschmutzung und Umstellung auf insektenfreundliche Lichtquellen.

 

Der Anbau von Sonderkulturen, wie Obst, Hopfen und Wein ist ausgenommen.

 

Die Situation kann mit den Abläufen der Pandemie-Politik verglichen werden. Auch hier werden auf Bundesebene Beschlüsse gefasst, aufgrund des Föderalismus kann die eigentliche Umsetzung in den Bundesländern jedoch durchaus abweichen.

 

Die Zuständigkeit für den Bereich „Naturschutz und Landschaftspflege“ liegt, wie auch beim Pflanzenschutz, im Bereich der Bundesländer mit ihren jeweiligen Naturschutzbehörden. Nach der noch ausstehenden Zustimmung zum Gesetzesentwurf durch Bundestag bzw. Bundesrat muss dann die eigentliche Ausgestaltung und Umsetzung durch die Bundesländer in Form von Landesgesetzen erfolgen. Durch Öffnungsklauseln gibt es hier Abweichmöglichkeiten für die Länder.

 

In Bayern und Baden-Württemberg wurden bereits im Nachgang von Volksbegehren landeseigene Programme beschlossen. Die bereits im Sommer 2020 durchgeführte Novellierung des Naturschutzgesetzes in BW geht in Teilen sogar über die Anforderungen des Bundesprogramms hinaus. Neben einer Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, dem Verbot eines Einsatzes in Naturschutzgebieten, werden Hausgärten einbezogen und die Anlage von Kies- und Schottergärten wird verboten. In Niedersachsen wurden hingegen freiwillige Übereinkünfte zum Schutz der Natur und der Artenvielfalt in Zusammenarbeit mit Landwirtschaft, Politik und den Umweltverbänden beschlossen.

 

Auswirkungen auf Golfanlagen

  1. Das Verbot der Anwendung des Totalherbizides Glyphosat ab 31.12.2023 betrifft auch Haus- und Kleingärten sowie Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, also somit auch Golfanlagen. Die über §17 bestehende Genehmigung im Vorfeld einer Neuansaat läuft Ende 2022 aus. Ein Einsatz auf Wegen, Parkplätzen oder Terrassen ist, da es sich um Nichtkulturland handelt, ohnehin verboten. Zudem haben sich in den letzten Jahres bereits über 550 Landkreise und Kommunen zu glyphosatfreien Gebieten erklärt. Ein Anwendungsverbot besteht zudem derzeit auch schon in Naturschutzgebieten.
  2. Auf Golfanlagen handelt es sich in der Regel um dauerbegrünte Gewässerränder, somit würde hier der Abstand von 5 m gelten. Die Mindestabstände zu Gewässern werden, neben den länderspezifischen Abstandsregelungen, durch die jeweiligen Anwendungsbestimmungen der Pflanzenschutzmittel festgelegt.
  3. Im Hinblick auf eine zukünftige Einschränkung für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln muss klargestellt werden, dass es sich beim Bundesprogramm um Insektizide und Herbizide handelt. Auf den Grüns werden zur Sicherstellung der Spielqualität, bei einem hohen Infektionsdruck, Fungizide gemäß den Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes eingesetzt. Die Einschränkung des Einsatzes von Insektiziden und Herbiziden in FFH-Gebieten, Naturschutzgebieten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützte Biotopen kann durchaus auch Golfanlagen betreffen. Derzeit besteht ein solches Verbot der Anwendung aber auch schon für bestimmte Pflanzenschutzmitteln über §4 der bestehenden Pflanzenschutzanwendungsverordnung.
  4. Die Erweiterung der Liste der nach §30 BNatSchG geschützten Biotope hat keinen Einfluss auf die bisherige Nutzung dieser Flächen, solange die Lebensräume nicht zerstört werden. Als artenreiches Grünland gelten die Biotoptypen „Bergwiese“ und „Flachland-Mähwiese“, die derzeit auch bereits unter die FFH-Richtlinie fallen. Trockenmauern und Steinriegel stellen wichtige Lebensräume für viele Insektenarten dar.
  5. Das Thema „Lichtverschmutzung“ und die Auswirkungen auf Insekten spielen eine wichtige Rolle. Neben der Vielzahl an beleuchteten Trainingsbereichen gibt es Golfanlagen, die unter Flutlicht ein Golfen bei Dunkelheit ermöglichen. Hier gilt es, sich bei der Einrichtung und dem Betrieb von Beleuchtungsanlagen umfassend im Hinblick auf insektenfreundliche Beleuchtungen zu informieren. Wellenlänge, Farbtemperatur, Lichtintensität, Beleuchtungsdauer und Licht­lenkung spielen hier eine wichtige Rolle. Die LED-Technik bietet zahlreiche Ansätze die Lockwirkung auf Insekten zu reduzieren.

Die aufgrund fehlender Lebensräume stark gefährdeten Wildbienen sind auf bestimmte Nahrungspflanzen angewiesen und benötigen Lebensräume in Form von sandigen Böden, morschem Holz oder hohlen Pflanzenstängeln.


Chance für Golfanlagen

Der Maßnahmenkatalog des Aktionsprogramms Insektenschutz beinhaltet die Forderung nach einem Engagement der breiten Gesellschaft. Hier gilt es für Golfanlagen, ihre Leistungen für den Naturschutz zu kommunizieren. Die Erhaltung und Schaffung von Lebensräumen und deren Vernetzung ist eine der wichtigsten Aufgaben zum Insektenschutz. Hier bieten die extensiven Bereiche der Golfanlagen gute Voraussetzungen, beispielsweise durch die Anlage arten- und blütenreicher Wiesen oder Anpflanzung heimischer Baum- und Straucharten mit reicher Blütentracht (Bienenweide).

 

Ein wertvoller Beitrag zur Naturbildung kann durch Erläuterungen zu Naturschutzmaßnahmen, die Anlage von Lehrpfaden oder fachkundigen Führungen über eine Golfanlage erfolgen. Im Rahmen der UN-Dekade Biologische Vielfalt wurden bereits der Golf und Country Club Seddiner See, der Golfclub Burg Overbach e.V in Much, der GC München Eichenried und der Golf Club Kassel-Wilhelmshöhe e.V. für ihr Engagement im Bereich Natur und Artenschutz ausgezeichnet.

 

Fazit

Golfanlagen unterliegen in Bezug auf die Umweltgesetzgebung zahlreichen Vorschriften und Auflagen und es entsteht der Eindruck, dass diese immer umfangreicher, komplexer werden. Um Rechtssicherheit zu erlangen ist es wichtig, grundsätzliche, zum Teil standortbedingte Vorgaben zu klären. Es ist ratsam zu überprüfen, ob und in welchem Umfang die Golfanlage, oder Teilbereiche, in einem Schutzgebiet liegen. Der Bebauungsplan und der Landschaftspflegerische Begleitplan beinhalten viele der notwendigen Informationen. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) sowie die jeweiligen Landesbehörden stellen online Kartendienste und Naturschutzregister zur Verfügung.

 

Autorin: Beate Licht | golfmanager 1/2021

 

Literatur

Aktionsprogramm Insektenschutz, BMU, 2019.

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, 2019: Bäume und Sträucher für Bienen und Insekten – Eine Empfehlungsliste in Zusammenarbeit mit der bayerischen Baumschulwirtschaft;

https://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/gartenbau/dateien/bf_gesamt_bienengehoelze_in.pdf 

BMU Gesetzentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes; www.bmu.de/gesetz/gesetzentwurf.

Bundesamt für Naturschutz (Bfn); www.bfn.de.

FLL, 2020: Fachbericht Bienenweide; DIN A4 PDF-Datei, 97 Seiten; 1. Ausgabe 2020; Download im Shop der FLL: https://shop.fll.de/de/fachbericht-bienenweide-2020-570.html 

LIPPERT, C., A. FEUERBACHER, M. NARJES: Revisiting the economic valuation of agricultural losses due to large scale changes in pollinator populations, Ecological Economics; dol.org/10.1016/j.ecolecon.2020.106860.

TRUSCH, R., 2019: Insektenschwund- Hintergründe, Beobachtungen, Zusammenhänge, Entomologie heute 31, 229-256.

UN Dekade Biologische Vielfalt; www.undekade-biologischevielfalt.de.

 

 

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