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Schadursachen und die Bedeutung der abiotischen Faktoren

Bestimmung von Schäden auf Rasenflächen

Treten Schäden oder Qualitätsbeeinträchtigungen auf Rasenflächen auf, so werden diese in erster Linie mit den gängigen Pilzkrankheiten oder tierischen Schaderregern in Verbindung gebracht. Besonders fatal sind in diesem Zusammenhang Schnelldiagnosen, die dann den Einsatz eines Fungizides nach sich ziehen, ohne jedoch die eigentlichen Ursachen zu ermitteln. Handelt es sich nur um die Symptombekämpfung einer Sekundärinfektion und die eigentliche Ursache bleibt unentdeckt, bringt der Pflanzenschutzmitteleinsatz, wenn überhaupt, nur kurzzeitig einen Erfolg.

 

Schäden haben häufig nicht nur eine, sondern mehrere Ursachen, die nicht immer eindeutig feststellbar sind. Nicht selten sind es Umwelteinflüsse, die zum derzeitigen Erscheinungsbild führen.

 

Direkte Schäden durch abiotische Faktoren

Abiotische, nicht parasitäre Faktoren, wie Frost, Hitze, Nässe und Trockenstress können direkte Schäden verursachen. Auch diese sind anhand der Symptome nicht immer auf den ersten Blick von denen einer Pilzerkrankung zu unterscheiden. Häufiger sind jedoch die Auswirkungen von „black layer“, Bodenverdichtungen, Trockenstress, Staunässe oder mechanischen Verletzungen aufgrund von Pflegemaßnahmen oder Spielbetrieb. Durch die Beeinflussung des Stoff- und Energiewechsels der Pflanzen kommt es zu einer Schwächung. Die verminderte Vitalität und damit verbundene erhöhte Anfälligkeit verstärkt das Risiko einer Infektion (Sekundärinfektion) und beeinflusst Schwere und Verlauf der Krankheit.

 

Nachvollziehbar wird dieser Zusammenhang, wenn man sich parallel mit der Lebensweise einiger, immer wieder zum Problem werdenden Pilzkrankheiten beschäftigt. So gelten Anthracnose (Colletotrichum graminicola) und Rhizoctonia spp. als typische Schwächeparasiten, die ungünstige Perioden u.a. als Saprophyt im toten Material, wie Filz, überdauern. Gräser, die unter Stress leiden, z.B. in Form von Staunässe und Sauerstoffmangel, erkranken dann wesentlich schneller und es kommt zu größeren Ausfällen. Zu den abiotischen Faktorenzählen die Einflüsse der Witterung, des Bodens, der Nährstoffversorgung und der Bereiche Pflege und Nutzung. Ungünstige Einwirkungen verursachen Welken, Verfärbungen, Ausdünnen der Bestände, reduzierte Wurzelsysteme, herabgesetzte Regenerationsfähigkeit und eingeschränktes oberirdisches Wachstum.

 

Ursachenforschung, aber richtig

Allein anhand der Symptome auf die zugrundeliegenden Ursachen zu schließen, ist schwierig. An erster Stelle steht die genaue Erfassung des jetzigen Zustandes, Kenntnisse über die derzeitigen und vorangegangenen Witterungsbedingungen sowie detaillierte Angaben zu Art und Umfang der durchgeführten Pflegemaßnahmen. Ähnlich wie bei den Pilzkrankheiten kann auch für abiotische Schäden ein Diagnoseleitfaden angewendet werden. Neben der Identifikation der befallenen Grasarten gilt es, die Art der Symptome und die herrschenden Standortbedingungen zu erfassen. Daneben ist dann abzuklären, inwieweit Einflüsse durch Witterung, Pflegemaßnahmen oder Nutzungvorliegen, Grafik 1.

 

 

Am Anfang steht also das Sammeln von Informationen, unter Beteiligung von Ausschlussverfahren. Bei der näheren Untersuchung wäre z.B. ein Vorhandensein von Fruchtkörpern oder eines Myzels ein Hinweis auf die Beteiligung von biotischen Schaderregern,in diesem Fall einer Pilzerkrankung.

 

Liegen Dokumentationen zum Verlauf der aktuellen Probleme sowie der durchgeführten Pflegemaßnahmen vor und findet ein Wettermonitoring statt, so erleichtert das die Ursachenforschung sehr. Daneben sollten vor Ort die diversen Hilfsmittel, wie Profilspaten, Bodensonde, Taschenmesser, Lupe und Bodenthermometer genutzt werden.

 

Fahrplan zur Schadensermittlung

Grasarten und ihre Anfälligkeit

Sind Ausfälle oder Schädigungen gleichmäßig im Bestand verteilt, oder zeigen sich einzelne Arten als scheinbar unbeeinträchtigt?

 

Abbildung 1 zeigt vitale und gesunde Agrostis-Gräser inmitten eines stark geschädigten Poa annua-Bestandes. Die Beschäftigung mit den scheinbar toleranten Grasarten und ihren Ansprüchen lässt Schlüsse auf die vorliegenden Defizite zu.

 

Eine Untersuchung der Einzelpflanze auf Besonderheiten im Bereich der Blätter, des Stängels und des Wurzelsystems kann Hinweise auf das Vorliegen einer pilzlichen Infektion oder eines Befalls mit tierischen Schaderregern geben.

 

Ausprägung der Symptome

Die Beschreibung der Symptome sollte mit einem gewissen Abstand zur Fläche erfolgen. Dies erleichtert das Erkennen von Streifen oder charakteristischen Symptomen.

 

Eine streifenförmige Ausprägung von Verfärbungen (Abbildung 2) deutet auf eine technische oder mechanische Beeinträchtigung hin. Es könnte sich jedoch auch um eine Infektion handeln, deren Verbreitung z.B. über den Mähvorgang erfolgte. In einem solchen Fall könnte der Zustand der Gräserwurzeln Aufschluss geben. Zudem ist, im Gegensatz zu einem Pilzbefall, bei einer abiotischen Schädigung keine weitere Ausbreitung zubeobachten.

 

Standort

Eine Beeinträchtigung, die auf bestimmte Bereiche begrenzt ist, wirft die Frage auf, welche Besonderheiten hier vorliegen. Kuppen und Modellierungen mit oberflächlichem Wasserablauf, die zudem der Sonne stärker ausgesetzt sind, unterstützen die Entstehung von Trockenflecken. Flächen, die während der Vegetationsperiode immer wieder unter Trockenstress leiden, weisen auch gegenüber Krankheiten wie Anthracnose oder Schneeschimmel eine höhere Anfälligkeit auf. Eine deutliche Abgrenzung der Trockenzone, die Lage im stark frequentierten Bereich sowie zwischen zwei Regnern, weist auf den Einfluss einer ungleichmäßigen Wasserverteilung hin, s. Abbildung 3. Extreme Formen führen zu einer starken Belastung der Außenrunde, s. Abbildung 4. Die auftretenden Scherkräfte dünnen den Bestand aus. Nicht selten ist die Außenrunde der Ausgangspunkt für den Befall mit Stresskrankheiten, die sich dann in die übrigen Bereiche ausbreiten, s. Abbildung 5. Daneben können Ausfälle auch auf stark beanspruchte Bereiche beschränkt sein (Abbildung 6). Trittbelastungen haben, gerade in Zeiten von eingeschränktem Wachstum, bei wassergesättigten Böden oder aber auch bei hohen Temperaturen direkte Auswirkungen.

 

 

Zustand der Rasentragschicht

Eine Untersuchung der Rasentragschicht mit Hilfe eines Profilspatens gibt Einblick in den Lebensraum der Gräserwurzeln, s. Abbildung 7. Das Vorhandensein von black layer-Bereichen bedeutet in jedem Fall eine Schwächung der Gräser aufgrund einer Anreicherung mit wurzelschädigenden Substanzen und Gasen. Bodenverdichtungen, in Verbindung mit Staunässe, vermindern das Eindringen von Sauerstoff in den Boden und erhöhen die Kohlendioxid-Konzentration im Wurzelraum. Dies beeinträchtigt die Wurzelfunktionen wie z.B. Nährstoffaufnahme und Hormonproduktion. Extreme Filzanreicherungen behindern nicht nur den Gasaustausch, sie stellen auch den idealen Lebensraum für die Erreger dar und fördern das Entstehen von Trockenflecken.

 

Witterung

Der derzeitige, sowie der Witterungsverlauf im Zeitraum vor dem ersten Auftreten von Symptomen, sollte näher betrachtet werden. Ein Überhitzen der Bestände, häufig in Verbindung mit Trockenstress, führt zu einem abnehmenden Turgor und zahlreichen Stoffwechseleinschränkungen. Temperaturmessungen müssen unmittelbar im Pflanzenbestand vorgenommen werden. In Bodennähe ist es an einem sonnigen Tag morgens kälter und mittags wärmer als in 2,0 m Höhe, der von der Meteorologie verwendeten Standard-Messhöhe. Eine Überprüfung der Bodentemperatur erlaubt Rückschlüsse auf die Lebensbedingungen der Wurzeln und verdeutlicht den Standorteinfluss auf diese Messgröße. Niedrige Temperaturen bewirken im Frühjahr häufig violette oder rötliche Verfärbungen bei Agrostis ssp., bedingt durch Anreicherung von Anthocyanen.

 

Aber auch ein starker Phosphormangel kann diese Reaktionen hervorrufen, s. Abbildung 9. Menge, Häufigkeit und Verteilung von Wasser sind ein entscheidender Faktor und stellen häufig die Ursache für abiotische Schäden dar, sowohl hinsichtlich der Zuführung über die Beregnung, als auch natürlichen Ursprungs. Überprüfungen der Verteilgenauigkeit sollten in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Durch den Einsatz von Bodenfeuchtemessern können sich entwickelnde Trockenstress-Zonen frühzeitig ermittelt und dann gezielt per Hand gewässert werden. Wasserabweisende Zonen und die Bereiche, die immer wieder unter Trockenflecken leiden, entsprechen denen, die fortwährend unter Stresskrankheiten leiden.

 

 

Mechanische Pflegemaßnahmen

Zum Wohle der Gräser ergriffene Maßnahmen können, unter ungünstigen Bedingungen, eine Schwächung bewirken. Schnitthöhe/Schnittqualität sollten daher regelmäßig überprüft werden, eine Absenkung der Schnitthöhe kann gerade bei höheren Temperaturen einen enormen Stress bedeuten. Ein solcher Effekt muss nicht in jedem Fall auf einer bewussten Absenkung beruhen, der Einsatz eines neuen Mähers kann ungewollt eine Veränderung in der Schnitthöhe mit sich bringen. Der Einsatz eines Prismas erlaubt die Überprüfung der tatsächlichen Schnitthöhe im Bestand, s. Abbildung 10.

 

Turnusgemäß durchgeführte Maßnahmen, wie Vertikutieren oder der Einsatz eines Groomers können, je nach Witterungsverlauf, Bodenzustand und Vitalität des Grasbestandes, eine abiotische Schadursache darstellen, s. Abbildung 11. Eine gründliche Untersuchung und Erfassung der Ist-Situation anhand eines solchen Fahrplanes liefert die notwendigen Hintergrundinformationen. Die Ursachen für die immer wieder auftretenden Probleme müssen ermittelt werden, um eine nachhaltige Optimierung des Zustandes zu erreichen.

 

Die vorliegenden Ergebnisse sollten nach ihrer Interpretation zu einem platzspezifischen Maßnahmenkatalog führen. Dieses Vorgehen entspricht dem Grundgedanken des Integrierten Pflanzenschutzes (IPS). Es gilt, die Umweltbedingungen so zu gestalten, dass die Wachstumsbedingungen für die Gräser optimiert werden, der Stress somit reduziert wird. Die genauen Kenntnisse über Lebenszyklen der Erreger und über ihre Abhängigkeit von abiotischen Umweltfaktoren hilft, zum einen das Infektionsrisiko auf der eigenen Anlage einzuschätzen, Infektionen vorzubeugen oder auch schnell zu erkennen und gegensteuern zu können.

 

Autorin: Beate Licht | Greenkeepers Journal 02/2016

 

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