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Rost (Puccinia spec.)

Bestimmung von Rasenkrankheiten

Einleitung – Hilfe mein Rasen „rostet“

Rostkrankheiten sind nicht nur im Getreidebau (Ertragseinbußen bis zu 50%), im landwirtschaftlichen Grünland (deutlich herabgesetzte Futterwerte) und in Rasenflächen zu finden, sondern treten auch an dicotylen Zierpflanzen wie Stockrosen/Malven (Althaea), Bartnelken (Dianthus barbatus), Löwenmäulchen (Antirrhinum majus) oder Chrysanthemen (Dendranthema, Chrysanthemum), aber auch an Obstbäumen (z. B. Birnengitterrost, Gymnosporangium fuscum) oder Waldbäumen (vor allem Koniferen) auf. Dies liegt in der Vielzahl der unterschiedlichen Rosterreger (Ordnung: Pucciniales, Syn. Uredinales) und deren Spezialvarietäten, die weitgehend an eine bestimmte Wirtspflanze gebunden sind. Rosterkrankungen sind weltweit vertreten. Im Folgenden wird auf die für Rasenflächen schädigenden Spezies eingegangen.

 

Schaderreger

Die Rostpilze (Puccinia) gehören zur Abteilung der Basidiomyceten (Ständerpilze). Mit gut 120 Rost-Ordnungen und über 5.000 Arten sind sie eine sehr große Familie der Pilze. Bei Rasenflächen spielt eine Vielzahl einzelner Rost-Gattungen eine Rolle. Die in Europa bisher wichtigsten Vertreter sind:

 

  • Braunrost (P. recondita)
  • Gelbrost (P. striiformis)
  • Kronenrost (P. coronata)
  • Schwarzrost (P. graminis)
  • Schwingelrost (P. festucae).

 

Zusätzlich werden immer mehr Rost-Arten gefunden, die bisher nur in anderen Regionen auftraten und sich durch Verschleppung auch in unseren Regionen etablieren.

 

Schadsymptome

Rostbefall führt zu deutlich aufgelockerten Rasenbeständen (Abbildung 1). Anfangs bilden sich an den Blattspreiten und Blattscheiden kleine aufgehellte, chlorotische Flecken. Diese Flecken weiten sich zu Streifen parallel der Blattachse aus. In diesen fleckenhaften Fruchtkörpern reift der Rostpilz weiter aus und produziert Sporen. Diese Fruchtkörper durchbrechen die Blattepidermis und die namengebenden Rostpusteln (= Sporen) werden sichtbar (Abbildung 2). Diese sind von gelb oder orangefarben über dunkelbraun bis hin zu schwarz gefärbt und sehen ähnlich aus wie Roststellen an unbehandelten Eisenblechen. Dies führte auch zu der weltweit charakteristischen Namensgebung (engl.: Rust, Leaf Rust; franz.: Rouille).

Ein Rostbefall ist in allen Rasentypen, von kurzgemähten Zierrasenflächen über Haus- und Parkrasen bis zu extensiven Landschaftsrasen und auch im Grünland deutlich zu erkennen. Bei starkem Rostbefall erscheinen ganze Rasenflächen in den typischen Rostfarben. Die puderartigen Sporen werden leicht über Wind aber auch durch Schuhe oder Maschinen verbreitet.

 

Rost wurde immer wieder als vorwiegend optisches Problem abgehandelt. Neuere Untersuchungen zeigen, dass stark befallene Einzelpflanzen durch den Befall auch komplett absterben, da durch die Verletzungen an der Blattepidermis die Pflanzen erhebliche Mengen an Wasser verlieren und vertrocknen und zusätzlich über die Verringerung der grünen Blattmasse die Photosyntheserate erheblich beeinträchtigt wird und eine Regeneration oft nicht mehr erfolgen kann. Insbesondere Gräserzüchtungen aus fremden Regionen können von den heimischen Rostarten sehr stark geschädigt werden, da die entsprechende Krankheitstoleranz oft zu gering ausgeprägt ist.

Befallen werden können alle Rasengräser (sowohl warm-season- als auch cool-season-Gräser), was an der großen Anzahl unterschiedlicher Rostpilze liegt, die oftmals an eine einzelne Wirtspflanze gebunden sind (z.B. P. festucae-ovinae, die ausschließlich Schafschwingel befällt). Extrem befallen werden jedoch Knaulgras (Dactylis glomerata), eine der Hauptfutterpflanzen im landwirtschaftlichen Grünland, Poa-Arten, insbesondere Poa pratensis (Abbildung 3) aber auch Lolium perenne, Festuca arundinacea und auch Agrostis-Arten.

 

Bei einer Umfrage auf Golfplätzen in Deutschland wurden auf den Spielflächen zum Teil bis zu 40% Rostbefall angegeben.

Infektionsverlauf

Rostpilze sind obligate Schaderreger, die keine saprophytische Phase haben. Das bedeutet, dass sie nicht im Boden überdauern, sondern an der Wirtspflanze oder einem pflanzlichen Zwischenwirt. Einige Rosterreger benötigen für einen abgeschlossenen Entwicklungszyklus sogar zwingend diesen Wirtswechsel.

 

Rostpilze haben einen mehrphasigen Entwicklungszyklus, bei dem bis zu fünf Sporenphasen durchlaufen werden. Die unterschiedlichen Rosterreger können mikroskopisch sehr gut anhand ihrer Teleutosporen (auch: Teliosporen) unterschieden werden. Diese spezielle Sporenform mit dicker Zellwand dient der Überwinterung. Erkennbar sind die Teleutosporen (Abbildung 4: (1)) an ihrem Stielchen, an dem sie nach vollständiger Reife abbrechen und vom Wind verbreitet werden (Abbildung 5).

Im Frühjahr keimen aus den Teleutosporen durch Meiose (= Zellteilung) Basidien in denen die Basidiosporen heranreifen (Abbildung 4: (2)). Dies sind die sexuellen Fortpflanzungsorgane. Diese Basidiosporen gelangen über Windverbreitung auf den Zwischenwirt. Hier keimen auf den Blatt­oberseiten die Basidiosporen und bilden Myzel aus, an dem Spermogonien (= Sporenlager) und in denen die nächste Sporenform, die Spermatien, gebildet werden (Abbildung 4: (3)). Auf der Blattunterseite entstehen andersartige Sporenlager, die Aecidienlager (Abbildung 4: (4)). Treffen nun die Spermatien auf gegengeschlechtliche Aecidien werden Aecidiosporen gebildet (zweizellig, zweikernig). Bei Ausreife und Verbreitung sind diese dann für die Infektion des Hauptwirtes verantwortlich. In der Epidermis des Hauptwirtes werden Urediolager gebildet, in denen die nächste Sporenform, die Uredosporen (engl. Urediniospores), heranreifen (Abbildung 4: (5)). Diese Uredosporen (Abbildung 6) dienen der Massenverbreitung des Pilzes durch Wind und befallen weitere Hauptwirtspflanzen, auch auf große Entfernungen. Für die Infektion mit Uredosporen wird ein Wasserfilm an der Hauptwirtspflanze benötigt. Werden die Witterungsbedingungen ungünstiger, werden anstelle von Uredosporen wieder die Teleutosporen für die Überwinterung gebildet (Abbildung 7).

Nicht alle Rostpilze müssen zwangsweise diesen fünfgliedrigen Makrozyklus in ihrer Entwicklung durchlaufen. Kürzere Entwicklungszyklen werden als Mikrozyklen bezeichnet. Oftmals konnte bisher der makrozyklische Entwicklungsgang einfach nicht nachgewiesen werden.

 

  • Schwarzrost (P. graminis) Bei P. graminis sind zwei Unterarten bekannt, wobei P. graminis vorwiegend Getreide und Wildgräser befällt. Durch P. graminis graminicola werden zahlreiche Gräser befallen, unter anderem auch Wild- und Zuchtformen von Agrostis, Festuca, Lolium, Phleum, Poa und Cynosurus. Schwarzrost hat insgesamt höhere Temperaturansprüche und war in Rasenflächen bisher vor allem in den Mittelmeerregionen häufig, in unseren Breiten nur selten anzutreffen. Durch die Klimaerwärmung werden immer häufiger Schwarzrostinfektionen auch bei uns nachgewiesen. Namengebend sind die dunkelbraunen bis schwärzlichen Uredosporen auf den Blattoberseiten. Es werden keine Teleutosporen ausgebildet. Die Überwinterung erfolgt als Myzel in der Hauptwirtspflanze oder als Uredospore und ist damit an milde Winter gebunden.

  • Gelbrost (P. striiformis) Bei Gelbrost werden drei Spezialformen unterschieden: P.s. tritici (nur an Weizen), P.s. dactylidis (nur an Knaulgras) und P.s. poae (nur an Poa-Arten, vor allem Poa pratensis, nie an Poa annua). Die Uredolager sind reihig entlang der Aderung an der Blattoberseite angeordnet und zeigen die namengebende gelb-orange Färbung. Begünstigende Temperaturen liegen um 15 °C. Bei trocken-heißer Witterung sterben die Uredosporen schnell ab. Vermehrtes Auftreten von Gelbrost findet vor allem im Herbst statt. Die Sporen werden über Wind und Wassertropfen leicht verbreitet. Nur selten werden winterharte Teliosporen meist auf der Blattunterseite gebildet. Oftmals überwintert Gelbrost als Myzel oder Uredosporen. Ein Herbstschnitt mit Abfuhr des Schnittgutes mindert die Wiederinfektion im nächsten Jahr.

  • Kronenrost (P. coronata) Kronenrost befällt vor allem Poa pratensis, Lolium perenne und multiflorum sowie Festuca arundinacea und pratensis. Bei Temperaturen um 20 °C bilden sich zahlreiche orangefarbene Uredolager auf der Blattoberseite. Durch züchterische Bearbeitung sind gute teils komplett resistente Sorten verfügbar. Namengebend ist die Kronenform der Teliolager nach deren Aufbrechen.

  • Streifenrost (P. poarum) Der orange Streifenrost ist eine der wichtigsten Rostarten im Rasen und weltweit vertreten. Als Hauptwirt können alle Poa-Arten befallen werden, Zwischenwirt ist der Huflattich (Tussilago farfara). Bei dieser Infektion erfolgt relativ schnell ein Absterben der befallenen Blattscheiden und es können flächige Epidemien auftreten. Dieser Rost durchläuft immer ein komplettes Makrostadium. Die Teliosporen sind ganzjährig keimfähig, der Makrozyklus kann innerhalb zwei bis drei Wochen durchlaufen werden, so dass auch Mehrfachinfektionen im Jahresverlauf möglich sind.

 

Begünstigende Faktoren

Da es wie oben beschrieben eine enorme Vielzahl von Rostpilzen gibt, kann nur allgemein auf die begünstigenden Faktoren eingegangen werden.

 

  • Eine weite Temperaturspanne von 10 bis 30 °C kann die unterschiedlichen Rosterreger begünstigen. Einige Rosterreger finden sich auch an warm-season-Gräsern, andere Erreger wurden sogar in arktischen Zonen gefunden.
  • Allen Rostsporen ist gemein, dass sie eine feuchte Blattoberfläche an der Wirtspflanze benötigen, um keimen zu können.
  • Rost ist ein Schwächezeiger der Hauptwirtspflanze und bricht vor allem in Phasen von langsamem Wachstum auf. Dies kann sowohl auf die Witterungsverhältnisse (feucht und gemäßigt warm), auf Bodentrockenheit (Taufilm auf den Pflanzen aber Boden trocken), auf die Nährstoffversorgung (geringer Massenzuwachs durch N-Mangel) aber auch auf zu geringe Lichtintensität (Schattenlage, kürzere Tage mit verminderter Sonnenstrahlung im Herbst) zurückgeführt werden.
  • Einige Grasarten (sowohl Wild- als auch Zuchtformen zeigen sich als besonders Rost-anfällig (z. B. Poa pratensis, Dactylis glomerata).
  • Zu tiefer Schnitt oder hohe mechanische Belastung sind weitere Stressfaktoren, die zu erhöhter Rost-Anfälligkeit führen.
  • Durch andere Krankheiten geschwächte Pflanzenbestände sind im Herbst zusätzlich anfällig für Rost.

 

Aufgrund der für Rosterkrankungen benötigten Temperatur- und Feuchteverhältnisse treten flächige Ausbrüche vor allem im Herbst, zuweilen auch im Frühjahr auf. Gerade im späten Herbst sind die Nährstoffvorräte aufgebraucht (eine kleine N-Gabe wird aus Angst vor Winterfäule gescheut), die Lichtintensität nimmt Jahreszeitbedingt ab, durch Nebel, Tau oder Regen bleibt bei den gemäßigten Temperaturen die Rasennarbe lange feucht und trotzdem sind die Böden oftmals eigentlich zu trocken.

 

Maßnahmen zur Befalls- minderung/-vorbeugung

  • Einige Zuchtformen von Poa patensis und Dactylis glomerata zeigen relativ gute Resistenz gegen Rosterreger (Abbildung 8). Bei Neuanlage oder Nachsaat sollten solche Sorten verwendet werden.
  • Auf aktives Gräserwachstum achten. Vor allem belastete Flächen benötigen eine angepasste Nährstoffversorgung, besonders in den Herbstmonaten, aber auch im zeitigen Frühjahr. Dabei wird gut pflanzenverfügbarer Volldünger empfohlen, um ein ausgewogenes Nährstoffverhältnis zu gewährleisten.
  • Auf ausreichende Wasserversorgung achten. Oftmals erscheinen Rasenflächen gut feucht (durch Tau oder Nebel), weisen aber Defizite beim Bodenwassergehalt auf.
  • Für genügend Licht sorgen, evtl. gezielte Ausdünnung von Hecken und Bäumen, Laub entfernen.
  • Für trockene Blattoberflächen (Grasnarbe) sorgen; dazu gehören Tau abwedeln, gezielte Beregnung in den frühen Morgenstunden, evtl. leichtes Ausdünnen der Narbe durch Striegeln (hierdurch auch Filzreduktion). Versuche in Neuseeland und Australien zeigten auch deutliche Verminderung von Rost durch den Einsatz von Taumitteln.
  • Häufiges, regelmäßiges, nicht zu tiefes Mähen mit Abfuhr des Schnittgutes verringert die Ausbreitung der Sporen.
  • Reduktion von Stress durch Spielpausen und längere Regenerationsphasen.
  • Zwischenwirte ausschalten. Zwischenwirte von Rosterkrankungen im Rasen sind oftmals unerwünschte dicotyle Beikräuter. Unkrautfreie Rasenflächen sind oftmals gesünder.

 

Eine aktiv wachsende Rasennarbe, die auch im Herbst regelmäßig mit leicht angehobener Schnitthöhe gemäht wird, zeigt sich allgemein als resistenter gegen Krankheitsbefall. Leichte angepasste N-Gaben sind dafür die Voraussetzung.

 

Verwendete und weiterführende Literatur

BÖTTNER, F. (1991): Die wichtigsten Krankheiten der Rasengräser Mitteleuropas unter besonderer Berücksichtigung der Diagnose und Differenzierung im Golfrasen, Diplomarbeit, Universität Hannover, Fachbereich Gartenbau.

COMPO: Rasenpflege für Profis: Krankheiten, Münster: www.compo-profi.de.

EUROGREEN: Diagnose- und Therapiehandbuch für Rasenkrankheiten, bearbeitet von Licht, B., o. J..

LATIN, R.: Purdue Extension – Turfgrass Disease Profiles (BP-110-W): Leaf Rust, Purdue University, USA: www.agry.purdue.edu/turf/publicat.htm.

PRÄMAßING, W. (1990): Pilzinfektionen auf Intensivrasen, Diplomarbeit, Universität Hohenheim, Institut für Pflanzenbau und Grünland.

SMILEY, R. et al. (2005): Compendium of Turfgrass Diseases, 3. Auflage, APS Press, USA.

STRI (1979): Turfgrass Diseases, Bingley, UK.

SYNGENTA (2010): Rasenkrankheiten – erkennen und vermeiden, Vertrieb in der BRD: Everris.

TREDWAY, L.(2011): Turffiles, North Carolina State University, www.turffiles.ncsu.edu/diseases/rust.aspx.

 

Autor: Wolfgang Henle ⎮ Greenkeepers Journal 04/2012


* Bitte beachten Sie: Der Beitrag stammt aus dem Greenkeepers Journal 4/2012. Die Liste der zur Befallsminimierung und Bekämpfung angegebenen Pflanzenschutzmittel ist u.U. nicht mehr aktuell und sollte unbedingt vor einem Einsatz überprüft werden! Der Verlag übernimmt keine Gewähr für Aktualität, Korrektheit und Vollständigkeit der aufgeführten Informationen.


Aktuell zugelassene und genehmigte Pflanzenschutzmittel für die Anwendung auf Golfplätzen finden Sie auf den Websites des GVD unter bit.ly/2uU6FPQ bzw. des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter bit.ly/2uC0btm.

 

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