Anthracnose (Colletotrichum cereale)
Bestimmung von Rasenkrankheiten
Einleitung
Anthracnose wurde bei Untersuchungen der Penn State University als eine der häufigsten Krankheiten auf Golfplätzen identifiziert. Schaderreger der Blatt- und Wurzelfäule ist Colletotrichum cereale. Vor allem im Blattbereich kann der Befall über die gesamte Vegetationsperiode auftreten und zu vergilbten Blattspreiten und aufgelockerten Rasennarben führen (Abbildungen 1 und 2). Bei entsprechenden Stresssituationen werden die Wurzeln befallen und die Gräser sterben ab.
Schaderreger
Anthracnose ist auf der ganzen Welt verbreitet und befällt sowohl C3- als auch C4-Gräser (z.B. Knaulgras, Quecke und Wehrlose Trespe) sowie Getreide (u.a. Weizen, Mais und auch Zuckerrohr). Verantwortlich für die Erkrankung ist Colletotrichum cereale, in älterer Literatur auch als C. graminicola bezeichnet. Bei weltweiten DNA-Screenings wurden die Schaderreger in allen Klimazonen gefunden und können mindestens 11 unterschiedlichen Strängen zugeordnet werden. Dabei wurde beobachtet, dass der Strang, der für die Erkrankung bei Poa annua verantwortlich ist, Straußgräser nur in deutlichen Stresssituationen befällt.
Schadsymptome
Wenn auch Infektionen im Getreide und landwirtschaftlichem Grünland bekannt sind, werden vor allem sehr kurz gemähte Rasenflächen wie Golf- und Bowling-Grüns mit Beständen aus Agrostis stolonifera und Poa annua teilweise sehr stark befallen. Bei höher gemähten Rasenflächen, auch mit hoher Belastung (Sportrasen, Gebrauchsrasen), tritt die Erkrankung nur selten auf oder wird evtl. einfach nicht erkannt.
Grundsätzlich müssen zwei unterschiedliche Schadsymptome unterschieden werden: Narbenauflockerung durch Blattfäule und Wurzelfäule mit oftmals komplettem Absterben der Grasnarbe (Abbildung 4).
Die Blattfäule (Foliar Blight) ist vor allem an warme Witterung mit hoher Luftfeuchte in den Sommermonaten gebunden. Befallene Blätter erscheinen gebleicht, hellbraun und sind trocken. Die Blattinfektion erfolgt über Konidien oder Myzel. In dichten Grasbeständen können infizierte neben nicht-infizierten Grastrieben gefunden werden. Mit der Lupe können die symptomatischen Sporenlager an der Oberfläche befallener Blattspreiten ausgemacht werden. Diese kleinen, schwarz gefärbten, linsenförmigen Strukturen werden als Acervuli bezeichnet und bilden mit zunehmender Ausdehnung und Reife, kleine schwarze Myzelfäden (Dornen), die Setae aus, von denen zusammen mit den Sporen weitere Infektionen ausgehen (Abbildungen 6-8).
Bei kühl-feuchter Witterung befällt der Pilz vor allem basale Stengelbereiche (Basal Rot, Stem Rot). Die Halmbasis wird von dem schnell und reichlich gebildeten schwarz-braunem Myzel dunkel gefärbt, fängt zu faulen an und stirbt ab (Abbildung 5). Dabei geht die Infektion von den älteren äußeren Blättern nach innen. Das jüngste Blatt der Pflanze bleibt dabei am längsten grün (Abbildung 3). Vor allem bei Agrostis stolonifera wird zusätzlich eine Wurzelschädigung beobachtet.
Infektionsverlauf
Der Fortpflanzungszyklus von C. cereale bei Rasengräsern ist noch nicht vollständig erforscht. Für viele Erklärungen wird der Entwicklungszyklus im Getreide herangezogen.
Die Überwinterung des Krankheitserregers findet vorwiegend in Form von Sklerotien, zum Teil auch als inaktives Myzel in totem pflanzlichem Material statt. Bei entsprechenden Witterungsbedingungen kann der Erreger vor allem durch das Myzel sehr schnell aktiv werden. Durch den Befall wird eine Seneszenz in den Gräsern induziert (physiologische Alterung). Dadurch werden Proteine zur Photosynthese nur unzureichend produziert, was zu den bekannten gelockerten Grasnarben durch Stengelfäule und abgestorbene aufgehellte Blattspreiten führt. Bei höheren Temperaturen erscheint das Krankheitsbild der Blattfäule mit den gut erkennbaren Acervuli. Die in den Acervuli gebildeten Sporen verbreiten sich schnell durch Wind, Wassertropfen oder Pflegegeräte (Abbildung 8).
Grundsätzlich ist Anthracnose ein Schwächezeiger und greift Rasenbestände in deutlich schädigendem Ausmaß nur bei starken Stresssituationen an.
Begünstigende Faktoren
Hier müssen die beiden unterschiedlichen Symptome Blattfäule und Stengelfäule getrennt betrachtet werden. Grundsätzlich sind Umweltstressfaktoren maßgeblich bei der Krankheitsausbreitung förderlich.
Stengelfäule (Anthracnose Basal Rot):
- Vor allem in den Sommermonaten bei schwül-warmer Witterung.
- Temperatur über 25 °C.
- Hohe Luftfeuchtigkeit mit Wasserfilm auf den Blattspreiten.
- Wasserstress an der Wurzel.
- Starker Infektionsdruck bei Guttation der Gräser (Abgabe von Wasser in Tröpfchenform bei Nacht oder hoher Luftfeuchtigkeit), da Guttationswasser mit hohen Zuckergehalten.
- Nährstoffdefizite (NPK und Mikronährstoffe) oder Überversorgung bei Wassermangel.
- Tiefschnitt.
- Belastung.
Blattfäule (Anthracnose Foliar Blight):
- Befallsbeginn schon ab 5 bis 8 °C.
- Kühl-feuchtes Frühjahr mit noch geringem Wachstum.
- Gefördert durch mechanische Blattbeschädigungen (Mähen, Vertikutieren, Sandeinschleppen).
- Unscheinbare Flecken mit abgestorbenen Pflanzen und gelb-oranger Färbung.
- Hohe Mengen an toter organischer Substanz (Schnittgut, Mulch, Filz) verbessern die Überwinterung.
Kaum eine Rasenkrankheit ist der Literatur zufolge so stark an Stresssituationen gebunden wie Anthracnose. Durch das diffuse Erscheinungsbild mit Narbenausdünnung und unscheinbaren Flecken im Frühjahr werden die ersten Symptome leicht übersehen. Beim Übergang zu Sommerstress nimmt der Krankheitsdruck schnell zu und andere Krankheiten werden zusätzlich gefördert. So sind oft Mischinfektionen mit Drechslera spp. und Bipolaris spp. beschrieben (HAS-Syndrom).
Maßnahmen zur Befallsminderung/-vorbeugung
Da es sich um eine Stresserkrankung handelt, ist die gesunde Vitalität der Grasnarbe entscheidend.
- Nährstoffversorgung für gute Vitalität der Grasnarbe, Erhöhung der Stickstoffgaben kann die Erkrankung zurückdrängen, vor allem bei Verwendung von leichtlöslichem Flüssigstickstoff.
- Anhebung der Schnitthöhe schon um 0,3 mm führte in Versuchen zu bis zu 30 % geringerem Befall mit Anthracnose.
- Reduktion der Mähgänge in Abwechslung mit leichtem Rollern/Bügeln verminderte den Befall ohne die Ballrolldistanz (Stimpmeter-Werte) deutlich zu verringern.
- Anpassung der Beregnung.
- Abtrocknen der Rasennarbe und der Bodenoberfläche reduziert den Befall. Dränfähigkeit der Bodenoberfläche im Auge behalten, Staunässe und Bodenverdichtungen vermeiden.
- Reduktion von totem organischem Material, das als Krankheitswirt über den Winter dient.
- Der Einsatz von Wachstumsregulatoren zur Eindämmung von Anthracnose ist umstritten.
Da, nach neuem Pflanzenschutzgesetz, bisher nur ein Fungizid zur Verfügung steht, sollte dessen Einsatz nach den Richtlinien des Integrierten Pflanzenschutzes zur Vermeidung von Resistenzen nur in Ausnahmefällen erfolgen.
Verwendete und weiterführende Literatur
BÖTTNER, F., 1991: Die wichtigsten Krankheiten der Rasengräser Mitteleuropas unter besonderer Berücksichtigung der Diagnose und Differenzierung im Golfrasen, Diplomarbeit, Universität Hannover, Fachbereich Gartenbau.
CROUCH, J. A. and B. B. CLARKE, 2012: Biology and pathology of turfgrass anthracnose, GCM.
EUROGREEN: Diagnose- und Therapiehandbuch für Rasenkrankheiten, bearbeitet von Licht, B., o. J.
GOLDBERG, N. P., 2006: Anthracnose on Turfgrass, New Mexico State University.
LATIN, R.: Purdue Extension – Turfgrass Disease Profiles: Anthracnose, Purdue University, USA: www.agry.purdue.edu/turf/publicat.htm.
MURPHY, J., J. INGUAGIATO and B. CLARKE, 2012: Best management practices for anthracnose on annual bluegrass, GCM.
SMILEY, R. et al., 2005: Compendium of Turfgrass Diseases, 3. Auflage, APS Press, USA.
VINCELLI, P. 2010: Turfgrass anthracnose, University of Kentucky.
Autor: Wolfgang Henle | Greenkeepers Journal 01/2013
* Bitte beachten Sie: Der Beitrag stammt aus dem Greenkeepers Journal 1/2013. Die Liste der zur Befallsminimierung und Bekämpfung angegebenen Pflanzenschutzmittel ist u.U. nicht mehr aktuell und sollte unbedingt vor einem Einsatz überprüft werden! Der Verlag übernimmt keine Gewähr für Aktualität, Korrektheit und Vollständigkeit der aufgeführten Informationen.
Aktuell zugelassene und genehmigte Pflanzenschutzmittel für die Anwendung auf Golfplätzen finden Sie auf den Websites des GVD unter bit.ly/2uU6FPQ bzw. des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter bit.ly/2uC0btm.