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Engerlinge im Golfrasen

Praxisversuch zum Integrierten Pflanzenschutz

Auf den Fairways von Golfanlagen kommt es immer häufiger zu Schäden durch einen Befall mit Engerlingen. Zunehmende Tagestemperaturen und verminderte Niederschläge haben Auswirkungen auf die Insektenpopulationen. Zum einen wird die Entwicklung beschleunigt, zum anderen treten aufgrund der fehlenden Kälte-Perioden weniger Verluste auf. Besonders häufig handelt es sich um die Larven des Gartenlaub- und Junikäfers, daneben treten jedoch auch Mai-, Dung- oder Purzelkäfer auf. Zusätzlich zum Wurzelfraß dieser Schaderreger können Vögel oder Wildtiere, die nach den Larven im Boden suchen, noch weitaus größere Folgeschäden verursachen. 

Hinzu kommt, dass die Grasbestände unter den veränderten Witterungsbedingungen leiden. Sowohl Trockenheit als auch langanhaltende Nässe verursachen Stress, reduzieren den Deckungsgrad und der Anteil der geeigneten Grasarten nimmt ab. Somit ist auch die allgemeine Regenerationsfähigkeit der Grasbestände eingeschränkt und die Fairways sind zunehmend auf eine Intensivierung der mechanischen Pflege sowie Nachsaaten angewiesen. Deren Erfolg wird zum einen durch die schwierige Terminierung im Hinblick auf Temperatur und Niederschläge gemindert, zum anderen wird die Durchführung durch einen Mangel an zur Verfügung stehenden Zeitfenstern und die hohen Kosten erschwert. 

Mit diesen Problemen hat auch der Golf Club Großensee zu kämpfen, es kam bereits seit 2020 wiederholt zu starken Schädigungen auf den Fairways. In den Vorjahren wurden deshalb Nematoden eingesetzt und Anfang 2023 wurde zusätzlich ein neues Ausbringungsgerät angeschafft, mit dem z.B. auch Nematoden im Cultan-Verfahren tiefer in die Erde eingebracht werden können. Platzobmann Norbert Prigge und Head-Greenkeeper Heiko Tock baten zudem den DGV-Arbeitskreis Integrierter Pflanzenschutz (IPS) um Unterstützung.

Als Ende 2022 das Insektizid Acelepryn® mit dem Wirkstoff Chlorantraniliprole für die Anwendung auf Golfrasenzugelassen wurde, initiierten daraufhin der DGV-Arbeitskreis IPS zusammen mit der Firma Syngenta einen Praxisversuch auf dem Gelände des GC Großensee, der dann unter Koordination der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein mit Unterstützung des Greenkeeping-Teams und der Firma e-nema in 2023 durchgeführt wurde.

Ziel sollte sein, das Insektizid Acelepryn, die Nematoden und eine Kombination beider gegen vorhandene Engerlinge zu testen. Durch den Einsatz des „Vredo Fluid Feeder“ stand zudem eine neue Ausbringungstechnik zur Verfügung.

Anwendungstechnik: Cultan-Gerät

Der Golf Club verfügt über den neuen „Vredo Fluid Feeder“, ein Gerät, welches Flüssigkeiten im Cultan-Verfahren direkt in bestimmte Bodentiefen einbringt. Dadurch war es möglich, zusätzliche Anwendungsvarianten im Vergleich zu einer üblichen Spritze zu testen (siehe Tabelle 1).

Zuvor wurde das Gerät von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein eigens für diesen Versuch geprüft, da es nicht für den Einsatz zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln zugelassen ist. Im Rahmen der amtlichen Versuchsanlage war der Einsatz jedoch möglich.

Zusätzlich zum Auslitern wurde das Vredo-Gerät kalibriert – Druck im Verhältnis zur Fahrgeschwindigkeit – um die erforderlichen Wasser-Aufwandmengen von 500 bzw. 1.000 l Wasser/ha zu gewährleisten. 

Eingesetztes Insektizid: Acelepryn

Der Wirkstoff von Acelepryn „Chlorantraniliprole“ ist sehr lipophil, d.h. er wird nicht im Boden ausgewaschen und verteilt sich nach der Applikation langsam in der Wurzelzone. Dort bekämpft er vor allem junge L1- und L2-Larvenstadien, die die organische Substanz in den obersten Bodenschichten fressen. Die größeren L3-Larven in den unteren Bodenbereichen werden nicht oder nur teilweise erfasst. Acelepryn hat eine Dauerwirkung von bis zu 4 Monaten mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von 80 – 90 %.

Gegen Engerlinge liegt der optimale Applikationszeitpunkt für Acelepryn beim Flughöhepunkt der Käfer. Da der Schlupf der Larven aus den Eiern 4 – 6 Wochen nach dem Flughöhepunkt stattfindet und Acelepryn 4 – 8 Wochen benötigt, um die Wurzelzone zu penetrieren, ist dieser Zeitpunkt für die Wirkung gegen die L1-Larven optimal. 

Bei starkem Befall oder dem Vorhandensein von L3-Larven ist eine Bekämpfung in Kombination mit Nematoden empfehlenswert. Hierzu sollte 4 – 6 Wochen nach der Acelepryn-Anwendung der Einsatz von Heterorhabditis bacteriophora erfolgen. 

Versuchsdurchführung 

Zunächst galt es im Frühjahr 2023, eine geeignete Versuchsfläche auf den Fairways des GC Großensee zu finden, die einen gesicherten und ausreichenden Befall mit Engerlingen aufweist. Zudem sollte der Versuchsbereich genug Raum für den Einsatz der Feldspritze und des Cultan-Geräts bieten.

Am 06.04.2023 fanden dann Vorbonituren auf verschiedenen Fairways statt. Überraschenderweise wurden dabei nicht nur, wie erwartet, Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola)- und Juni-käfer (Amphimallon solstitiale)-Engerlinge gefunden, sondern auch große Mengen an Kaninchen-Dungkäfer (Aphodius contaminatus)-Engerlingen. Letztere waren sehr wahrscheinlich auch die Ursache für die jahreszeitlich sehr frühen Hackschäden auf bestimmten Fairways. 

Für den eigentlichen Versuch wurde schließlich eine Fairway-Fläche ausgewählt, die zum Flughöhepunkt des Gartenlaubkäfers, in der Zeit vom 27.05. bis 12.06.2023, einen starken Käferschlupf aufwies. Dieser wurde vor Ort durch ein wöchentliches Monitoring mit Lockstofffallen festgestellt.

Beim Gartenlaubkäfer kann davon ausgegangen werden, dass die geschlüpften Weibchen, nach der Begattung, auch an derselben Stelle über 80 % der Eier ablegen. 

Das Ende des Flughöhepunktes am 13.06.23 stellte gleichzeitig den optimalen Zeitpunkt für den Einsatz von Acelepryn dar. Die Nematoden-Ausbringung erfolgte dann am 18.07.23, den Syngenta-Empfehlungen entsprechend somit 5 Wochen später. Es wurde davon ausgegangen, dass Junikäfer-Engerlinge bei diesen Einsatzzeitpunkten ebenfalls erfasst werden.

Die Versuchsfläche lag mittig in einem Fairway und hatte eine Ausdehnung von ca. 100 x 35 m. Hierin konnten 5 gleich große Parzellen von 4,20 m Breite (3-fache Fluid-Feeder-Breite) und 80 m Länge gelegt werden, wodurch ein praxisgerechter Maschineneinsatz gewährleistet war und genügend Fläche für die Bonituren zur Verfügung stand.

Am 26.09. wurde dann bei bestem Herbstwetter die Bonitur durchgeführt. Mit vereinten Kräften von Greenkeepern, Landwirtschaftskammer und e-nema-Mitarbeitern wurde im Boden unter der Versuchsfläche nach Engerlingen gesucht. Im Bereich jeder Variante wurden 10 Soden à 25x25 cm in einer Tiefe von 12 cm ausgestochen und auseinandergenommen. 

Die Bestimmung der Engerlings-Arten und -Stadien erfolgte durch e-nema. Bei 55 % der Engerlinge handelte es sich um Gartenlaubkäfer (L1- und L2-Stadien), bei 9 % um Purzelkäfer und bei 36 % um Junikäfer, jedoch ausschließlich im schwer bekämpfbaren L3-Stadium.

Dungkäfer wurden zu dieser Jahreszeit nicht gefunden, da sie sich – der biologischen Entwicklung gemäß – zu diesem Zeitpunkt in tieferen Bodenschichten bereits im Verpuppungsstadium befanden.

Die Anzahl der Engerlinge pro Variante wurde dann auf Anzahl/m² umgerechnet, siehe Abbildung Bonitur-Ergebnisse am 26.09.23.

Naturgemäß kommt es zu großen Varianzen in der Verteilung der Engerlinge im Boden. Dies wurde zum einen durch die Größe der einzelnen Soden (25 x 25 cm und ca. 12 cm tief) aufgefangen, sowie zum anderen durch eine 10-fache Wiederholung (10 Soden pro Variante), verteilt auf einer Fläche von 336 m² je Variante.

Die Ergebnisse konnten somit varianz-analytisch verrechnet werden und verschiedene Statistik-Methoden bestätigen die folgenden Aussagen.

Ergebnisse des Praxisversuchs

Alle Varianten unterschieden sich signifikant von der Kontrolle und hatten eine Wirkung. 

Acelepryn:

  • In den Acelepryn-Varianten lagen die Wirkungsgrade zwischen 75 und 80 %.
  • Die Anwendungstechnik (Feldspritze gegenüber Cultan-Gerät) hatte in diesem Versuch keinen Einfluss auf die Wirkung. 
  • Die Kombination mit Nematoden als Nachbehandlung verbesserte die Wirkung nicht.


Nematoden:

  • Durch den Einsatz von Nematoden in Mischung mit dem Wetting Agent Dispatch wurden die Engerlinge um insgesamt 50 % reduziert. Schaut man nur auf den Gartenlaubkäfer, so lag der Wirkungsgrad bei 64 %. Damit liegt die Wirkung der Nematoden unter dem erwarteten Potenzial, so dass sich folgende Überlegungen anschließen: 
    • Es könnte sein, dass der Einsatz der Nematoden in diesem Versuch zu früh erfolgt ist.
    • Die optimale Wirkung gegen Engerlinge wird (lt. e-nema) erst ca. 6 – 8 Wochen nach der Eiablage erreicht.  
    • In diesem Versuch wurde die Ausbringung der Nematoden nur mit dem Cultan-Gerät und einer geringen Wassermenge getestet. Da der direkte Vergleich zur Feldspritzen-Ausbringung fehlt, wären weitere Versuche sinnvoll. Auch im Hinblick auf die Fragestellung, ob beim Cultan-Gerät eine Verstopfungsgefahr der Filter besteht. 


Trotz der zum Teil hohen Anzahl an Larven, kam es 2023 zu keinen sichtbaren Schäden auf dem Fairway. Dies mag zum einen an dem günstigen Witterungsverlauf liegen und zum anderen an einer optimalen Pflege. Interessant wäre eine weitere Beobachtung der Flächen, um die Dauerwirkung der verschiedenen Varianten festzustellen.  

Autorin: Beate Licht Leiterin DGV-AK IPSGreenkeepers Journal 1/2024

mit dem Projektteam:

  • Michael Barth (e-nema)
  • Antje Frers (LKSH)Dr. Karin
  • Reiß (Syngenta Agro)
  • Heiko Tock (GC Großensee)
     

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