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Schwarz-Erle (Alnus glutinosa (L.) Gaertn.)

Die Schwarz-Erle gehört in die Familie der Birkengewächse (Betulaceae) und damit in die Verwandtschaft von Birke (Betula), Haselnuss (Corylus) und Hainbuche (Carpinus). Bei allen Arten dieser Gattungen stehen die männlichen Blüten an einer schlanken herabhängenden Blütenstands-Achse und werden als „Kätzchen“ bezeichnet. Durch den Wind werden bereits im Februar, März und April die reifen Pollen weit verbreitet. Zuerst fliegen die Pollen der Haselnuss, dann folgen die Erlenpollen, allerdings in Abhängigkeit von der Witterung. Die Pollen aller Birkengewächse sind für Pollenallergiker im Frühjahr eine Belastung. Das Allergiepotenzial der Erlenpollen gilt
als mäßig.

Gestalt und Aussehen

Die Schwarz-Erle hat im Gegensatz zu den meisten unserer Laubbaumarten einen durchgehenden Stamm und erinnert damit an die Fichte, deshalb wird sie mitunter als „Fichte der Täler“ bezeichnet. Diese durchgehende Achse ist bereits im jugendlichen Alter zu sehen (Abbildung 1), aber natürlich noch viel deutlicher bei alten Bäumen (Abbildung 2). Die Seitenzweige stehen fast waagerecht, ein gutes Erkennungsmerkmal dieser Baumart im blattlosen Zustand. Die Schwarz-
Erlen sind sommergrün, erreichen eine Höhe von bis zu 25 Metern, bilden bis 80 Zentimeter dicke Stämme und können bis 120 Jahre alt werden. Sie neigen zur Bildung von Stockausschlägen, deshalb stehen des öfteren mehrere Stämmlinge dicht nebeneinander (Abbildung 3).

Winterknospen, Blätter

Die Winterknospen der Blätter sind rotbraun, deutlich gestielt, die beiden Knospenschuppen sind verklebt.
Bereits Ende März öffnet sich die Verklebung, die Knospenschuppen neigen sich zur Seite und die jungen hellgrünen Laubblätter werden sichtbar und beginnen sich zu entfalten (Abbildung 4). Sie sind in der Knospe entlang der Seitennerven gefaltet. Markant ist ihre Form, sie sind rundlich, an der Spitze meistens ausgerandet, das bedeutet, ihnen fehlt eine Blattspitze. Die Blätter haben fünf bis acht Seitennervenpaare, der Blattrand ist ungleichmäßig gesägt (Abbildung 5). Auffallend ist bei der Schwarz-Erle, dass Blätter mehrmals im Jahr abfallen, eine Erklärung könnte nach ROLOFF (2013) sein, dass ältere Blätter die jüngeren beschatten. Auch im Herbst fallen die grünen Erlenblätter ab, ohne vorher die Blattinhaltsstoffe zu speichern, eine Herbstfärbung ist nicht zu beobachten. 

Blüten, Blütenstände und Früchte

Die Blüten stehen in männlichen und weiblichen Blütenständen auf einem Baum, demnach ist die Schwarz-Erle einhäusig.

Die kleinen, weiblichen Blütenstände stehen aufrecht am Ende des Jahrestriebes zu mehreren beieinander; sie sehen wie sehr kleine Zapfen aus (Abbildung 6). Im jungen Stadium ragen die Narben aus den kleinen Zapfen heraus. Nach Bestäubung durch den Pollen wachsen die Zapfen heran. Die an der Blütenstands-Achse stehenden Deck- und Vorblätter verholzen bis zum nächsten Frühjahr und wachsen zu einem kleinen verholzten „Fruchtstands-Zapfen“ heran (Abbildung 7). Zunächst stehen die Zapfenschuppen dicht zusammen (Abbildung 7, links). Bei der Reife der kleinen Zapfen rücken die Zapfenschuppen auseinander (Abbildung 7, rechts) und entlassen die schwimmfähigen geflügelten Nüsschen, die vom Wind etwa hundert Meter weit getragen und im Wasser weiter transportiert werden. Die kleinen Erlen-Zapfen bleiben lange am Baum hängen, auch noch, wenn sich bereits im nächsten Frühjahr neue Blätter entwickeln (Abbildung 8). Die kleinen Zapfen der Erlen sind für Laubbäume sehr ungewöhnlich; sie erinnern uns an die größeren Zapfen der Nadelbäume.

Bereits im Herbst entwickeln sich die männlichen Blütenstände und stehen ab Oktober an einer langen, steifen, nach unten gerichteten Blütenstands-Achse (Abbildung 9), den sogenannten Kätzchen, allerdings bleiben die winzigen Blüten den Winter über von Vorblättern geschützt. Den ganzen Winter über sind sowohl die kleinen verholzten Zapfen, als auch die männlichen Kätzchen nebeneinander zu sehen (Abbildung 10). Im März strecken sich die männlichen Kätzchen, hängen dann schlaff herunter und entlassen die reifen Pollen in großen Mengen, die für die Bestäubung der weiblichen Blüten zu den jungen Zapfen vom Wind transportiert werden (Abbildung 11).

Rinde, Borke, Holz

Die junge Rinde der Schwarz-Erle ist dunkelgrau bis schwarz glänzend (Abbildung 12), mit kleinen, aber markanten, quer verlaufenden Streifen, die mit rundlichen Öffnungen, den sogenannten Lentizellen, versehen sind. Diese Lentizellen dienen dem Gasaustausch und sind für Gehölze, die auf feuchten oder nassen Böden wachsen, von besonderer Bedeutung. Mit zunehmendem Alter sind bei der Schwarz-Erle deutlich mehr Lentizellen vorhanden (Abbildung 13).
 

Ältere Stämme haben eine dunkelgraue bis schwarze, längsrissige Schuppenborke (Abbildung 14); die Schuppen werden mit zunehmendem Alter der Stämme immer größer (Abbildung 15). 

Das Holz der Schwarz-Erle ist zerstreut-porig, Splint-und Kernholz sind rötlich-weiß, es dunkelt etwas nach, Jahrringe sind wenig ausgeprägt. Das Holz lässt sich leicht bearbeiten und gut beizen. Es wird als Furnier- und als Drechslerholz verwendet, auch für Stege von Geigen und für Gitarrenhälse wird es genutzt.

Vorkommen und Verbreitung

Die Schwarz-Erle säumt vorwiegend Wassergräben, Bäche und Flüsse und ist dadurch landschaftsprägend (Abbildungen 16 und 17), sie wächst aber auch in Auwäldern auf tiefgründigen, staunassen, oft periodisch überschwemmten Böden. Die Schwarz-Erle gilt als Charakterbaum der Auen mit Weichhölzern wie Weiden und Pappeln; sie gedeiht aber auch in Auen mit Stiel-Eichen, Eschen und Ulmen.

Die Schwarz-Erle ist das einheimische Gehölz, das die meiste Bodennässe vertragen kann. Sie wächst sehr gut auf sandigen und tonigen Böden, reagiert aber empfindlich auf Bodenversieglung.

Die Verbreitung der Schwarz-Erle reicht von Europa bis nach Westsibirien, sie fehlt nur in Skandinavien und auf Island.

Wurzeln

Die Schwarz-Erle bildet ein tiefreichendes Herzwurzelsystem. Sie hat zahlreiche kräftige Vertikalwurzeln mit Feinwurzeln an ihren Enden, hingegen fehlen ihr kräftige Hauptseitenwurzeln. Oftmals sichert sie ihre Standsicherheit durch starke Wurzelanläufe ab (Abbildung 18). An ihren Wurzeln wachsen größere Knöllchen, in denen sich das symbiotisch mit der Erle lebende und den Stickstoff der Luft bindende Bakterium Frankia alni befindet. Die gute Versorgung der Schwarz-Erle mit Stickstoff ist möglicherweise eine Erklärung für das oben erwähnte frühe Abfallen der Laubblätter.

Der Luftaustausch erfolgt durch große Korkporen an der Stammbasis und den oberflächennahen Wurzeln. Auch wenn die Schwarz-Erle mit ihren „Füßen“ gern im Wasser steht, so können lang andauernde Überschwemmungen der Stammbasis zum Absterben der Schwarz-Erle führen.

Die Schwarz-Erle kann als einer der wenigen einheimischen Bäume ständig unter der mittleren Grundwasserlinie an nassen Standorten und Fließgewässern wachsen. Im Uferbereich, der als Erosionsbereich gilt, sorgt sie mit ihren Wurzeln und durch ihre Ausschlags-Fähigkeit für die Uferbefestigung (Abbildung 19). Sie wird beispielsweise an der Ostseeküste zwischen Vor- und Hauptdeich gepflanzt. Dort bildet sie dichte Bestände, erhöht die Bodenstabilität, verhindert die Erosion und schützt das Hinterland bei starken Stürmen (Abbildung 20).

Aufbau der Krone und Baumpflege

Der Habitus der Schwarz-Erle ist mit ihrem durchgehenden Stamm und den in Etagen stehenden Seitentrieben sehr charakteristisch. Bei engem Stand an Fließgewässern sehen wir eher sehr schmalkronige Bäume (Abbildung 21).

Oftmals sind Schwarz-Erlen aber auch vielstämmig und zeigen dann im Freistand eine malerische, breite Krone (Abbildung 22).

Auf Schnittmaßnahmen reagiert die Schwarz-Erle mit starkem Austrieb, deshalb sollte der Schnitt möglichst moderat ausfallen. Da die Schwarz-Erle ein schwacher Kompartimentierer ist, d.h. sie kann größere Schnittwunden schlecht abschotten, kommt es bei der Schwarz-Erle nach starkem Schnitt oftmals zu Fäulen.

Weitere Arten, Sorten

Die Grau-Erle, auch Weiß-Erle (Alnus incana (L.) Moench) kommt von Europa bis zum Kaukasus vor und wächst in Auwäldern der Gebirgsbachtäler. Die Blätter haben eine deutliche Spitze und sind unterseits graugrün (Name!). Sie wächst als großer Baum bis zu einer Höhe von zehn Metern, oft aber als Großstrauch.

Späths Erle (Alnus x spaethii Callier) ist eine Hybride aus Alnus japonica (Thunb.) Steud. x Alnus subcordata C.A. May. Sie kommt bei uns nur gepflanzt in Parks oder als Straßenbaum vor und erreicht eine Höhe von 10 bis 15 Metern (Abbildung 23). Die Blätter sind schmal elliptisch bis elliptisch, kurz zugespitzt, scharf und ungleich groß gesägt, 6-18 cm lang, etwas ledrig, die Borke ist grau und längs gefurcht (Abbildung 24). Späths Erle gilt als trockenheitstolerant, wird deshalb als Straßenbaum öfter gepflanzt und ist nach der Einordnung der Gartenamtsleiterkonferenz als Straßenbaum gut geeignet. In letzter Zeit sind immer öfter junge Bäume an Straßen zu sehen (Abbildung 25).

Krankheiten und Schädlinge

Erstmalig trat 1990 bei der Schwarz-Erle in Baden-Würtemberg eine Wurzelhalsfäule auf, die von einer neu aufgetretenen Phytophthora-Art (Phytophthora alni L.) verursacht wird. Ein Indiz für einen Befall mit dem Erreger ist das Auftreten von Schleimfluss-Flecken am Stammfuß. Durch begeißelte Zoosporen kann sich die Krankheit
besonders leicht über Wasser ausbreiten, genau an den Standorten, an denen die Schwarz-Erle vorzugsweise wächst. Inzwischen ist bekannt, dass die Phytophthora-Krankheit vorzugsweise durch die Pflanzung befallener Jungpflanzen eingeschleppt wird.

Seit einiger Zeit sind an den Blättern Löcher zu beobachten, teilweise sind die Blätter auch skelettiert. Dabei handelt es sich um Fraßspuren eines Blattkäfers, des „Blauen Erlenblattkäfers“ und dessen Larven. Die Schäden für die Schwarz-Erle sind aber gering.

Holzzerstörende Pilze

An älteren Schwarz-Erlen können an absterbenden Ästen im bodennahen Bereich verschiedene Fäulepilze vorkommen.

Schwarz-Erlen auf Golfplätzen

An Wassergräben stehen auf Golfplätzen mitunter schöne Bestände der Schwarz-Erle. Da die Phytophtora-Krankheit vorzugsweise durch die Pflanzung befallener Jungpflanzen eingeschleppt wird, sollte die Pflanzung von jungen Bäumen in bestehende Bestände auf Golfplätzen vorerst unterbleiben. Die an Gräben auf dem Golfplatz seit längerem wachsenden Schwarz-Erlen sind dann kaum gefährdet, von den  typischen Schleimfluss-Flecken der Phytophthera-Krankheit befallen zu werden.

Späths Erle wird wegen ihrer Trockenheits-Toleranz als Straßenbaum empfohlen, auf Golfplätzen mit überwiegend einheimischer Vegetation sollte jedoch weiterhin nur unsere einheimische Schwarz-Erle an Wassergräben stehen.


Autorin: Dr. Isolde Hagemann | Greenkeepers Journal 1/2024

Literatur

ROLOFF, A., 2013: Bäume in der Stadt. Eugen Ulmer, Stuttgart.

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