Nordamerikanischer Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera L.)
Steckbrief – Bäume auf Golfanlagen
Der Tulpenbaum gehört in die Familie der Magnoliengewächse, die zehn Gattungen und etwa 215 Arten umfasst. Es sind Holzpflanzen mit großen Blüten und ungeteilten Blättern. Bekannt sind bei uns Vertreter der Gattungen Magnolia und Liriodendron, die beide aus Nordamerika stammen. Sie sind in Gärten und Parkanlagen oft anzutreffen. Sie werden gepflanzt vor allem wegen ihrer markanten großen Blüten.
Der Nordamerikanische Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera L.) ist einer der größten und schönsten Laubbäume des östlichen Nordamerikas. In seiner Heimat erreicht er Höhen von mehr als 50 Metern und einen Stammdurchmesser von über drei Metern, bei uns – fern seiner Heimat – gibt es in alten Parkanlagen stattliche Exemplare mit einer Höhe von immerhin 30 Metern. Bevorzugt wächst der Tulpenbaum auf tiefgründigen, nährstoffreichen, feuchten Böden. Ist das Substrat trockener, dann wirkt sich das negativ auf seine Wuchsleistung aus.
Eine zweite Tulpenbaum-Art, der Chinesische Tulpenbaum (Liriodendron chinense (Hemsl.) Sarg.) kommt nur in China vor und gilt dort als gefährdete Art. Er hat kleinere Blüten, tiefer gelappte Blätter und wird nur 15 Meter hoch, damit ist er gewissermaßen der kleinere Bruder des „Nordamerikaners“. Als Parkbaum ist er bei uns selten anzutreffen.
Der Nordamerikanische Tulpenbaum kam erst Mitte des 17. Jahrhundert nach Europa; er wurde 1663 zuerst in England, Ende des 17. Jahrhunderts in Deutschland eingeführt. Dabei ist der Tulpenbaum bei uns kein Neuling, denn er wuchs bereits unter den subtropisch/tropischen Klimabedingungen während der Kreidezeit in Nordamerika und Europa, im Tertiär sogar in weiten Teilen der gesamten Nordhalbkugel, wie Fossilfunde belegen. Durch eine fortschreitende Abkühlung starb er in diesen Arealen aus.
Mit seiner markanten Gestalt ist er nicht zu übersehen; er hat einen geraden Stamm, der bis zur Spitze reicht, eine schmale, kegelförmige Krone und überragt viele unserer einheimischen Laubbäume. In unseren Parkanlagen, auf Friedhöfen, aber auch gelegentlich als Straßenbaum wurde er bereits vor etlichen Jahren gepflanzt und hat mittlerweile eine stattliche Größe erreicht (Abbildung 1). Er ist vor allem durch seine prächtige Herbstfärbung eine besondere Zierde.
Aussehen im Jahreslauf
Im Frühling, etwa Anfang April, öffnen sich die Winterknospen, die bereits im Oktober am Ende des Jahrestriebes zu sehen sind. Die Knospen haben eine sehr charakteristische Form, sie sind an ihrer plattgedrückten, an einen Biberschwanz erinnernden Form gut zu erkennen (Abbildung 2). Die beiden äußeren Knospenschuppen sind den Winter über braun. Sie schützen alle jungen Laubblätter, die bereits seit dem Sommer fertig ausgebildet, aber noch sehr klein sind. In der Winterknospe „warten“ sie, dass es endlich warm wird und sie sich entfalten können. Die inneren Knospenschuppen sind zart und grün gefärbt, dabei handelt es sich um sogenannte Nebenblätter, die seitlich am Grund der Laubblätter ansitzen (Abbildungen 3 und 4). Etwas später ist von den Nebenblättern am Tulpenbaum nichts mehr zu sehen, denn sie fallen nach Öffnung der Knospen relativ schnell ab.
Die Laubblätter sind entlang der Mittelrippe zusammengefaltet. Sie werden von ihrem langen, gebogenen Stiel aus der Winterknospe herausgeschoben. Die Blätter haben einen sehr charakteristischen Umriss, wie wir ihn von unseren einheimischen Laubbäumen nicht kennen. Er erinnert etwas an das Blatt eines Spitz-Ahorns, allerdings ist der Blattrand glatt und es fehlt den Blättern am Ende der Mittelrippe die Spitze; es sieht ganz so aus, als ob sie sorgfältig im Bogen herausgeschnitten worden wäre (Abbildung 4). Die Laubblätter haben einen relativ langen Blattstiel, der bewirkt, dass sie beim geringsten Luftzug wie „Espenlaub“ zittern. Die Blattentwicklung im Frühling ist durch das helle Grün der jungen Blätter besonders schön anzusehen (Abbildung 4). Falls Sie einen Tulpenbaum in Ihrer Nähe haben, dann sollten Sie die Blattentwicklung im Frühling unbedingt verfolgen.
Die Blüten der Magnolien, die sich vor den Blättern entfalten, sind bei uns gut bekannt, schließlich werden Magnolien gern in Gärten gepflanzt. Oftmals werden sie fälschlicherweise als Tulpenbäume bezeichnet. Doch wie sehen die Blüten des „richtigen“ Tulpenbaumes aus? Dass die Blüten nicht so bekannt sind, liegt wohl daran, dass sie sich erst entfalten, wenn die Bäume voll belaubt sind.
Die Blüten sind umgeben von schützenden Knospenschuppen (Abbildung 5), die sich bereits Ende Mai beginnen zu öffnen (Abbildung 6). In diesem Stadium sind bereits die an der Basis orange farbenen Saftmale der Blütenblätter von außen zu sehen. Wenige Tage später, etwa Anfang Juni, sind die Blüten voll geöffnet (Abbildung 7). Spätestens jetzt wird klar, woher der Name Tulpenbaum rührt, denn mit der Form der Blüten erinnern sie sehr an Tulpen. Sie zeigen nunmehr ihre volle Pracht, ihre gelbe Farbe, die orange farbigen Bänder im unteren Drittel der Blütenblätter und die Tulpenform sind ganz charakteristisch für diese Baumart (Abbildungen 10 und 11). Die orange gefärbten Partien der Blüten, die Saftmale, sondern nektarhaltige Tropfen ab.
Der Tulpenbaum gehört wie die Magnolien in einen relativ ursprünglichen Verwandtschaftskreis. Dieser ist charakterisiert durch große Blütenblätter, kräftige Staubblätter und im Zentrum der Blüte an einer längeren Achse stehend, zahlreiche freie Fruchtblätter. Alle Blütenorgane sind – wie bei den Magnolien – spiralig angeordnet. Als Bestäuber der Blüten fungieren vor allem Käfer. Auch wenn die Blüten relativ groß und schön gefärbt sind, so sind sie doch in der dichten Baumkrone des Tulpenbaumes wegen ihrer grünlich-gelben Farbe schwer zu sehen (Abbildung 8). Wenn man sie aber erst einmal kennt, dann sind sie leicht zu entdecken.
Zu Beginn des Sommers entwickeln sich die Früchte; sie sind zunächst grün und deshalb in der vollbelaubten Krone schlecht zu erkennen (Abbildung 9). Die Früchte stehen an einer längeren Achse und erinnern an die Zapfen der Nadelgehölze. Die zapfenähnlichen Früchte bestehen aus einzelnen Fruchtblättern, die ganz dicht zusammen stehen. Es können sich achtzig bis hundert Früchte an einer Achse befinden; sie werden korrekt als Sammelfrüchte bezeichnet. An der Spitze jedes einzelnen Fruchtblattes ist die rötlich gefärbte, kleine Narbe zu erkennen (Abbildung 10). Nach erfolgter Bestäubung und Befruchtung entwickeln sich die Früchte den Sommer über.
Im Herbst beginnt die Laubfärbung, zunächst zeigen sich die ersten Blätter in hellem Gelb (Abbildung 11), später färbt sich das Laub dunkler, beinahe orange (Abbildung 12). Dann werden die ersten Blätter rotbraun, so dass sich ein farbenprächtiges Bild ergibt. Die Früchte stehen noch an der langen Achse, beginnen aber auch sich zu verfärben; die äußeren Früchte zeigen zunächst eine leichte Rötung (Abbildungen 2 und 13).
Etwa drei Wochen später werden die Früchte gelb (Abbildung 14) und im Laufe der Fruchtreife trocken. Einige Früchte fallen zu dieser Zeit bereits herunter. Dass es sich um einzelne Fruchtblätter handelt, wird deutlich, wenn sie sich von ihrer Achse lösen (Abbildung 15). Der lange Flügel trägt an seiner Basis die beiden Samen. Da sich der Schwerpunkt an einem Ende befindet, ergibt sich eine interessante rotierende Flugbewegung. Die Früchte werden als „Schraubendrehflieger“ bezeichnet. Bei jedem Windstoß können dann die Flugbewegungen der einzelnen Früchte beobachtet werden. Bemerkenswert ist, dass oftmals die unteren Früchte bis zum Austrieb der Blätter an der Achse stehen bleiben (Abbildungen 3 und 4). Dadurch sind im Frühling neben dem frisch grünen Austrieb des Laubes auch noch einzelne sich von der Achse abspreizende inzwischen hellbraun gefärbte Früchte zu sehen.
Anfang November stehen noch zahlreiche Blätter am Baum, da sie inzwischen braun gefärbt sind, ergibt sich ein schöner Anblick (Abbildung 16). Nachdem das Trenngewebe zwischen Blattstiel und Zweig ausgebildet ist, lösen sich die schönen rötlich braunen Blätter ab und fallen zu Boden. Sie können gepresst und zu Girlanden verarbeitet werden; sie ergeben einen schönen Herbstschmuck.
Im Winter, wenn das Laub gänzlich heruntergefallen ist, sind die Rinde und die später gebildete Borke besonders gut zu sehen. Die Rinde junger Tulpenbäume ist zunächst ziemlich glatt, beginnt aber mit zunehmendem Alter aufzureißen und zeigt zunächst helle längliche Felder (Abbildung 17). Später formen sich Rippen, die stärker hervortreten (Abbildung 18), bis sich im Alter eine dicke Netzborke mit fahlgrauer Färbung zeigt (Abbildung 19). Der Stamm eines alten Tulpenbaumes hat durch die kräftige Borke ein besonders auffälliges Erscheinungsbild (Abbildung 20). Offenbar wurden in jüngeren Jahren mehrere starke Äste am Stamm entfernt. Da sich die Wunden durch eine sekundäre Borke völlig geschlossen haben (Abbildung 21), besteht keine Gefahr, dass hier Faulstellen entstehen werden.
Tulpenbäume in der Stadt
In unseren Städten wurde er schon vor längerer Zeit in Parkanlagen, auf Friedhöfen und gelegentlich auch in Grünanlagen von Wohnungssiedlungen gepflanzt und kann mittlerweile Höhen von etwa 20 bis 30 Metern erreicht haben.
In der Straßenbaumliste (2012) der Gartenamtsleiter wird er als raschwüchsig, wärmeliebend aber frosthart beschrieben. Allerdings gelten ältere Exemplare als Windbruch-gefährdet. Trotzdem wird er – wenn auch mit Einschränkungen – sogar als Straßenbaum empfohlen. Allerdings reagiert er auf die Verwendung von Streusalz mit braunen Blattflecken.
Inzwischen gibt es eine besonders schlankwüchsige Form, die unter dem Namen Liriodendron tulipifera ‚Fastigiata‘ in Baumschulkatalogen angeboten wird. Sie soll nur eine Höhe von 15 bis 18 Metern und eine Breite von bis zu sechs Metern erreichen.
Baumpflege
Der Tulpenbaum ist pflegeleicht, nur gelegentlich auftretende Astbrüche sollten nachgeschnitten werden.
Krankheiten und Schädlinge
Offenbar ist der Tulpenbaum bis jetzt relativ resistent gegen Krankheiten und Schädlinge. Neuerdings erkrankt er gelegentlich an der Verticillium-Welke, einer Pilzkrankheit, die Zweige angreift. Die befallenen Zweige sollten herausgeschnitten werden.
Tulpenbäume auf Golfplätzen
Der Tulpenbaum ist zwar ein Fremdling, zeigt in unseren Gefilden aber keinerlei Tendenz zu einer spontanen Ausbreitung, wie es bei einigen Neubürgern zu beobachten ist. Aufgrund seiner Eigenschaften und seiner schönen Statur ist er für die Pflanzung auf Golfplätzen zu empfehlen. Als Exot sollte er aber nicht in naturnahe Bestände gepflanzt werden, sondern eher in der Umgebung des Clubhauses einen geeigneten Platz finden.
Autorin: Dr. Isolde Hagemann | Greenkeepers Journal 02/2017