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Grüne Oasen für Insekten

Insekten auf Golfplätzen

Vielleicht ist Ihnen bereits aufgefallen, dass in der freien Landschaft kaum noch Insekten zu sehen sind. Ein Blick auf die Windschutzscheibe des Autos nach längerer Fahrt ergibt, dass hier kaum noch Insekten kleben; das ist alarmierend.

 

Für die Honigbiene ist seit einiger Zeit bekannt, dass sie von der Varroamilbe (Varroa destructor Anderson & Trueman), bedroht ist. Es handelt sich um eine ein bis zwei Millimeter große Milbe, die Bienenstöcke befällt, den Arbeiterinnen Blut absaugt und ihre Eier in die Brut der Bienen legt. Unsere einheimische Honigbiene ist für diesen Parasiten sehr anfällig.

 

Dramatischer Rückgang vieler Insekten

Ein dramatischer Rückgang vieler anderer Insekten ist seit einiger Zeit zu beobachten, sehr wahrscheinlich verursacht durch die intensive Landwirtschaft mit Monokulturen, das Fehlen von Streuobstwiesen, Grünland, Feldrainen und Hecken sowie den massiven Einsatz von Pestiziden.

 

In Nordrhein-Westfalen wurden in den letzten 15 Jahren systematisch Insekten in sogenannten Insekten-Fallen gesammelt und die Ergebnisse ausgewertet. Hierbei wurde deutlich, dass in diesem Zeitraum ein Rückgang der Insekten-Populationen von etwa 80 Prozent angenommen werden muss. Das könnte bedeuten, dass von einer weitreichenden Vergiftung der Insekten in unserer Umwelt auszugehen ist. Inzwischen werden auch in anderen Regionen Untersuchungen durchgeführt, allerdings werden erst nach einigen Jahren verwertbare Ergebnisse vorliegen.

 

Insektizide und Herbizide

Seit Mitte der 1990er Jahre werden in der Landwirtschaft Neonicotinoide eingesetzt, das sind hochwirksame Insektizide, die auf die Nervenzellen von Insekten wirken und ihr Lernverhalten und ihre Orientierungsfähigkeit stören. Neonicotinoide werden verwendet, um Saatgut von Raps, Mais und weiteren Nutzpflanzen zu beizen und so vor Pilzbefall oder Schädlingen zu schützen. Die Wirkstoffe verteilen sich in der gesamten Pflanze und sind sogar im Pollen nachweisbar.

Neben den Insektiziden werden Herbizide, beispielsweise Glyphosat, eine Hauptkomponente in Breitbandherbiziden, auf den Feldern eingesetzt. Sie sorgen dafür, dass keine Unkräuter den Ertrag schmälern. Das führt dazu, dass in Raps-, Mais-, Spargel-, Getreide-, Rübenfeldern und Ackerrainen keine Unkräuter mehr zu finden sind. Damit fehlen den Insekten Blütenpflanzen, die Pollen und Nektar liefern, wie beispielsweise der Klatschmohn (Papaver rhoeas L.), eine Pollen-Scheibenblume (Abbildung 1). Heutzutage sind an den Rändern der Getreidefelder kaum noch Acker­unkräuter zu finden (Abbildung 2), auch blumenreiche Wiesen sind selten geworden (Abbildung 3). Da das Grünland, die sogenannten „Wirtschafts-Wiesen“, inzwischen drei Mal pro Jahr gemäht werden, sind auch hier kaum noch blühende Arten zu sehen; deshalb finden Insekten nur noch wenig Nahrung.

 

Sehr wahrscheinlich sind unsere Ackerlandschaften durch den Einsatz von Herbiziden fast frei von Wildkräutern, die von Insekten besucht werden könnten. Doch wenn Fluginsekten fehlen, hat das weitreichende Konsequenzen und betrifft die gesamte Nahrungskette. Werden die Blüten, Blumen und Bäume nicht mehr durch Insekten bestäubt, dann reifen keine Früchte heran und den Vögeln fehlt die Nahrung.

Zwar wird der Einsatz von Glyphosat vorwiegend wegen seiner möglicherweise krebserregenden Eigenschaft für den Menschen diskutiert, über die Wirkung auf Acker- und andere Wildkräuter ist vergleichsweise wenig zu hören.

 

Seit kurzem wird in den Medien über den Einsatz von Neonicotiden und Herbiziden berichtet, ob es allerdings zu weitreichenden Veränderungen kommt, bleibt abzuwarten.

 

Insekten in Gärten, Wald, ­Wiesen und Feldern

Wenn in unseren Gärten zahlreiche Pflanzen blühen, dann schwirren verschiedenste Insekten herum und wir denken, die Welt sei in Ordnung. Doch dieser Eindruck täuscht, denn in der freien Landschaft sind nur wenige Insekten zu sehen, mit einem Fachbegriff beschrieben, heißt das – die Landschaften sind „ausgeräumt“. In den „Agrarwüsten“ mit fehlenden Fruchtfolgen und industriell geführter Landwirtschaft wird die Artenvielfalt verringert. Auch der Bau von Straßen, Siedlungen, die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbegebieten, sowie die Nährstoffanreicherung durch Stickstoff- und Phosphateinträge sind wahrscheinlich für den massiven Rückgang der Insekten verantwortlich.

 

Nimmt man sich etwas Zeit in Wald, Feld und Wiese, dann wird ganz schnell deutlich, dass nur noch wenige Tagfalterarten zu sehen sind und bisher überlebt haben. Weil die filigranen Tagfalter sehr schnell und empfindlich auf Veränderungen reagieren, gelten sie als hervorragende Bioindikatoren. Werden Tagfalter durch Schutzprojekte geschützt, dann ist das auch von Vorteil für andere Tierarten, die ähnliche Ansprüche an die Lebensräume haben.

 

Insekten verschiedener Gruppen als Bestäuber

Insekten sind mit ihrem Körperbau auf bestimmte Blüten spezialisiert, es besteht ein enger Zusammenhang zwischen morphologischen und biologischen Eigenschaften der Blütenbesucher zum Bau der Blüten und ihren Lebenserscheinungen. Sie vollziehen beim Blütenbesuch die Bestäubung. Den Insekten werden Nektar und Pollen dargeboten, um an den Nektar zu gelangen, werden die der Bestäubung dienenden Blütenteile berührt und der „mitgebrachte“ Pollen auf dem Fruchtknoten mit Narbe deponiert und dadurch die Blüten befruchtet.

 

Blüten und Blumen werden aufgrund der Insekten, die als Bestäuber fungieren, in mehrere Gruppen eingeteilt:

Käferblumen: Die Ordnung der Käfer (Coleoptera) enthält zahlreiche Gattungen. Einige Käfer besuchen offene Scheiben- oder Napfblumen mit reichlichem Pollenangebot. Sie werden durch fruchtig-fauligen Geruch angelockt und nagen mit ihren beißenden Mundwerkzeugen an allen Blütenteilen. Die Blüten sind meistens weiß, grünlich bis bräunlich gefärbt und bieten Bestäubern sehr viel Pollen. Derartige Blüten kommen in der Verwandtschaft der Magnoliengewächse, bei (Magnolia denudata Desr.) vor (Abbildung 4), aber auch Palmen, wie Dattel- und Ölpalme, werden von Käfern bestäubt.

Bienenblumen: Die Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) ist reich an verschiedenen Gattungen. In diese Gruppe gehören beispielsweise Bienen, Hummeln, Grabwespen.

Bienen und Hummeln besuchen Blumen mit engen oder weitröhrigen Blüten, vor allem auch Lippen-, Rachen- und Schmetterlingsblüten, denn diese haben einen „Landeplatz“. Die Blütenfarben sind vor allem gelb, violett und blau. Häufig haben Bienenblumen Saftmale, die nur im UV-Bereich sichtbar sind. Für den Menschen sind diese Saftmale oftmals nicht sichtbar. Die Blumen verströmen einen süßen Blütenduft; zudem bieten sie Nektar und Pollen. Der Nektar kann in tiefen Röhren beispielsweise bei der Sonnenbraut (Helenium-Hybride, Abbildung 5) und beim Sonnenauge (Heliopsis scabra Dunal, Abbildung 6) oder in Spornen verborgen sein, wie bei der Akelei (Aquilegia spec., Abbildung 7). 

Bei Englischen Rosen, wie bei der Sorte (Rosa ‚Constance Spry‘) mit leicht gefüllten Blüten, die noch einige Staubblätter haben, sind Hummeln als Blütenbesucher oft zu sehen (Abbildung 8).

Die Sonnenblume (Helianthus annuus L.) ist der „Liebling“ der Insekten, vor allem von Bienen und Hummeln. Bei ihr sind die zahlreichen einzelnen Röhrenblüten von gelben Zungenblüten umgeben, die der Schauwirkung und Anlockung der Insekten dienen (Abbildung 9). Bienen und Hummeln saugen an den bereits geöffneten Röhrenblüten und befruchten diese. Etwa vier Wochen später sind die Früchte – die Sonnenblumenkerne – reif (Abbildung 10).

Auch die Grabwespen gehören zu den Hautflüglern und zwar in die Verwandtschaft der Spheciformes. Sie sind an ihrem zumeist „gestielten“ Hinterleib gut zu erkennen (Abbildung 11). Trotz ihres kurzen Rüssels erreichen sie den Nektar der Schönaster (Kalimeris) in den gelben Röhrenblüten (Abbildung 12). Die erwachsenen Tiere ernähren sich von Blütennektar, die Larven der Grabwespen hingegen werden von den Weibchen mit Insekten, Insektenlarven oder Spinnen versorgt.

 

Fliegenblumen: Die bestäubenden Insekten haben zwei Flügel und werden deshalb Dipteren genannt. Sie gliedern sich in drei Gruppen – Kleinfliegen-, Aasfliegen- und Großfliegenblumen. Hier sollen nur die Kleinfliegenblumen behandelt werden. Der Nektar der Fliegenblumen ist frei zugänglich, was dem kurzen Rüssel der Fliegen entgegenkommt. Die Blütenfarbe ist meistens schmutzigweiß, -gelb oder grüngelb.

Die Goldfliege (Lucilia sericata) hat einen grün-golden glänzenden Körper (Abbildung 13). Die Weibchen der Goldfliege legen ihre Eier in erster Linie auf Aas ab, von dem sich die Larven ernähren. Die adulten Fliegen saugen an Aas, fliegen aber auch Blüten an, um Nektar zu saugen.

 

Zu den besonders bekannten Blütenbesuchern unter den Dipteren zählen die Schwebfliegen (Syrphidae), die mit ihrem Rüssel den flüssigen Nektar aufsaugen, aber auch den Pollen aufnehmen können (Abbildung 14). Typische Fliegenblumen sind viele Steinbrech-Arten (Saxifraga), das Milzkraut (Chrysosplenium), viele Wolfsmilch-Arten (Euphorbia) und die Waldreben (Clematis) mit ihren weißen Pollenblumen.

 

Falterblumen: Sie werden von Schmetterlingen (Lepidoptera), insbesondere von Tag- und Nachtfaltern, bestäubt. Diese saugen mit langen Rüsseln den tief in langen, engen Kronröhren verborgenen Nektar auf. Die Anlockung erfolgt bei den Nachtfaltern, oftmals als Motten bezeichnet, durch Duft und weißgefärbte Blüten. Die Tagfalterblumen haben gelb, blau, rot oder weiß gefärbte Blüten. Oftmals handelt es sich um sogenannte Stieltellerblüten mit langen Röhren und einem breiten Kronsaum. Herbstastern und der Sommerflieder (Buddleja) werden von Tagfaltern besonders geschätzt.

 

Im Folgenden sollen nur „Tagfalter“ vorgestellt werden, die ob ihrer auffälligen Farbgebung und ihrer Größe gut bekannt sind.

 

Das Tagpfauenauge (Vanessa io L.), das in die Gruppe der „Edelfalter“ gehört (Abbildung 15), ist mit seinen Faltern und dem „Auge“ (Name!) gut bekannt. Es besucht im Frühjahr Weiden, Huflattich und Löwenzahn, im Sommer bevorzugt es rote und blauviolette Blüten. Die Schmetterlingsraupen finden auf landwirtschaftlich genutzten, stark gedüngten, stickstoffreichen Flächen Brennnesseln, deren Blätter die ausschließliche Nahrungsgrundlage sind. Zum Überwintern suchen die Falter leicht feuchte und geschützte Winterquartiere, wie beispielsweise Keller oder Garagen auf.

 

Aber auch der Admiral (Vanessa atalanta L.), kommt in unseren Siedlungsräumen und auf Obstwiesen, Uferböschungen oder an Feldwegen relativ häufig vor. 

Während die Oberseite der Flügel eine auffallende Zeichnung und leuchtende Farben zeigen (Abbildung 16), ist die Unterseite stärker von Brauntönen geprägt (Abbildung 17). Auch die Raupen des Admirals ernähren sich von Brennnesselblättern.

Der Lebensraum des größten Schmetterlings in Mitteleuropa, des Schwalbenschwanzes (Papillo machaon L.) sind blütenreiche Wiesen und Trockenrasen, aber auch Gärten, in denen Gemüse, beispielsweise Möhren, Dill und Fenchel kultiviert wird oder Fliederbüsche stehen. Der wunderschöne Schmetterling (Abbildungen 18 und 19) hat sich in seinem Bestand in den letzten Jahren leicht erholt und gilt nicht mehr als gefährdet.

Der C-Falter (Polygonia c-album L.) kommt an feuchten Waldrändern, in Parkanlagen oder Gärten vor (Abbildung 20). Auf der Unterseite der Hinterflügel tragen die Falter ein weißes „C“ als Erkennungsmerkmal. Die Falter sind in unseren Gärten an Beerensträuchern zu finden, wo sie Nektar saugen. Auch an anderen nektarreichen Blüten, beispielsweise am Sommerflieder (Buddleja), auch Schmetterlingsstrauch genannt, sind sie häufig zu finden.

Beim Dukatenfalter (Chrysophanus virgaureae L.), sind männliche Falter auf der Flügeloberseite leuchtend gold­rot gefärbt, die Weibchen besitzen breitere orange gefärbte Flügel mit einer dunklen Zeichnung (Abbildung 21). Die Unterseite der Flügel ist weniger farbenprächtig, die Vorderflügel sind bräunlich mit schwarzen Punkten, die Hinterflügel sind graubraun mit kleinen dunklen Punkten (Abbildung 22). Der Dukatenfalter steht auf der „Rote Liste Deutschland: 3“; er gilt als gefährdet. Bei der Nektarsuche bevorzugen die Schmetterlinge Korbblütler, wie Goldrute, Acker-Kratzdistel, Rainfarn und Jakobs-Greiskraut.

 

Der Perlmuttfalter (Argynnis aglaia L.), (Abbildung 23) lebt in Wäldern, aber auch im offenem Gelände wie beispielsweise auf Wiesen, Heiden, Mooren und Trockenrasen. Auf den Flügeloberseiten sind auf hellbraunem Grund dunklere Flecken, der Name bezieht sich auf die Unterseite der Flügel mit perlmuttartigen Flecken.

 

Der Schmetterling lebt schon jetzt in inselartig voreinander isolierten Populationen, verursacht durch die Indus­trialisierung der Landwirtschaft mit der Trockenlegung vieler Feuchtgebiete und dem Umbruch von Wiesen zu Ackerland. Durch die Erderwärmung werden die für den Falter besonders wichtigen Feuchtgebiete im Sommer immer häufiger austrocknen.

 

Fazit

Angesichts der Situation in der freien Landschaft könnten Golfplätze ein Paradies für verschiedenste Insekten sein oder werden. Denn hier wird keine Gülle verklappt, der Einsatz von Düngern, Herbiziden, Fungiziden ist inzwischen streng reguliert, eigentlich gute Voraussetzungen für Fluginsekten. Somit müssten sich Insekten auf Golfplätzen wieder ansiedeln, aber nur, wenn sie entsprechende Blütenpflanzen vorfinden. Diese werden in Teil 2 des Beitrags in einer der nächsten Ausgaben des Greenkeepers Journal vorgestellt.

 

Autorin: Dr. Isolde Hagemann | Greenkeepers Journal 03/2018

 

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