Alles nachhaltig? Warum echter Wandel mehr bedeutet
Zwischen Image und Realität: Nachhaltigkeit in der Praxis

Vor einiger Zeit erreichte uns der Beitrag von Horst Schubert. In unseren regelmäßigen Gesprächen über verschiedene Themen der Golfbranche stießen wir dabei auch auf den oft zu undifferenziert verwendeten Begriff ,Nachhaltigkeit‘. Zugegeben, mit diesem Ausdruck tue ich mich manchmal ein wenig schwer, denn ,nachhaltiges Wirtschaften‘ sollte eigentlich selbstverständlich die Grundlage unseres Handelns sein – beruflich wie privat. Horst Schubert hat seinen Artikel inzwischen aktualisiert und beleuchtet kritisch zahlreiche Facetten des Themas – empfehlenswert für alle, die sich ernsthaft mit dem Begriff auseinandersetzen möchten! Stefan Vogel
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Es gibt vermutlich nicht viele Wörter in der deutschen Sprache, die in Wort und Schrift häufiger genutzt werden als der Begriff ,Nachhaltigkeit‘. Eine Google-Suche im September 2023 weist bei dem Suchbegriff ,Nachhaltigkeit‘ rund 473 Mio. Ergebnisse aus. Beim Suchbegriff ,Fußball‘ sind es dagegen nur 253 Mio. Ergebnisse. Aber ist das auch automatisch ein Indiz für eine herausragende inhaltliche Bedeutung dieses Begriffs? Oder anders formuliert, in Anlehnung an den englischen Dramatiker William Shakespeare: Modewort oder Mega-Trend – das ist hier die Frage.
In Deutschland taucht der Nachhaltigkeitsbegriff erstmalig am Beginn des 18. Jahrhunderts in einem Grundsatz-Papier der deutschen Forstwirtschaft auf. Dort wird der Gedanke formuliert, dass bei der Bewirtschaftung von Wäldern stets nur so viel Holz eingeschlagen werden dürfe, wie auch durch Wiederaufforstung nachwachsen könne.
Der Begriff ,Nachhaltigkeit‘ beschreibt somit ein Handlungsprinzip zur Ressourcen-Nutzung, bei dem eine dauerhafte Nutzung durch die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit der beteiligten Systeme gewährleistet werden soll. Dies ursprünglich für die Ökologie formulierte Prinzip umfasst nunmehr zusätzlich die Bereiche Wirtschaft und Soziales, in denen die Prinzipien der Nachhaltigkeit ebenfalls angewendet werden sollen. Ein Kurz-Definition von Nachhaltigkeit könnte somit lauten: Nachhaltigkeit bedeutet (im übertragenen Sinne), von den Zinsen zu leben und nicht vom Kapital.
Nachhaltigkeit in der Politik
Auf politischer Ebene gewann der Begriff in Deutschland am Ende des 20. Jahrhundert an Bedeutung. Eine breitere Öffentlichkeit erreichte das Thema ,Nachhaltigkeit‘ zum Bespiel durch den 1987 veröffentlichten Brundtland-Report. Einige Jahre später – im Jahr 1994 – setzte sich der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung in seinem Umweltgutachten ausführlich mit dem Thema ,Nachhaltigkeit‘ auseinander. In der Folge entstand auf Bundesebene im Jahr 2001 der Rat für Nachhaltige Entwicklung, der bereits ein Jahr später die nationale Nachhaltigkeitsstrategie ,Perspektiven für Deutschland. Unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung‘ vorlegte.
Ein weiterer wesentlicher Schritt erfolgte dann im Jahr 2011, als der Rat für Nachhaltige Entwicklung den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) vorlegte, der insbesondere auch für die Berichterstattung unternehmerischer Nachhaltigkeitsleistungen von Bedeutung ist. Bereits seit 2017 gilt in Deutschland auf der Grundlage der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Großunternehmen, die mindestens zwei von drei Kriterien erfüllen (mehr als 500 Mitarbeitende, eine Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. Euro, ein Umsatz von mehr als 40 Mio. Euro) die CSR-Berichtspflicht (CSR = Corporate Sustainability Reporting). Die schrittweise Erweiterung der Berichtspflichten über Nachhaltigkeitsinformationen betrifft unter anderem ab 2025 Großunternehmen sowie Unternehmen von ,öffentlichem Interesse‘ mit mehr als 500 Mitarbeitern, die ab dem Geschäftsjahr 2025 einen Nachhaltigkeits-Bericht erstellen müssen. Ab 2026 betrifft das dann auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Im Rahmen dieser jährlichen Berichtspflicht sollen die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit dargestellt und damit ein nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Handeln in den Unternehmen gefördert werden.
… und im Sport
Auch im organisierten Vereinssport hat das Thema ,Nachhaltigkeit‘ vielfältige Aktivitäten in Gang gesetzt. So hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) als Dachverband von 68 Spitzenverbänden des organisierten Vereinssports mit rund 86.000 Sportvereinen, die fast 29 Mio. Vereinsmitgliedschaften repräsentieren (Stand 01.01.2024) beispielsweise im September 2019 eine Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, in der Ziele, Handlungsfelder und konkrete Maßnahmen definiert wurden.
Der Deutsche Golf Verband e.V. (DGV) hatte das Thema im Handlungsfeld der ökologischen Nachhaltigkeit schon relativ frühzeitig aufgegriffen. Das wichtigste Projekt hierzu wurde bereits im Jahr 2005 auf Initiative des damaligen DGV-Präsidenten und heutigen DGV-Ehrenpräsidenten, Dr. Wolfgang Scheuer, in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) initiiert: das Umweltprogramm ,Golf&Natur‘. Zielsetzung dieses Qualitätsmanagement-Programms ist die Bewahrung und Verbesserung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen beim Betrieb der Golfanlage. Aktuell nehmen bundesweit fast 200 Golfanlagen an diesem Programm teil (Stand April 2025). Das ist zwar einerseits erfreulich, aber andererseits ist das gerade einmal rund ein Viertel aller deutschen Golfanlagen. Da ist noch ,viel Luft nach oben‘.
Heute ist das Thema ,Nachhaltigkeit‘ als einer von sieben Handlungsgrundsätzen („Wir stehen für Nachhaltigkeit“) in der strategischen Ausrichtung des DGV verankert, gemeinsam mit den Handlungsgrundsätzen Tradition und Innovation, Verantwortung, Kommunikation, Kooperation sowieTransparenz.
Nachhaltigkeit als Führungsaufgabe
Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts erkannten mehr und mehr Unternehmen die Bedeutung einer nachhaltigen Unternehmenspolitik und begannen mit der Umsetzung erster Maßnahmen, beispielsweise auch die Golf- und Country Club Seddiner See AG, Eigentümer- und Betreibergesellschaft einer 36-Löcher-Golfanlage in der Peripherie von Potsdam und Berlin.
Dort wurde die unternehmerische Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften als ein wesentlicher Bestandteil in die Unternehmensstrategie aufgenommen: „Transparenz, Effizienz und Nachhaltigkeit sind sowohl Zielsetzung als auch Inhalt der Geschäftspolitik, die einen besonderen Schwerpunkt auf das Qualitäts- und Umweltmanagement legt […]. Die Golfanlage versteht sich als integrativer Bestandteil der Region und engagiert sich in der Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden, Kommunen, lokalen und regionalen Vereinen und Organisationen und pflegt und fördert den Kontakt zu den Anwohnern und den verantwortlichen Entscheidungsträgern.“ (Quelle: https://www.gccseddinersee.de/club/philosophie.html).
Eine Unternehmensphilosophie zu Papier zu bringen ist das eine – sie dann in der Praxis umzusetzen, sie ,zu leben‘, ist das andere. Das operative Geschäft und die Unternehmenskultur nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit auszurichten, ist mit Aufwand verbunden. Gleichwohl wird deren Notwendigkeit heutzutage kaum noch in Zweifel gezogen. Das belegen beispielsweise die Ergebnisse der CxO Sustainability Survey 2023 von Deloitte. „Nachhaltigkeit bleibt eine Top-Priorität für die Unternehmen“, heißt es da. Nach dieser Studie haben 76 % der deutschen Unternehmen ihre Investitionen in Nachhaltigkeitsmaßnahmen in 2022 erhöht. Dieses Ergebnis dokumentiert, dass der hohe Stellenwert des Themas ,Nachhaltigkeit‘ erkannt ist und entsprechende Maßnahmen im operativen Geschäft umgesetzt werden.
Werteorientierung und Verantwortung
In diesem Zusammenhang verweist der Soziologe Ralf Darendorf auf die kaufmännische Verantwortung und den hohen Stellenwert der „Sitten des ehrbaren Kaufmanns und des guten Haushaltens“. Voraussetzung für eine nachhaltige Wirtschaftsweise sei, dass neben den unternehmerischen Anstrengungen und den daraus resultierenden Ansprüchen der Unternehmer bzw. Gesellschafter (= ökonomischer Bereich der Nachhaltigkeit) auch die vielfältigen Bedürfnisse aller anderen Interessensträger (= sozialer und ökologischer Bereich der Nachhaltigkeit) berücksichtigt werden, wie zum Beispiel die Interessen der Mitarbeiter oder die der Öffentlichkeit. Hierfür müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein:
Eine Werteorientierung der Unternehmensführung, die die damit verbundenen ethischen Aspekte beim Wirtschaften (Stichwort ,Ehrbarer Kaufmann‘) berücksichtigt und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung: „Verantwortung verlangt Nachhaltigkeit, also das Denken in zumindest mittleren Fristen.“ Nachhaltigkeit ist somit eine Führungsaufgabe und muss von der Unternehmensführung ,vorgelebt‘ werden, wenn sie glaubwürdig sein will.
Aspekte der sozialen Nachhaltigkeit – extern und intern
Der fortschreitende Klimawandel führt weltweit zu einer Verschärfung der Nutzungskonflikte, insbesondere um das lebensnotwendige Wasser zur Versorgung der Bevölkerung und für die Landwirtschaft. Das betrifft in zunehmendem Maße etliche Regionen Deutschlands. Für die in solch niederschlagsarmen Gebieten angesiedelten Golfanlagen ergeben sich hieraus erhebliche Probleme. In Zeiten rückläufiger Wasserverfügbarkeit für die Bewässerung von Teilflächen der Golfanlagen kommt dem externen Aufgabenbereich der sozialen Nachhaltigkeit deshalb eine existenzielle Bedeutung zu. Die Akzeptanz in der Region, die Einbindung und die Vernetzung, die Wahrnehmung der Golfanlage als ,guten Nachbarn‘ – all das gilt es zu fördern und zu verbessern.
Sofern eine Golfanlage bereits in der Vergangenheit in diesem Aufgabenbereich aktiv tätig war und dadurch ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis zu Gemeinde und Landkreis und den dortigen Entscheidungsträgern aufgebaut hat, wird es bei der notwendigen wasserrechtlichen Erlaubnis sicherlich leichter sein, eine für die Golfanlage akzeptable Problem-Lösung zu finden.
Die Golf- und Country Club Seddiner See AG hat nach der Übernahme der Golfanlage im Jahr 2001 nicht nur in erheblichem Maße in die Instandhaltung und den Ausbau der Infrastruktur der Golfanlage investiert, sondern auch einen siebenstelligen Betrag für eine Vielzahl von Maßnahmen im sozialen und ökologischen Bereich investiert. Von besonderer Bedeutung ist hier die Installation des Nachhaltigen Wassermanagement-Systems als Public Private-Partnership-Projekt im Jahr 2004 zu nennen. Dieses Projekt hat zu einer erheblichen Verbesserung der Wasserqualität des Großen Seddiner Sees geführt und damit zu einer Aufwertung der Region. In der Berichterstattung der Medien wird dieses aufwändige Engagement der Golfanlage leider nur selten erwähnt, ebenso wie die Tatsache, dass durch die Niederschläge auf der großflächigen Golfanlage im Durchschnitt mehr Grundwasser neu gebildet wird als für die Bewässerung der Golfanlage aus dem angrenzenden Großen Seddiner See entnommen wird.
Betrachtet man den internen Bereich der sozialen Nachhaltigkeit, dann betrifft dies in erster Linie das auf der Golfanlage beschäftigte Personal, insbesondere das Greenkeeping, die Verwaltung und die Gastronomie. Hier hat sich der Arbeitsmarkt in den letzten Jahren – nicht zuletzt infolge der Corona-Pandemie – massiv verändert. Arbeitgeber müssen heutzutage mehr denn je für Arbeitnehmer attraktiv sein, um diese für sich zu gewinnen bzw. zu binden. Neben den ,hard facts‘ wie zum Beispiel Arbeitszeiten-Regelungen, Gehalt und Sachbezüge, Aufstiegs- und Fortbildungsmöglichkeiten u.a.m. wird die Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung als Image-Faktor immer relevanter im Wettbewerb um qualifiziertes Personal. Mitarbeiterbindung und -gewinnung ist jetzt eine Kernaufgabe der Unternehmensführung und somit Chef-Sache.
In diesem Zusammenhang sollte man einen Aspekt nicht unterschätzen: Die meisten Mitarbeiter einer Golfanlage wohnen in deren näheren Umfeld und sind somit Multiplikatoren bzw. ,Marken-Botschafter‘ für die Nachbarschaft – im Guten wie im Schlechten.
Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor
Nicht nur im Wettbewerb um qualifiziertes Personal entwickelt sich ,gelebte‘ Nachhaltigkeit mehr und mehr zum Wettbewerbsfaktor. Sponsoren achten bei der Auswahl ihrer Kooperationspartner in zunehmendem Maße darauf, welche Außenwirkung diese bezüglich des Themas ,Nachhaltigkeit‘ haben. Eine positive Außenwirkung ist somit auch für den ökonomischen Aufgabenbereich der Nachhaltigkeit von maßgeblicher Bedeutung. Hierfür ist allerdings auch ein entsprechender Kommunikationsaufwand notwendig, getreu dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber“.
Glaubwürdigkeit ist nicht teilbar
Glaubwürdigkeit ist ein kostbares und sensibles Gut. Sie zu gewinnen, kann ein langer Prozess sein; sie zu verlieren, kann hingegen sehr schnell gehen. Das gilt auch für die Realisierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in einem Unternehmen. Diese sind nur dann glaubwürdig, wenn auch ihre ökonomische Machbarkeit gegeben ist. Insbesondere in Zeiten einer knappen Kasse – und das dürfte in der aktuellen Wirtschaftslage sicherlich auf nicht wenige deutsche Golfanlagen zutreffen – könnte dies ggf. zum Problem werden. Dies insbesondere auch deshalb, weil zwar einerseits der überwiegende Teil der Golfspielerinnen und Golfspieler von der Wichtigkeit einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Golfanlage überzeugt ist, andererseits aber die Bereitschaft schnell an ihre Grenzen stößt, hierfür ggf. auch entsprechende höhere Mitgliedsbeiträge zu entrichten.
Bei einer werteorientierten Unternehmenspolitik geht es aber nicht nur um die Glaubwürdigkeit ökologischer Maßnahmen des Unternehmens, sondern insbesondere um die Glaubwürdigkeit der Unternehmensführung insgesamt.
„Über all dem sollte die Ethik des ,Ehrbaren Kaufmanns‘ […] wieder in den Vordergrund gestellt werden. Wenn diese Ethik vergessen wird, wenn das ,gesunde‘ Gefühl für ,richtige‘ Entscheidungen, für ,Dinge, die man tut‘ und für ,Dinge, die man lässt‘ verloren gegangen ist, dann kann man noch so viele Hochglanzbroschüren verfassen oder wunderbare Reden halten. Dann ist man als Führungskraft nicht glaubwürdig [...]“ (MIROW, 2019).
Mangelnde Glaubwürdigkeit sowie ,Greenwashing‘ im ökologischen Bereich (d.h. die Verbreitung von nichtzutreffenden Informationen, um Produkte oder Dienstleistungen ,umweltfreundlicher‘ darzustellen als sie es tatsächlich sind) hat zwangsläufig eine negative Ausstrahlung auf den ökonomischen und den sozialen Bereich, denn Glaubwürdigkeit ist nicht teilbar.
Die Nachhaltigkeit und der ,Ehrbare Kaufmann‘
Die Auseinandersetzung mit dem Nachhaltigkeit-Begriff macht deutlich, dass wirtschaftliches Handeln stets auch eine ethische Komponente hat. Diese Erkenntnis ist allerdings wesentlich älter als der Nachhaltigkeitsbegriff. Die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V. beispielsweise gibt als Gründungsdatum das Jahr 1517 an. Vor wenigen Jahren wurde das 500-jährige Jubiläum gefeiert.
„Die Bezeichnung ,ehrbarer Kaufmann‘ ist das historisch in Europa gewachsene Leitbild für die Teilnahme am Wirtschaftsleben. Sie steht für ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein für das eigene Unternehmen, für die Gesellschaft und für die Umwelt. Ein ehrbarer Kaufmann stützt sein Verhalten auf Tugenden, die den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg zum Ziel haben, ohne den Interessen der Gesellschaft entgegen zu stehen.“ (MIROW, 2019).
Die Tugenden des ,Ehrbaren Kaufmanns‘ sind zwar mehr als 500 Jahre alt, aber immer noch aktuell. Auch wenn der Begriff antiquiert klingt, ist er für die Wirtschaft nach wie vor von Bedeutung. Das dokumentiert nicht zuletzt die Tatsache, dass das Leitbild des ,Ehrbaren Kaufmanns‘ in die Präambel des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) Erwähnung findet. Dort heißt es u.a. in dem von einer Regierungskommission erarbeiteten und im Februar 2002 der Bundesregierung übergebenen Kodex: „Diese Prinzipien verlangen nicht nur Legalität, sondern auch ethisch fundiertes eigenverantwortliches Verhalten“ (Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns).
Bereits 1956 hatte der Gesetzgeber im IHK-Gesetz die Industrie- und Handelskammern in Deutschland verpflichtet, für die Wahrung von Anstand und Sitte im Sinne der ,Ehrbaren Kaufleute‘ zu wirken, einschließlich deren sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung.
Um die Tugenden des ,Ehrbaren Kaufmanns‘ an die zeitgemäßen Rahmenbedingungen anzupassen, hat der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller e.V. (VBKI) im Jahr 2015 dieses Thema aufgegriffen. Der VBKI, gegründet 1879, ist die größte Vereinigung von Führungskräften aus der Wirtschaft in der deutschen Hauptstadt und mit seinen rund 2.300 Mitgliedern, darunter auch der jeweils amtierende Vorstand der Golf- und Country Club Seddiner See AG, eine wichtige Stimme der Berliner Wirtschaft. Dessen Arbeitskreis ,Wirtschaft und Ethik‘ hat die ,zehn Leitsätze eines ehrbaren Kaufmanns‘ formuliert (siehe separaten Kasten) – gewissermaßen als die ,zehn Gebote‘ für verantwortungsbewusstes, unternehmerisches Handeln.
Als mittelständische Dienstleistungsunternehmen in der Freizeitbranche sollten sich auch Golfanlagen hiervon angesprochen fühlen. Und dies sogar in besonderem Maße: Golfclubs sind für weite Teile der Bevölkerung immer noch ein Refugium für ,die Reichen und die Schönen‘ und stehen somit unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit. Umso wichtiger ist es, beim Management von Golfanlagen und Golfclubs eben diesen ethischen Aspekten gerecht zu werden und sie als Grundlage für das tagtägliche wirtschaftliche Handeln zu verstehen. Etliche der in den Leitsätzen angesprochenen Aspekte sind für eine Vielzahl von Golfanlagen mittlerweile eine Selbstverständlichkeit.
Der Leitsatz „Der ehrbare Kaufmann beachtet das Prinzip der ökologischen Nachhaltigkeit“ wird beispielsweise von fast 200 Golfanlagen durch deren Teilnahme am DGV-Umweltprogramms ,Golf&Natur‘ bereits seit vielen Jahren in der praktischen Arbeit umgesetzt.
Fazit
Einerseits ist festzustellen: Der Begriff ,Nachhaltigkeit‘ ist ubiquitär. Alles und jedes ist mittlerweile ,nachhaltig‘. Die Verwendung des Begriffs ist inflationär und ergibt in so manchem Kontext gar keinen Sinn. Aber egal – Hauptsache nachhaltig, denn Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der mit einem positiven Image behaftet ist. Der Begriff ist zwar ,abgedroschen‘, aber er entspricht dem ,Zeitgeist‘. Das Wort ,Nachhaltigkeit‘ wurde übrigens bereits 1998 für den Titel ,Unwort des Jahres‘ nominiert, konnte sich damals aber nicht durchsetzen.
Andererseits ist aber auch festzustellen: Nachhaltiges Wirtschaften ist alternativlos. Ein großer Teil der Menschheit lebt gegenwärtig über seine Verhältnisse. Er lebt – im übertragenen Sinne – nicht von den Zinsen, sondern verbraucht einen Teil seines Kapitals. Eine Folge dieses ,Kapitalverzehrs‘ ist der Klimawandel. Wir alle sind deshalb sicherlich gut beraten, uns intensiv mit dem Thema ,Nachhaltigkeit‘ auseinanderzusetzen. Dies betrifft insbesondere einige Aspekte der Nachhaltigkeit, die bisher weniger Beachtung gefunden haben, die aber gleichwohl von Bedeutung sind:
- Der Begriff ,Nachhaltigkeit‘ wird in der öffentlichen Wahrnehmung inhaltlich häufig auf das ökologische Aktionsfeld reduziert. Nachhaltigkeit wird von fast jedem spontan erst einmal mit Natur- und Umweltschutz, Ressourcenschonung und Artenvielfalt in Verbindung gebracht. Aber Nachhaltigkeit ist viel mehr, ist viel umfassender und beinhaltet – neben ökologischen Aspekten – auch ökonomische und soziale Aktionsfelder. Diese werden jedoch meistens, nur am Rande mitbearbeitet – wenn überhaupt. Das klassische Drei-Säulen-Modell (Ökonomie, Ökologie, Soziales) ist die Theorie, das Thema ,Ökologie‘ im Fokus der Aufmerksamkeit ist die Praxis. Überspitzt formuliert, kann man hierzu feststellen: Allein das Anlegen von Blühstreifen ist noch keine nachhaltige Bewirtschaftung einer Golfanlage.
- Der Begriff ,Nachhaltigkeit‘ hat auch eine zeitliche Dimension. Nachhaltig zu denken und zu handeln bedeutet Denken und Handeln in langen Zeiträumen. Hierbei geht es nicht um Quartale oder einzelne Wirtschaftsjahre wie beispielsweise bei börsennotierten Unternehmen, sondern eher um Generationen wie in familiengeführten Unternehmen. Das kann in der Praxis jedoch nur dann Erfolg haben, wenn Kontinuität in der Unternehmensstrategie und deren Umsetzung in das operative Geschäft des Unternehmens sichergestellt ist.
- Nachhaltigkeit ist ein Entwicklungsprozess, der einerseits permanente Anpassungen an sich verändernde Rahmenbedingungen erfordert. Der Weg ist das Ziel. Andererseits muss aber gewährleistet sein, dass die große Linie, die von der definierten Unternehmensstrategie vorgegeben wird, konsequent weiterverfolgt wird – für die verantwortliche Unternehmensführung also ein ständiger Balance-Akt.
- Den Entwicklungsprozess der Nachhaltigkeit zu steuern, ist eine Führungsaufgabe. Nachhaltiges Wirtschaften setzt eine werteorientierte Unternehmensführung voraus, die von den Verantwortlichen im operativen Tagesgeschäft glaubwürdig ,vorgelebt‘ werden muss.
- Nachhaltigkeit entwickelt sich immer stärker zu einem Wettbewerbsfaktor. Diese Entwicklung betrifft nicht nur die Gewinnung und Bindung von Sponsoren, sondern gleichermaßen auch die Gewinnung und Bindung von Clubmitgliedern und Mitarbeitern und hat somit Auswirkungen in allen drei Segmenten der Nachhaltigkeit.
Zurückkommend auf die einleitende Frage ist somit festzustellen: Nachhaltigkeit ist ganz sicher kein ,Mode-Thema‘, sondern eine Entwicklung, dessen Bedeutung für die Unternehmensführung noch weiter zunehmen wird. Genauso, wie die ökologischen, ökonomischen und sozialen Probleme im Golfmanagement ebenfalls weiter zunehmen werden.
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Die zehn Leitsätze des Ehrbaren Kaufmanns
..., entwickelt vom Arbeitskreis ,Wirtschaft und Ethik‘ des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller e.V. (VBKI) und 2013 veröffentlicht:
- Der Ehrbare Kaufmann (EK) richtet sein Wirtschaften auf Dauer aus.
- Der EK richtet sein Handeln an Tugenden aus, die langfristiges Vertrauen schaffen.
- Der EK achtet die Rechte und die Würde seiner Mitarbeiter und behandelt sie fair und menschlich.
- Der EK verhält sich redlich im Geschäftsverkehr mit Kunden und Lieferanten.
- Der EK wahrt die Interessen der Eigentümer.
- Der EK verhält sich fair gegenüber seinen Wettbewerbern.
- Der EK unterstützt das Gemeinwohl in der Gesellschaft.
- Der EK bedient berechtigte Interessen der Öffentlichkeit nach Information.
- Der EK fördert die Weiterentwicklung unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung durch sein gutes Vorbild.
- Der EK beachtet das Prinzip der ökologischen Nachhaltigkeit.
Quellennachweis
MIROW, M., 2019: Die Rückkehr des ehrbaren Kaufmanns. www.in-manas.com/blog/die-rueckkehr-des-ehrbaren-kaufmanns/
Autor: Horst Schubert | Greenkeepers Journal 3/25