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Maulwurf – Freund oder Feind?

Talpa europaea – Wildtier des Jahres 2020

 

Ökologische Funktion, besondere Eigenschaften und Anpassung an einen speziellen Lebensraum – Begründung der Deutschen Wildtierstiftung

 

Der nur durchschnittlich 15 cm lange und etwa 80-100 g schwere kleine „Buddler“ verblüfft immer wieder durch seine enormen Grableistungen. Mit den als Grabschaufeln ausgebildeten Vorderbeinen bewegt er enorme Erdmengen, bis zum Dreißigfachen seines Körpergewichtes!

Er gräbt mit großer Geschwindigkeit, für 7 m Gang benötigt er nur maximal eine Stunde, wobei er keinen Tag- und Nachtrhythmus besitzt. Bei der unterirdischen Nahrungssuche saust er dann mit 4 km/h durch seine 5 cm breiten Gänge, die, im Unterschied zur Wühlmaus, einen flach-ovalen Durchmesser haben. Das gesamte Gangsystem ist mehrfach verzweigt und in verschiedenen Ebenen angelegt – mit einer Gesamtlänge von bis zu 200 m. Oberflächliche Tunnel liegen nur 3-4 cm tief, während die, in etwa 10 cm Tiefe liegenden Laufgänge, der Jagd dienen. Nester und Ruhe- bzw. Vorratsplätze sind in einer Tiefe von bis zu 60 cm zu finden. Bodenart und Nahrungsangebot bestimmen die Ausdehnung, je nahrungsreicher das Revier ist, desto kürzer kann das Gangsystem ausgelegt werden.

Wenn man bedenkt, dass Maulwürfe außerhalb der Paarungszeit im März/April, Einzelgänger sind, verblüfft die Anzahl der Maulwurfshaufen.

 

Die Reviergröße beträgt bei Weibchen bis zu 2.000 m² und bei Männchen bis zu 5.000 m². Je nach Fläche variiert auch die Populationsdichte zwischen 4-10 Individuen/ha. Seine maximale Lebensdauer beträgt durchschnittlich 4 Jahre, ab dem 2. Jahr ist er geschlechtsreif, mit durchschnittlich etwa 4 Jungen pro Jahr.

 

Er kann sehr gut riechen, aber kaum sehen, nur hell und dunkel unterscheiden. Dank langer Tasthaare und spezieller Sinneszellen an der Nase (Eimersche Tastkörper) besitzt er einen ausgeprägten Tastsinn, erspürt selbst leichte Erschütterungen und nimmt so auch kleinste Bewegungen seiner potenziellen Nahrung in den Gängen wahr.

Auch bei der Nahrungsaufnahme neigt er zu Extremen, die täglich aufgenommene Nahrungsmenge entspricht mindestens der Hälfte seines Eigengewichts! Sein schneller Stoffwechsel zwingt ihn regelmäßig, alle 3-4 Stunden auf Jagd zu gehen, was er selten auch oberirdisch tut. Im Monat vertilgt ein Maulwurf als reiner Fleischfresser mindestens 1,4 kg Regenwürmer, Insekten und Larven. Hungerperioden von mehr als 10 Stunden überlebt er nicht.

Da in den unterirdischen Gängen der Sauerstoffgehalt 6-8% geringer als im Freien und der Kohlendioxid-Anteil extrem erhöht ist, besitzt der Maulwurf eine vergrößerte Lunge und ein besonders hoher Hämoglobingehalt im Blut optimiert die Sauerstoffausnutzung. Bedingt durch seinen schnellen Stoffwechsel und die intensive Verdauung produziert er zudem eine Menge Darmgase. Deshalb sind, am Ende von „Sackgassen“ angelegte, zusätzliche Belüftungsschächte notwendig.

 

Die typischen Maulwurfshaufen entstehen aus dem anfallenden überflüssigem Bodenmaterial und verlaufen häufig in Linien. Sie können bis zu 25 cm hoch werden, mit einem Durchmesser von bis zu 30 cm. Pro Tag produziert ein Maulwurf leicht 10 bis 20 Erdhaufen. Wie bereits erwähnt, dienen sie zum Teil auch der Belüftung und müssen, nach einem Einebnen deshalb auch schnell neu aufgeworfen werden.

 

Anmoorige oder staunasse Standorten werden eher gemieden. Ansonsten findet man dort extrem auffällige Maulwurfshaufen, mit bis zu 70 cm Höhe. Bei diesen „Sumpfburgen“ handelt es sich um oberirdische Nester, eine Anpassung an den „hochwassergefährdeten“ Boden.

 

Typisch und ein deutliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber den von Wühlmäusen erzeugten, eher flachen Erdhügeln ist das, sich mittig befindende, Auswurfloch.

Der Maulwurf hält keine Winterruhe oder Winterschlaf. Er ist in dieser Zeit in tieferen Bodenschichten auf der Suche nach Nahrung unterwegs. Zudem lebt er von den angelegten Vorräten, wobei es sich hauptsächlich um lebendige Regenwürmer handelt, die sich aufgrund gezielter Bisse jedoch nicht mehr fortbewegen können.

 

Natürliche Feinde sind, neben Frost und Hochwasser, Vögel (Storch, Mäusebussard, Eule, Rabe), Fuchs, Marder, Wildschwein und Dachs.

Konflikt Maulwurf – Sportrasen

Zur Zeit ist der Maulwurf wieder besonders aktiv, davon zeugen die zahlreichen Erdhaufen auf den Golfplätzen. Zum einen fehlen auf Ackerflächen nach der Ernte Schutz und Nahrung, zum anderen gibt es derzeit auf den Rasenflächen ein hohes Nahrungsangebot, bedingt durch den Besatz mit Engerlingen und Tipula-Larven.

 

Der Maulwurf gehört nicht zu den bedrohten Arten. Nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) ist der Maulwurf jedoch geschützt und § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verbietet das Töten, Fangen oder Verletzen. Zudem ist sogar die Störung oder Beschädigung der Gänge, Fortpflanzungs- und Ruhestätten verboten.

Es kann auf dieser Grundlage ein Strafverfahren eingeleitet werden, das nicht selten in hohen Geldstrafen endet. Im Bußgeldkatalog der Bundesländer liegen die Strafen in Rheinland-Pfalz bei bis zu 5.000 Euro, im Saarland bei bis zu 10.000 Euro und in den übrigen Bundesländern bei bis zu 50.000 Euro. Das vorsätzliche oder gewohnheitsmäßige Töten verschärft den Strafbestand.

 

In begründeten Fällen kann nach Landesrecht, durch die zuständige Naturschutzbehörde, eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Nach § 45 Abs.7 Bundesnaturschutzverordnung kann dies der Fall sein, wenn eine Gefahr für Menschen besteht oder bei erheblichen wirtschaftlichen Schäden. So stellt das Unterhöhlen von Rasenflächen im Fußballbereich ein Sicherheitsrisiko dar. Auf Golfanlagen steht der ökonomische Schaden durch die Erschwerung der Pflege und die Beseitigung der Erdhaufen im Vordergrund.

Auch die durch die Absackung entstehenden Unebenheiten sorgen für einen erheblichen zeitlichen Aufwand. In der Regel wird hierbei das Erdmaterial mit Spaten abgetragen. Eine alternative Methode ist, gerade auf sandigen Böden oder Trockenheit, das Verpusten mit Hilfe eines Gebläses. Diesen gilt es mit Fotos und Dokumentation der Arbeitszeit zu belegen.

 

Beispiel: Zeitaufwand Beseitigung der Häufen bei einer 18-Löcher-Anlage: etwa 150-200 Stunden/Jahr. Im Zuge der Nacharbeiten können bei starkem Befall sogar Nachsaaten notwendig werden.

 

Eine ganze Reihe von alternativen Ansätzen sollen den Maulwurf angeblich von Flächen fern halten. Deren Wirksamkeit ist jedoch meist fragwürdig.

 

Maulwürfe reagieren empfindlich auf Erschütterung/Vibration und Geräusche. Diverse Ultraschallgeräte, Windräder oder Klangspiele beruhen auf dieser Tatsache. So auch der Vorschlag, Eisenstangen oder Holzpfähle in die Haufen zu schlagen und dann häufig dagegen zu schlagen. Angeblich soll auch Rasenmähen dazu beitragen, den Maulwurf zu vertreiben.

Fairways und auch Hausgärten sind jedoch beliebte Aufenthaltsorte. Ein nachhaltiger Erfolg ist nicht messbar, möglicherweise kommt es auch zu einer Gewöhnung.

 

Da der Maulwurf auch empfindlich auf Gerüche reagiert, findet man häufig auch die Empfehlung, Duftstoffe als Abwehrmittel einzusetzen. Bei den teilweise angebotenen Vergrämungsmitteln ist Vorsicht geboten, denn möglicherweise handelt es sich um Biozide, deren Anwendung nicht erlaubt ist. Selbst Buttersäure ist ein Biozid ohne Zulassung für diesen Anwendungsbereich!

 

Alte Hausmittel wie Buttermilch, Knoblauch, Hundehaare, Holunderzweige oder Pflanzenjauche hören sich zwar umweltfreundlich an, sind aber strenggenommen nicht erlaubt. Problem hierbei zudem: Alle diese Stoffe müssen regelmäßig in die Gänge eingebracht werden und zeigen, wenn überhaupt, nur kurzfristig Erfolg. Oft wird diese, für den Maulwurf unangenehme Belästigung ausgeschaltet, indem er den Gang schließt und einen neuen gräbt.

 

Bei der Neuanlage eines Gartens oder Sportplatzes kann es Sinn machen, das erlaubte „Aussperren“ zu nutzen. Der Maulwurfszaun beruht auf vertikaler Ausgrenzung, wobei zu beachten ist, dass eine Fortbewegung auch an der Oberfläche möglich ist. Durch den Einsatz von Maulwurfsgittern erfolgt die horizontale Ausgrenzung. 

Barrieren, in Form von engmaschigen Gittern oder Netzen werden nah unter der Grasnarbe verlegt. Sie verhindern die Bildung von Maulwurfshaufen, der Lebensraum bleibt jedoch erhalten. Wichtig sind hier Fragen nach Art des Materials, Haltbarkeit usw.

 

➜ „Der Maulwurf: ein störender Gast im Rasen“ von Autor Carsten Ludowig aus dem ­Rasen 2/17

„Vermeidung von Maulwurfshügeln auf Rasenflächen“ von Autor Carsten Ludowig aus dem Rasen 1/20

 

Autorin: Beate Licht | Greenkeepers Journal 3/2020

 

Quellen:

Deutsche Wildtierstiftung, www.deutschewildtierstiftung.de

LUDOWIG, C., 2017: Der Maulwurf: ein störender Gast im Rasen. In: Rasen 2/17, S. 42 ff.

LUDOWIG, C., 2020: Vermeidung von Maulwurfshügeln auf Rasenflächen. In: Rasen 1/20, S. 10 ff.

NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V., Info Maulwurf, www.nabu.de

ERMINEA, www.erminea.dcom

PFLANZENSCHUTZAMT BERLIN, bit.ly/303NTaW


Aufruf

Sie haben auch mit Maulwürfen auf Ihren Anlagen zu tun? Dann schildern Sie uns Ihren Umgang damit, Ihre Erfahrungen; mit was hatten Sie Erfolg? Wie sind Ihre Erfahrungen mit der zuständigen Naturschutzbehörde? Fanden Sie Gehör bzgl. Ausnahmegenehmigungen? Wie beseitigen Sie Maulwurfshügel?

 

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