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Im Gespräch mit Golfplatzdesigner Dr. Hendrik Hilgert

? Herr Dr. Hilgert, worin liegt die besondere Herausforderung im Design von reversiblen Golfplätzen?

 

Sie liegt zuallererst im Gründesign. Viele moderne Grüns kann man nur aus einer Richtung anspielen. Grüns für einen Reversible Course müssen aus zwei Richtungen funktionieren – das kommt unserer Design-Philosophie bei CDP sehr entgegen, denn wir mögen Grüns mit Run off-Areas und mehr. Die Grüns sind jedoch nicht größer als auf einem normalen Golfplatz. Zudem ist das ganze Layout nicht einfach – ein guter Golfplatz hat nach unserer Philosophie kurze Wege, der nächste Abschlag sollte nicht weiter als 50 Meter vom letzten Grün entfernt sein. Daher ist die Positionierung der Teeboxen beim reversiblen Golf anspruchsvoller. Und natürlich ist auch die Bebunkerung ein Thema – denn diese müssen ebenfalls aus beiden Richtungen funktionieren. Da dies schwierig ist, arbeiten wir auf reversiblen Plätzen eher sparsam mit Bunkern. Reversible Golfplätze sind für uns Designer eine intellektuelle Herausforderung!

? Für wen sind reversible Golfplätze am besten geeignet?

 

Reversibles Design bietet sich vor allem für Standorte an, die schlicht nicht genug Platz für 18 Bahnen haben. Baukosten und Unterhalt sind gegenüber einem Standard-Platz nahezu identisch. Der ökonomische Mehrwert ist daher sehr groß. Ich würde liebend gerne in Deutschland weitere reversible Golfplatz-Projekte realisieren. Gerade für Anlagen mit 15-25 Hektar Fläche ist das Konzept bestens geeignet, um mehr Erlebnis als bei reinen 9-Löcher-Anlagen zu bieten. Vor allem City-nahe Anlagen sind für solch ein Konzept prädestiniert.

 

? Sind reversible Plätze eher für Mitgliederclubs oder Clubs mit starker Ausrichtung auf Gastspieler geeignet?

 

! Da sehe ich grundsätzlich keinen Unterschied. In beiden Fällen liegt die Herausforderung in der Kommunikation – Golfer benötigen eine Runde, um das Konzept zu verstehen. Eine rein verbale Beschreibung reicht kaum aus, man braucht zumindest ein Video oder, noch besser, das eigene Erlebnis. Das Konzept selbst ist auch für Golf Resorts geeignet, wie Tom Doaks The Loop unterstreicht.

 

? Gibt es durch reversible Golfplätze Einschränkungen beim autonomen Mähen?

 

! Nein, das geht auch bei einer reversiblen Anlage. Wir empfehlen aber, es auf die Fairways zu begrenzen.

 

? Kann man überall Reversible Courses errichten?

 

! Leider nein, auch das Gelände muss passen. Enge Schneisen oder zu starke Höhenunterschiede sprechen generell eher gegen ein reversibles Design. Weder steile Anstiege noch Gefälle sind bei den Golfern besonders beliebt, von einigen wenigen Downhill-Par 3s einmal abgesehen. Bei reversibel hieße dies jedoch, dass in umgekehrter Spielrichtung aus einem steilen Downhill ein extremer Anstieg wird.

 

? Lassen sich bestehende Anlagen in einen reversiblen Platz umwandeln?

 

! Das ist eher schwierig, weil die meisten Grüns die Voraussetzungen nicht erfüllen. Daher ist das Konzept eher für Neubauten geeignet.

 

? Warum werden so wenige reversible Golfplätze gebaut?

 

! Natürlich kenne auch ich die genaue Antwort nicht, aber man muss anders denken bei Grüns und Routing, beides zudem in Kombination mit dem vorhandenen Gelände und seiner Topographie. Entweder haben sich Anlagenbetreiber und unsere Mitbewerber zu dem Thema noch keine Gedanken gemacht oder sie scheuen vielleicht sogar die Herausforderung, da die Arbeitsweise stark von klassischen Anlagen abweicht.

 

? Reichen bei reversiblen Golfplätzen zwei Teeboxen pro Bahn oder sollte man mehr anbieten?

 

! Das hängt immer von der individuellen Konzeption ab. Viel wichtiger ist, dass wir – gerade in Deutschland – möglichst schnell weg von Farb- und Gender-bezogenen Teeboxen kommen. International setzt sich immer mehr die Kennzeichnung nach Gesamt-Spiellänge – beispielsweise 56 für 5.600 Meter Gesamtlänge – durch. Wir empfehlen dringend, dies auch in Deutschland zu forcieren.

 

Herr Dr. Hilgert, herzlichen Dank für dieses sehr informative Gespräch.

 

Das Gespräch führte unser Autor Michael Althoff | golfmanager 2/2023

 

 

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