Herausforderung von neuen Personen in Verantwortung für Golfanlagen
Aus der Reihe „Golfanlagen – in schwierigem Marktumfeld behaupten“

Alle Jahre wieder. Eine oder gleich mehrere Personen werden neu in den Vorstand gewählt. Damit wird Verantwortung dafür übernommen, sich einen Überblick über die tatsächliche Situation der Golfanlage zu verschaffen, solide zu planen, die Golfanlage zukunftsorientiert aufzustellen und weiterzuentwickeln, damit diese sich auch in schwierigem Marktumfeld behaupten kann. Es wäre also falsch, alles weiter laufen zu lassen und erst einmal nichts zu tun.
Neue Vorstände werden in der Regel im Frühjahr in ihr Amt gewählt. Weil die Saison dann gerade erst begonnen hat, haben die Turnierorganisation und der Spielbetrieb absolute Priorität. In der Regel können Sie als neuer Vorstand jedoch darauf vertrauen, dass das operative Tagesgeschäft solide abgewickelt wird und – gerade zu Beginn der Saison – durch die Mitgliedsbeiträge ausreichend Liquidität zur Verfügung steht.
Mit Ihrem Mandat haben Sie Gestaltungsspielraum erhalten und die Verantwortung übernommen, diesen wahrzunehmen. Egal, wie die momentane Situation scheint oder vielleicht auch ist, ist es Ihre Verpflichtung, genau hinzusehen und Schaden von der Golfanlage abzuwenden. Blicken Sie über den Tellerrand hinaus, um die wirtschaftliche Lage objektiv einzuschätzen und mögliche Chancen und Risiken rechtzeitig zu erkennen. Das ist Voraussetzung dafür, die Weichen für eine Zukunft zu stellen, die im Interesse der Mitglieder ist.
Mit einem professionellen Anspruch sollten Sie als Vorstand die ersten 100 Tage zunächst dafür nutzen, alle Bereiche aus dem Blickwinkel des Qualitätsmanagements unter die Lupe nehmen.
Aspekte des Qualitäts-managements einer Golfanlage – die Golfanlage effizient aufstellen
A) Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan
Stellen Sie sicher, dass die Geschäftsordnung aktuell ist und der Geschäftsverteilungsplan die gewünschte Situation widerspiegelt.
B) Vertragsorganisation
Prüfen Sie alle Verträge der Golfanlage. Falls die aktuellen Verträge nicht gebündelt einsehbar sind, ist das Ihre erste, wichtige Aufgabe.
Welche rechtlichen Regelungen und Verpflichtungen müssen Sie erfüllen, damit rechtzeitig Entscheidungen über Anpassungen, Kündigung oder Verlängerung getroffen werden können? Verschaffen Sie sich einen Überblick und formulieren Sie sog. Milestones (Zwischenziele), bis wann welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um den Anforderungen nachzukommen. Erstellen Sie einen Plan, wie Sie die Milestones erreichen können.
C) Prozessdokumentation
In der Leitung einer Golfanlage zeigt sich Professionalität durch die Definition und Einhaltung qualitativ hochwertiger Aufbau- und Ablaufprozesse. Sie sind essenziell für das Funktionieren einer Golfanlage, weil damit sämtliche Prozesse festgehalten werden, die auf einer Golfanlage zu regeln sind. Ansonsten besteht die Gefahr, dass wichtige Vereinbarungen fehlen, wodurch Prozesse nicht ausreichend gesteuert werden und eine gleichbleibende
Qualität nicht gewährleistet wird.
Nach der DIN EN ISO 9000:2015-11 „Qualitätsmanagementsysteme“ ist ein Prozess „Ein System von Tätigkeiten, das Eingaben mithilfe von Mitteln in Ergebnisse umwandelt.“ „Prozesse in einer Organisation sind üblicherweise geplant, werden unter beherrschten Bedingungen durchgeführt, um Mehrwert zu schaffen.“
Zu definierende Prozesse auf einer Golfanlage sind beispielsweise: Organisation von Turnieren, Gewinnung von Mitgliedern, Gewährleistung einer Willkommenskultur, Umgang mit Beschwerden, Streitschlichtung, Prüfen der Ordnungsmäßigkeit aller (elektrischen) Verbraucher (u.a. Lampen/Leuchten), Sicherstellung von einer ausreichenden Menge an Verbrauchsmaterialien (im Büro, aber auch in den Toiletten, Duschen und Umkleiden).
D) Verfahrens- und Arbeitsanweisungen
Verfahrens- und Arbeitsanweisungen konkretisieren Prozesse. Eine Verfahrensanweisung legt fest, mit welchem Personaleinsatz, welchen Betriebsmitteln, welchen Methoden und in welcher Reihenfolge vorgegangen wird, um einen Teil eines Prozesses zu erfüllen.
Eine Verfahrensanweisung wird durch verschiedene Arbeitsanweisungen konkretisiert. Diese wiederum konzentrieren sich auf ein einziges Element aus der Verfahrensanweisung und definieren in Form von Handlungsanweisungen eindeutig, was zu tun ist.
Beispiel: Der Prozess „Organisation eines Turniers“ wird u.a. durch die Verfahrensanweisung „Ausschreibungsmodus“ konkretisiert. Diese beinhaltet z.B. folgende Arbeitsanweisungen: „Ausschreibung erfolgt 2 Wochen vor dem Turnierbeginn; Meldeschluss ist 48 h vor Turnierbeginn; …“.
Auf der Metaebene sollten Verfahrensanweisungen stets mit folgenden Informationen hinterlegt werden: eindeutige Nummer, aktuelle Version, Ersteller, verantwortliche Person(en) für die Einhaltung des Verfahrens, Geltungsbereich, Änderungshistorie.
Die Verfahrens- und Arbeitsanweisungen sind Vorgaben, die alle Mitarbeitenden erfüllen müssen. Jeder, der eine Leistung für die Golfanlage erbringt, sollte nach den Vorstellungen und dem Anspruch der Golfanlage agieren. Verfahrens- und Arbeitsanweisungen müssen so präzise und detailliert wie möglich formuliert werden, damit identische Vorgänge hinsichtlich der Qualität auch stets identisch bearbeitet werden. Dadurch können auch neue Mitarbeitende unverzüglich Verantwortung übernehmen und der Betrieb der Golfanlage wird auch dann gewährleistet, wenn Personen ausfallen.
E) Verantwortung im Einklang mit Kompetenz
Im nächsten Schritt sollten Verantwortungen und Kompetenzen geregelt sein. Kompetenzen, also das „Recht“ etwas veranlassen zu dürfen, müssen an den Umfang der Verantwortung in gleichem Verhältnis gekoppelt sein – also das, was Mitarbeitende nicht nur entscheiden dürfen, sondern wofür sie auch geradestehen müssen.
Ist die Verantwortung eines Mitarbeitenden größer als seine Kompetenz, ist sie/er de facto nicht durchsetzungsfähig. Das ist bspw. dann der Fall, wenn ein Vorstand über den Kopf des Mitarbeitenden hinweg Entscheidungen trifft, die im Verantwortungsbereich des Mitarbeitenden liegen. Das sollte auf alle Fälle vermieden werden. Formulieren Sie die jeweilige Stellenbeschreibung eindeutig, z.B. mithilfe der MVT-Matrix als Steuerungselement (s. Beitrag „Suchen Sie Mitarbeiter? Herausforderung Fachkräftemangel“ im golfmanager 2/24)
F) Zielvereinbarungen für Mitarbeitende
Treffen Sie Zielvereinbarungen mit Mitarbeitenden, indem Sie Ziele formulieren, um Schwerpunkte bei der Aufgabenerfüllung zu setzen. Konkretisieren Sie die Ziele in zeitlicher und qualitativer Hinsicht. Quantifizierbare Ziele sind direkt messbar, qualitative Ziele sind nur indirekt messbar. Beispiele für quantifizierbare Ziele sind: Fehlerfreie Turnierauswertungen, Gewinnung von Mitgliedern, die ehrenamtlich tätig sind, Beherrschung einer bestimmten Software. Beispiele für qualitative Ziele sind: jederzeit freundlich, service- und kundenorientiert, Unterstützung der Kapitäne des Clubs, perfekte Vorbereitung der Vorstandssitzungen.
Damit eine faire Beurteilung erfolgen kann, sollten Ziele in der Zielvereinbarung eindeutig und messbar formuliert sein. Beurteilen Sie die Zielerreichung qualitativer Ziele z.B. durch Umfragen: Befragen Sie die Kapitäne des Clubs: „Wie zufrieden waren Sie mit der Unterstützung durch XY?“ Geben Sie auch Mitgliedern die Möglichkeit, die Arbeit der Mitarbeitenden zu evaluieren: „Wie zufrieden waren Sie mit der Freundlichkeit, der Service- und Kundenorientierung von XY?“ Schließlich sollten auch die Mitglieder mit der Arbeit der Angestellten zufrieden sein. Darüber hinaus gibt diese Maßnahme den Mitarbeitenden einen Ansporn, im Sinne der Mitglieder zu entscheiden und nicht persönlichen Motiven
zu folgen.
Bei einem variablen Vergütungsanteil zwischen 10 % bis 25 % des gesamten Bruttogehalts ist der Anreiz ausreichend groß, dass die Zielvereinbarung im Alltag Beachtung findet. Sie können besonderes Engagement belohnen, indem Sie die Zielerreichung bis zu z.B. 125 % ermöglichen. Führen Sie am Ende eines Jahres mit jedem Mitarbeitenden ein Personalgespräch, um eine persönliche Rückmeldung zu geben und die Zielerreichung zu besprechen. Die Zielerreichung ist keine Verhandlungssache, muss jedoch begründet sein, weshalb objektive Kriterien stets vorzuziehen sind.
Aspekte strategischer Bedeutung einer Golfanlage – Die Golfanlage zukunftsorientiert aufstellen
Nachdem die grundlegenden Qualitätssicherungsaufgaben erfolgreich umgesetzt worden sind, können Sie sich den strategischen Herausforderungen widmen. Wo soll die Golfanlage in 5 oder 10 Jahren stehen? Welche Vision streben Sie für die Golfanlage an? Mit welchen Risiken muss in den nächsten Jahren gerechnet werden und welche Chancen sind absehbar?
Damit strategische Überlegungen von den Mitgliedern mitgetragen werden, sollte ein Masterplan erarbeitet und verabschiedet werden. Binden Sie Mitglieder von Anfang an in Ihre Überlegungen ein, indem Sie Arbeitskreise bilden, die sich unterschiedlichen Themen widmen. Laden Sie jedes Mitglied ein, sich an den Arbeitskreisen zu beteiligen und Ideen einzubringen. Mögliche Arbeitskreise sind bspw.: Platz, Übungsanlagen, Clubhaus, Mitgliedergewinnung, Marketing. Jeder Arbeitskreis hat die Aufgabe, festzulegen, welche Chancen und welche Risiken gesehen werden und welche Maßnahmen sinnvoll wären.
Arbeitskreise sind allerdings auch für ganz konkrete Aspekte sinnvoll: Erarbeitung eines Code of Conducts, Festlegung einer einheitlichen Philosophie für die Führung von Mannschaften‚ Aufwertung zum Meisterschaftsplatz, ein Leading -Course werden, Signature-Holes entwerfen, Fairway Bewässerung, Bunker-Restauration, Einführung eines Mentorenprogramms zur Eingliederung neuer Mitglieder, Erstellung einer jährlichen Clubbroschüre. Je nach Arbeitskreis empfiehlt es sich, Verantwortliche mit einzubinden, so z.B. den Greenkeeper, wenn es um Platzangelegenheiten gibt etc.
Die Ergebnisse der Arbeitskreise sollen von den Mitgliedern bewertet werden und fließen dann in einen Masterplan ein. Der Vorstand erhält die Aufgabe, diesen Masterplan aufzustellen, von den Mitgliedern verabschieden zu lassen, und umzusetzen. Vorstände können zwar für Maßnahmen werben, sollten aber nicht eigenmächtig Maßnahmen anders priorisieren. Der Vorstand kann für die Umsetzung des Masterplans Expertenteams oder Komitees (s. Beitrag „Golfentwicklung im laufenden Jahrzehnt“ im golfmanager 1/22) einrichten, welche die einzelnen Maßnahmen inhaltlich vorantreiben, ohne dass jedoch die Vorstellungen der Mitglieder verwässert werden.
Fazit
In seinen ersten 100 Tagen im Amt hat ein Vorstand die Möglichkeit, viel für die Golfanlage zu bewegen. Ist es der Anspruch des Vorstands, die Golfanlage bestmöglich in einem schwierigen Marktumfeld zu behaupten, muss zunächst das Qualitätsmanagement eingeführt bzw. aktualisiert werden. Darauf aufbauend lässt sich mithilfe eines Masterplans die Golfanlage zukunftsorientiert ausrichten – und zwar basierend auf einem Grundkonsens aller Mitglieder. Dadurch wird gewährleistet, dass die Bindung der Mitglieder zur Golfanlage intensiviert wird und diese sich in eine Richtung entwickelt, die im Interesse der Mehrheit ist. Dadurch gewinnt sie auch an Attraktivität für potenzielle Mitglieder, die zur Golfanlage passen.
Die aufgezeigten Möglichkeiten sind als Anregungen zu verstehen. Für eine Implementierung geeigneter Maßnahmen empfehle ich, Schritt für Schritt vorzugehen und sich ausreichend mit der Thematik auseinanderzusetzen, um die bestmöglichen Maßnahmen für die jeweilige Golfanlage zu erarbeiten. Der Masterplan ist dann nur die logische Konsequenz, damit die Effekte nicht nur kurzfristiger Natur sind. Als Vorstand haben Sie es in der Hand, für Kontinuität zu sorgen. Erwecken Sie Ihre Vision zum Leben, wodurch Ihre Amtszeit auch zu einer persönlichen Erfüllung beiträgt, eingebettet in eine zukunftsweisende Konzeption.
Autor: Andreas W. Gross | golfmanager 3/2024