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Verständnis des Golfmarkts erbeten

Dirk Müller-Haastert zur aktuellen Lage der Golfindustrie

Vielerorts liest man derzeit von Lieferproblemen auf dem Bau, gerade Holz wird zunehmend ein rarer Rohstoff, der zudem noch stark von den USA nachgefragt und dorthin geliefert wird. 

 

Brexit und Pandemie tun ein Übriges, in zahlreichen Branchen die Regale leer erscheinen und die Preise steigen zu lassen – wer in den letzten Monaten in Baumärkten und Gartencentern unterwegs war, weiß, wovon die Rede ist. Automobil- und Zulieferindustrie klagen über Lieferengpässe und Produktionsausfälle.

 

Auch in der Golfbranche macht sich diese Entwicklung bemerkbar, beispielsweise beim Erwerb von Nützlingen für den Einsatz im Integrierten Pflanzenschutz. Wer sich derzeit nach Golfcarts, Maschinen- und/oder Ersatzteilen erkundigt, hat das Gefühl, mit einem der großen Automobilmarken (zumindest für zahlreiche Modelle) zu verhandeln.

Wir sprachen mit Dirk Müller-Haastert, Geschäftsführer von DMH Electric Mobility GmbH, und Distributeur von Yamaha-Carts in Deutschland.

 

? Herr Müller-Haastert, dass es in den vergangenen Jahren dank Unsicherheiten bzgl. Brexit-Ausgestaltung immer wieder zu Lieferengpässen kam, hatten Sie uns ja schon berichtet. Hat sich die Lage nach der Brexit-Vertragsunterzeichnung seitdem etwas entspannt?

 

! Das kann man leider nicht sagen. Der Brexit und die Pandemie verschärfen die Liefersituation enorm! In den letzten zwei Jahrzehnten sind immer wieder große Mengen gebrauchter Golfcarts aller Marken aus Großbritannien nach Zentraleuropa geliefert worden, da es sich finanziell für Zwischenhändler lohnte. Dieser Weg ist seit dem Brexit wie abgeschnitten.

Durch die Pandemie und die damit verbundenen Produktionsstopps, die unterbrochenen Lieferketten sowie die weltweite Verknappung von Containern und Containerfrachtraten – China hat die Wirtschaft übrigens bereits im Herbst 2020 wieder massiv hochgefahren – haben alle Hersteller und Händler massiv Probleme. Die Containerpreise haben sich teilweise um den Faktor sechs bis acht erhöht, was Sie auch auf internetworld.de oder kunststoffweb.de etc. nachlesen können. Die Havarie des Container-Frachtschiffes „Ever Given“ im Suezkanal im März dieses Jahres kam noch on top hinzu!

 

Betrifft dies einzelne Geschäftsbereiche mehr als andere?

 

! Bei uns betrifft es nahezu alle Geschäftsbereiche, da diese ineinandergreifen. Beispielsweise die stark verzögerte Lieferung von Neufahrzeugen bedeutet gleichzeitig den fehlenden Zugriff auf die Gebrauchten. Dann ist die Versorgung mit Ersatz- bzw. Zubehörteilen sehr schwierig. Wir wissen von unseren Geschäfts- und Handelspartnern, dass sie sich in einer ähnlich schwierigen Situation derzeit befinden. Insofern hoffen wir alle auf das Verständnis des Golfmarktes bzw. der Partner der Golf-industrie.

 

Nur ein Beispiel aus der Praxis zur Veranschaulichung: Neufahrzeuge treffen aktuell mit etwa drei bis dreieinhalb Monaten Verspätung ein, Batterielieferungen verzögern sich um zwei bis drei Monate und die Batteriepreise wurden bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr erhöht! 

 

Wirkt sich dies auch auf die Preisgestaltung aus – gerade im Baugewerbe hört man ja von steigenden Preisen?

 

! Die Preise werden meiner Ansicht definitiv steigen. Wir haben in der Vergangenheit immer versucht, die Preise stabil zu halten, aber in der aktuellen Ausnahmesituation und den  unterbrochenen Produktionen, Lieferketten, Engpässen sowie stark verteuerten Rohstoffen, wird sich das wohl nicht vermeiden lassen. 

 

Herr Müller-Haastert, vielen Dank für diesen groben Einblick in die pandemiebedingten Schwierigkeiten, mit denen die Industrie derzeit zu kämpfen hat, wir hoffen und wünschen Ihnen und Ihren Partnern und Kollegen, dass die Branche dafür Verständnis hat und werden ergänzend zu diesem Kurzinterview weitere Marktteilnehmer nach ihren Eindrücken zu Wort kommen lassen. Wir alle freuen uns daneben aber auch auf einen hoffentlich bald wieder halbwegs normalen persönlichen Kontakt – in diesem Sinne, auf bald, bleiben Sie gesund!

 

 

Zur aktuellen Lage in der der Golfindustrie gingen uns – ergänzend zu vorigem Beitrag – folgende Statements ein:


Wir haben zum Glück rechtzeitig unseren internen Fore-cast entsprechend erhöht, so dass eine Versorgung mit Toro-Beregnungsmaterial vollständig gewährleistet ist. Wir haben so die Möglichkeit, das bestellte Material noch in derselben Woche an unsere Kunden auszuliefern. Anders sieht es jedoch mit Teilen aus, die zugekauft werden müssen. In diesem Bereich spüren wir die Lieferengpässe, die maßgeblich auf Corona zurückzuführen sind. Glücklicherweise handelt es sich hierbei um ein begrenztes Produktsortiment. Wir als Toro haben jedoch immer den Anspruch, unsere Kunden mit einer hohen Lieferquote aller Beregnungsteile zu bedienen, von daher ist diese Situation für uns in der Tat schmerzhaft.

 

Auch wir haben mit massiven Preiserhöhungen zu kämpfen, die insbesondere die Rohstoffe Stahl und Kunststoff betreffen, aber auch die Transportkosten haben in manchen Bereichen eine Steigerung des fünffachen erreicht! Aus diesem Grund müssen wir einen kleinen Teil der enormen Kosten an unsere Kunden weitergeben und eine Preis-anpassung zum 01.06.2021 von 4% durchführen.


Probleme haben wir auch, aber ich denke, das Schlimmste kommt erst noch. Ich hoffe, dass es sich nicht so dramatisch auswirkt, wie die Erhöhungen zur Bankenkrise 2009/2010.

 

Etwaige Preiserhöhungen und die Verfügbarkeit für hochwertiges Saatgut werden sich voraussichtlich erst ab 2022 bemerkbar machen, teilweise auch schon dieses Jahr, speziell bei Agrostis stolonifera aus den USA. Das hängt einerseits mit schlechteren Ernten auf Grund von Trockenheit zusammen, aber auch mit weniger Anbauflächen, da viele Landwirte auf die Produktion von Biomasse umsteigen. Bei unseren Rasendüngern, Biostimulanzien und den Boden-belebenden Mikroorganismen für den Einsatz im Integrierten Pflanzenschutz haben wir aktuell keine Probleme, da wir hier sehr weit vorausplanen und produzieren lassen.

 

Ersatzteile für Golf-Carts sind zum Teil derzeit nicht zu bekommen (Lieferzeiten von mehreren Monaten), bei der Lieferung von Ersatzteilen für die Maschinen haben wir aktuell nur wenig Probleme. Aber, alles was mit Metall (Caddie-Schränke, Schilder etc.) zu tun hat, wird deutlich teurer – also auch die Ersatzteile für die Maschinen. Die Preiserhöhungen müssen wir bei unseren Kalkulationen leider an die Kunden weitergeben, was auch aktuell schon der Fall ist. Ein weiteres Problem sind die Lieferwege: Sendungen aus den USA sind im Schnitt etwa 60% teurer geworden und brauchen fast doppelt solange!


Für uns als Hersteller, Importeur und Vertriebsunternehmen hat der weltweite Rohstoffmangel, die fehlenden Containerkapazitäten und die große Nachfrage schon gewisse Auswirkungen gezeigt. Die Probleme in den Lieferketten und die damit verbundenen Preiserhöhungen der Transport- und Produktkosten haben uns neben Corona vor schwere Aufgaben in diesem Jahr gestellt. Auch der Brexit hat leider negativ dazu beigetragen. Der Abwicklungs- und Personalaufwand ist hierfür um ein Vielfaches gestiegen.

Bei uns gibt es nur einzelne Produktgruppen, die uns Schwierigkeiten bereiten, hierzu gehören beispielsweise individuell produzierte Produkte nach Kundenwunsch oder zusammengesetzte Produkte wie z.B. Schuhputzer, wo die Gestelle vorhandenen sind, aber die zugehörigen Bürsten seit Wochen nicht lieferbar sind, da kein Holz und Kunststoff hierfür lieferbar ist.

 

Unsere Basisartikel haben wir zum Glück in großen Mengen frühzeitig lagernd gehabt und sind so immer voll lieferfähig gewesen, ein enormer Vorteil, wenn man ein großes Sortiment anbietet und eine Vielzahl an Markenartikeln führt. 

 

Abschließend möchten wir anmerken, dass die Golfbranche, egal in welcher Sparte, aus unserer Sicht derzeit sehr gesund und insgesamt positiv gestimmt ist.


Ich empfinde die Situation auf dem Beschaffungsmarkt in unserer Brache (Maschinenbau) als durchaus angespannt, aber nicht hoffnungslos. Da wir mit unseren Maschinen einen Nischenmarkt bedienen, sind wir nicht in allen Bereichen von Lieferschwierigkeiten bzw. Terminverschiebungen betroffen. Es zahlt sich mehr denn je aus, dass wir unser Lieferanten-Netzwerk seit Jahrzehnten pflegen und darum in dieser Phase nicht ohne Ware dastehen. Jahrelange Loyalität macht sich eben bezahlt. Preiserhöhungen gehören mittlerweile zum Tagesgeschäft. Aktuell müssen wir noch keine Erhöhungen an unsere Kunden weitergeben. Ich bin gespannt, wie sich die Situation in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln wird.


Preiserhöhungen kommen leider mehr und mehr, sowohl im Ersatzteilbereich, als auch bei den Düngemitteln – über kurz oder lang werden diese zwangsweise auch an die Kunden weitergegeben müssen. 

 

Lieferprobleme ergaben sich bei uns bislang weniger durch Produktionsschwierigkeiten, als durch die generellen Probleme im internationalen Transportgewerbe. Containertransporte sind nach wie vor sehr schwierig, wir kämpfen mit Laufzeiten von teilweise mehreren Monaten anstatt vier bis sechs Wochen. Aber auch bei Paketdiensten wie DHL, Fedex, UPS usw. betragen die Lieferzeiten derzeit teilweise drei Wochen zu sonst drei Tagen! 

 

Der Handel mit Großbritannien gestaltet sich auch einige Monate nach dem Brexit noch schwierig. Zum Teil gibt es massive Erhöhungen der Frachtkosten durch Zollabwicklung und einige Lieferanten, die nach wie vor nicht in der Lage scheinen, zuverlässig in die EU zu liefern.


Die gegenwärtigen Probleme im Logistikbereich treffen uns als Golf Tech weltweit besonders hart.

 

Container von Fernost nach Europa kosten derzeit zehn mal so viel wie vor drei Jahren und dauern doppelt so lange! Wichtige Häfen in China sind aufgrund von Covid-19 teilweise geschlossen und bedingt durch verspätete Zulieferungen verlängern sich die Produktionsziele in gewissen Produktgruppen auf über ein Jahr! Die Nachfrage ist enorm und kann mit bestehenden Kapazitäten nicht erfüllt werden. Da wir pro Jahr mehrere hundert Container weltweit in alle Richtungen versenden und statt bisher  1.500 USD nun bis zu 15.000 USD bezahlen, ist das eine enorme Kostenbelastung.

 

Lieferungen aus den USA sind dabei weniger problematisch als in die USA, wo Container von uns teilweise über zwei Monate im Hafen von Los Angeles stehen, weil es keine Transportkapazitäten innerhalb USA gibt. Im Maschinenbereich liegen die Lieferzeit inzwischen auch bei 6-12 Monaten und beispielsweise Golfcars bekommen wir erst Mitte des nächsten Jahres wieder, bis dahin ist die Produktion voll ausgelastet.

 

Wir gehen von massiven Preiserhöhungen in 2022 aus, da sich Rohmaterialen wie Stahl und auch elektronische Teile sehr verteuert haben. Kombiniert mit den gestiegenen Transportkosten, können das die Produzenten nicht mehr kompensieren. 


Der Supply Chain und die Logistik-Probleme sind weltweit vorhanden und keiner kann sich davon ausnehmen, wobei wir den Brexit und beispielsweise die von Ihnen angesprochene Suez-Kanal-Problematik nicht direkt gespürt haben, da unsere Produkte ausschließlich aus den USA kommen. Jedoch sind wir Indirekt davon auch betroffen, da die Zulieferer von Club Car und verbaute Komponenten längere Lieferzeiten hatten. Durch feste Jahreskontrakte mit der Schifffahrt sind unsere Logistikkosten im Jahr 2021 stabil geblieben und wir konnten alle Kunden vor Preiserhöhungen bewahren, für das Jahr 2022 laufen die Verhandlungen schon und es zeichnet sich eine Preissteigerung von 3,5-5% ab. Im Großen und Ganzen haben wir es geschafft, alle Kunden-Flottenbestellungen bis zum 30.06. auszuliefern. Mit über 400 Überbrückungsfahrzeugen halfen wir unseren Kunden, in die Saison zu starten, was unter dem Strich natürlich einen wesentlichen Mehraufwand bedeutete, jedoch müssen wir auch sagen, dass unsere Kunden durch eine frühe, proaktive Kommunikation vorbereitet waren und auch viel Verständnis zeigten. Unser Einkaufsprozess für 2022 ist jetzt schon gestartet, so dass wir auch bei bleibenden Logistikproblemen für die Saison 2022 ausreichend Fahrzeuge am Lager haben werden und die fristgerechte Lieferung zum Saisonstart 2022 zusichern können.


Auch unsere Lieferketten sind durch die derzeitigen Probleme auf dem Weltmarkt betroffen. Es kommt immer wieder zu kompletten Produktionsausfällen, da unsere Vorlieferanten nicht wie geplant liefern. Ferner hat sich der Stahlpreis in den letzten neun Monaten fast verdoppelt und die Kosten für Schiffscontainer haben sich mehr als verfünffacht – von ehemals 2.000 USD auf nun mehr als 10.000 USD pro Container! Bedingt durch diese extremen Kostensteigerungen waren wir leider nicht in der Lage, die Preise zu halten und mussten einen Teil dieser Kosten als Preisanpassung in der Saison in den Markt weitergeben.


Kritische Punkte für einen erfolgreichen Nematoden-Einsatz sind das optimale Zeitfenster, die Witterungsverhältnisse und die Abstimmung zum Mengenbedarf. Unsere Kunden nutzen den direkten Kontakt zu unserer Fachberatung und stimmen alle Punkte für einen treffsicheren Einsatz ab. Die frühzeitige Planung hat sich gerade in diesen turbulenten Zeiten und bei den biologischen Produkten bewährt, so dass wir keine nennenswerten Einschränkungen in den letzten Monaten hatten.


Durch den vorrätigen Ganzjahresbestand hatten wir bislang keine Lieferengpässe in der Lagerhaltung. Kurzfristig sind auch keine Preiserhöhungen vorgesehen, die wir an Kunden weitergeben, bedingt durch die Inflation sind jedoch Preiserhöhungen zu erwarten. Aktuell gibt es Schwierigkeiten, gebrauchte Golfcar-Flotten einzukaufen, weil die Lieferungen neuer Golfcars in Europa verzögert sind.


Stand: golfmanager 3/2021

 

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