Henseleit holt erste Golf-Medaille für Deutschland
Mit insgesamt acht Schlägen unter Par nach vier Runden (72, 73, 69, 66) auf dem Golfplatz Le Golf National bei Paris, landete die 25-Jährige auf dem zweiten Platz. Olympisches Gold holte die Neuseeländerin Lydia Ko (-10), Dritte wurde die Chinesin Xiyu Lin. Den 35. Platz belegte die Berlinerin Alexandra Försterling mit insgesamt vier Schlägen über Par (76, 75, 71, 70). Mit dem Erfolg ist auch die Vision Gold, die der Deutsche Golf Verband (DGV) 2012 formuliert hat, ein ganzes Stück weit Realität geworden.
Für Esther Henseleit ging mit dem Gewinn der Silbermedaille ein Traum in Erfüllung: „Das ist alles, was ich mir Anfang der Woche erwünscht habe. Einfach unglaublich. Ich bin die erste Europäerin, die eine olympische Medaille erhält. Das ist auf jeden Fall etwas ganz Besonderes.“ Auch die Siegerehrung wird bei der Athletin nachhaltig in Erinnerung bleiben: „Unglaublich. Ich stand da oben und habe es genossen. Ich dachte am Morgen noch, dass etwas Besonderes passieren kann und dann stand ich da mit der Medaille, die wirklich sehr extrem schwer ist. Ich bin sehr glücklich und zufrieden und werde wohl ein paar Tage brauchen, bis ich das realisiere.“
Ikonischer Höhepunkt und Meilenstein der Vision Gold
Auch für den DGV ist dieser Erfolg ein besonderer. Nach der Bekanntgabe, dass Golf olympisch werden sollte, rief der DGV 2012 die Vision Gold ins Leben, deren Ziel es ist, den Leistungssport zu fördern und die Athleten auf dem Weg zu einer olympischen Medaille zu begleiten. Marcus Neumann, Vorstand Sport im DGV, freut sich, dass die damals geschaffene Struktur funktioniert: „Esther hat sich mit Hingabe und Fleiß ihre olympische Chance erarbeitet und sich mit ihrem ausgereiften, mutigen und cleveren Spiel hier in Paris die Silbermedaille verdient erkämpft. Sie hat uns alle in Golfdeutschland damit glücklich gemacht. In der Gesamtschau ist es aber auch ein Systemerfolg der Vision Gold, die nicht nur als griffiger Claim wirken soll, sondern die in ihrem Dreiklang von Wettkampf, Training und Förderung mit definierten Strukturen, Programmen und Maßnahmen unsere Athleten auf eine nun schon länger währende großartige Erfolgsreise gesetzt hat. Dabei ist dieser olympische Erfolg sowohl der vorläufige ikonische Höhepunkt als auch ein wichtiger Meilenstein in der Weiterentwicklung der konzertierten Leistungssportförderung in den Clubs und Verbänden. Vor allem gilt in diesem Umfeld den vielen kompetenten und motivierten Unterstützern unserer Athleten die gebührende Anerkennung. Unsere Talente brauchen mehr denn je top Rahmenbedingungen und bestmögliche Unterstützung. Es waren fantastische Spiele!“
Fünf Birdies auf den ersten zehn Löchern
Nach drei soliden Runden lag Henseleit auf dem geteilten 13. Platz. Die 25-Jährige setzte am Finaltag bei idealen Bedingungen früh etliche Ausrufezeichen. Fünf Birdies gelangen Henseleit auf den ersten zehn Löchern. Damit war sie mittendrin im Kampf um die Podiumsplätze. Daran änderte auch ihr einziges Bogey des Tages an Bahn 12 nichts, denn ihre Konkurrentinnen schwächelten. Etliche Spielerinnen aus den Finalgruppen, darunter auch Weltranglistenerste Korda oder Lokalmatadorin Celine Boutier, spielten in der entscheidenden Phase über Par. Henseleit ließ sich trotz der historischen Chance keine Nervosität anmerken. Sie beendete ihre Runde mit zwei Birdies und brachte eine 66 (-6) ins Clubhaus.
Nur eine Spielerin war an diesen vier Tagen in Paris noch besser als Henseleit: Lydia Ko. Die Neuseeländerin führte im Laufe der Finalrunde zwischenzeitlich mit fünf Schlägen. Sie sah früh wie die sichere Siegerin aus. Zumal Ko als zweimalige Medaillensiegerin antrat. Sowohl in Rio (Silber) als auch in Tokio (Bronze) stand sie auf dem Treppchen. Niemand zweifelte daran, dass die 27-Jährige diese goldene Medaille sicher nach Hause bringen würde. Doch auch sie strauchelte. Ein Wasserschlag auf der 13 führte zu einem Doppel-Bogey. Aber Ko stabilisierte sich, beendete die Runde mit vier Pars und einem Birdie und setzte die Bestmarke bei -10.
Stephan Morales, der Bundestrainer Damen resümiert: „Esther hat geliefert und die tiefe Runde gespielt, die es gebraucht hat. Ihr gönne ich es von Herzen. Dass wir hier mit Silber nach Hause fahren dürfen, ist ein Wahnsinns-Erfolg des gesamten Teams. Aber auch Lexi (Försterling, Anm. d. Red.) hat ein tolles Turnier gespielt. Sie ist vor eineinhalb Jahren erst Profi geworden und wirklich niemand hätte gedacht, dass sie es zu Olympia schaffen würde. Ich bin total glücklich darüber, dass sie in den letzten beiden Runden unter Par geblieben ist. Und Esther hat das gemacht, was Esther am besten kann. Sie kann die Welle reiten. Ich hoffe, dass wir dadurch einen Zulauf an Mädchen haben werden, die leistungsorientiert Golf spielen wollen. Und dass alle, ob Verbände oder Clubs, das nicht nur einmal erleben wollen, sondern weitermachen und dieses tolle Erlebnis wiederholen wollen.“
DGV