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Echter Mehltau

Bestimmung von Rasenkrankheiten

Einleitung

Immer wieder werden in Schattenbereichen weiße puderige Beläge auf den Blattspreiten beobachtet. Dabei handelt es sich um echten Mehltau an Gräsern, durch das Erscheinungsbild im englischen treffend als Powdery Mildew bezeichnet. Vor allem im Getreidebau, bei Zierpflanzen und im Obst- und Gemüsebau können erhebliche Ertragseinbußen durch Mehltaubefall entstehen.

 

Schaderreger

Gräser können vom echten Mehltau (Blumeria graminis, alte Bezeichnung: Erysiphe graminis) befallen werden. Der Pilz gehört zu den Schlauchpilzen (Ascomycota), im Gegensatz zum falschen Mehltau, der zu den Eipilzen (Erysiphacea) zählt. Echter Mehltau ist meist wirtsspezifisch (z.B. Sphaerotheca pannosa var. rosae an Rosen oder Apfelmehltau – Podoshaera leucotricha), ein obligater Pilz, der sich von lebendem Pflanzenmaterial ernährt, als Ektoparasit, also nur auf der Blattoberfläche lebt und nicht das ganze Pflanzengewebe durchdringt und an dem puderig-mehligen, weißen und leicht abwischbaren Blattbelag an der Blattoberseite zu erkennen. Im Gegensatz dazu bildet falscher Mehltau meist auf der Blattunterseite gräuliche Pilzrasen und erst in fortgeschrittenem Stadium auch auf der Blattoberseite gelbliche Flecken (z.B. falscher Mehltau am Wein – Plasmopara viticola).

 

Bei Blumeria graminis werden acht Spezialformen (f.sp.) unterschieden, die fast immer wirtsspezifisch nur eine Grasart befallen:

  • f.sp. tritici nur an Weizen (Triticum aestivum),
  • f.sp. hordei an Gerste (Hordeum vulgare),
  • f.sp. secalis an Roggen (Secale cereale),
  • f.sp. avenae an Hafer (Avena sativa),
  • f.sp. agropyri an Quecke (Agropyron spp., Elytrigia spp.),
  • f.sp. bromi an Bromus-Arten,
  • f.sp. poae an Wiesenrispe und Jähriger Rispe (Poa pratensis, poa annua),
  • f.sp. lolii an Weidelgräsern (Loilum multiflorum und L. perenne) und Knaulgras (Dactylis glomerata).

 

Damit können zwei der wichtigsten Rasengräser direkt von Mehltau betroffen sein. Infektionen wurden aber auch an Agrostis-Arten und Festuca-Arten (besonders Festuca arundinacea) gefunden.

 

Der Mehltau gilt als Schönwetterpilz. Für eine Infektion benötigt echter Mehltau im Gegensatz zu den meisten anderen Pilzen keine direkte Feuchtigkeit auf den Blättern. Die Sporen enthalten so viel Wasser, dass lediglich hohe Luftfeuchte zu ihrer Keimung ausreicht. Im Rasen werden vor allem Schattenbereiche mit typischem Elongationswuchs und etwas höherem Aufwuchs befallen. Gerade im Schatten sind auch die Luftfeuchtigkeitswerte erhöht.

 

Schadsymptome

Eine beginnende Mehltauinfektion wird leicht übersehen. Anfangs zeigen sich nur sehr kleine weiße Wattepolster auf den jungen Blattspreiten und am Blattgrund (Abbildung 1). Diese kleinen Polster wachsen sehr schnell zu dem typischen mehligen und flächigen Belag aus, der Halme, Blätter und auch Blüten überziehen kann (Abbildung 2). Mit zunehmendem Alter wird der Belag gräulich. Zum Ende der Vegetationsperiode werden kleine schwarze Punkte sichtbar ( Abbildung 3).

Befallene Grasnarben sehen aus, als ob sie mit Kalkmehl bestäubt wurden (Abbildung 4). Stark befallene Blätter werden erst gelblich, später braun und sterben ab (Abbildung 5). Durch den Befall dünnen Rasennarben aus. Nur selten sterben ganze Narbenteile ab, da der echte Mehltau sich von lebendem Pflanzenmaterial ernährt und damit auf den Wirt angewiesen ist. Durch weitere Stressfaktoren (Hitze, Trockenheit, Nährstoffmangel, weitere Infektionen) können sekundär auch flächige Schäden auftreten.

Infektionsverlauf

Die Verbreitung des Mehltaus erfolgt durch Wind auf benachbarte Pflanzen. Dabei werden sowohl Konidien als auch Ascosporen verteilt (Abbildung 6). Auf den neuen Wirtspflanzen bilden die Sporen Appressorien aus (= Haftorgane). Nach erfolgter Anhaftung dringt eine Infektionshyphe durch die Kutikula in die Epidermis und bildet zur Nahrungsaufnahme ein Haustorium (Abbildung 7). Durch weiteres Wachstum bildet sich der Pilzflor aus verfilzten, septierten Hyphen an der Blattoberfläche und kurzgestielte Konidienträger werden produziert (Abbildung 8).

Gleichzeitig werden neue Infektionsstellen gebildet. Für die Infektion wird kein Wasserfilm benötigt. Gegen Ende der Vegetationsperiode oder kurz vor dem Absterben infizierter Blätter werden im weißen Pilzbelag schwarze Punkte sichtbar. Dies sind Kleistothezien, die eigentlichen Fruchtkörper des Pilzes (Abbildung 3). In diesen werden Ascosporen für die Überdauerung im Sommer oder Winter gebildet. Auch kann eine Überwinterung durch Myzel auf lebenden Pflanzenteilen erfolgen.

 

Begünstigende Faktoren

  • Nach der Windverbreitung ist für die aktive Infektion reduzierte Luftbewegung erforderlich.
  • Trockene Blätter aber eine hohe Luftfeuchtigkeit.
  • Geringe Lichtintensität (Schattenbereiche oder langanhaltende Bewölkung).
  • Mäßige Lufttemperatur um 20 °C.

 

Langanhaltende Niederschläge oder Hitze wirken hemmend auf eine Mehltauepedemie. Durch die pilzfördernden Faktoren ist Mehltau in unseren Breiten deshalb vorwiegend auf den Frühsommer oder Herbst beschränkt und wird oft in schattigen Bereichen (unter Bäumen, Nordseiten von Gebäuden) gefunden. Da Mehltau ein obligater Parasit ist, wird durch gesteigertes Wachstum durch N-Düngung die Wirtspflanze und somit indirekt auch der Parasit gefördert.

 

Maßnahmen zur Befallsminderung/-vorbeugung

  • Auslichtung von Bäumen und Hecken für bessere Belichtung der Grasnarbe und bessere Luftbewegung. Damit wird auch die Luftfeuchtigkeit im Schatten reduziert.
  • Verwendung von mehltauresistenten Sorten. Nicht nur im landwirtschaftlichen Bereich (Lolium multiflorum, Dactylis glomerata), auch im Rasenbereich (Lolium perenne, Poa pratensis) sind gut bewertete Rasengräser mit guter Resistenz verfügbar. Die Mehltauanfälligkeit ist ein Prüfkriterium der Rasenprüfung des Bundessortenamtes.
  • Regelmäßiger Schnitt mit Abfuhr des Schnittgutes. Für Ausbreitung des Pilzflores ist grüne Blattmasse erforderlich. Deshalb Schnitthöhe nicht zu hoch wählen, aber auch nicht zu tief (Etablierung der Gräser).
  • Für Rasenflächen sind gegen echten Mehltau zurzeit keine Fungizide verfügbar.
  • Bei Trockenheit können kurze aber heftige Beregnungsgänge bei entsprechender Blattfeuchtigkeit den Pilz abwaschen oder sogar ersticken.

 

Verwendete und weiterführende Literatur

BALDWIN, N.A., 1990: Turfgrass – Pests and Diseases, STRI, Bingley, UK.

GIESLER, L.J., 2009: Powdery Mildew Disease in Turfgrass, Neb Guide, University of Nebraska, USA.

GOLDBERG, N.P., 2006: Powdery Mildew on Turfgrass, New Mexico State University, USA.

LANDSCHOOT, P., 2010: Managing Turfgrass Diseases, Penn State University.

LATIN, R.: Purdue Extension – Turfgrass Disease Profiles: Powdery Mildew, Purdue University, USA: www.agry.purdue.edu/turf/publicat.htm.

Pflanzenschutzdienst Hamburg, www.pflanzenschutz.hamburg.de.

RIMELSPACH, J.W. und M.J. BOEHM, 2010: Powdery Mildew on Turfgrass, Fact sheet, Ohio State University, USA.

SCHUBIGER, F., 2012: Echter Mehltau an Gräser, www.pflanzenkrankheiten.ch .

SMILEY, R. et al., 2005: Compendium of Turfgrass Diseases, 3. Auflage, APS Press, USA.

SYNGENTA, 2010: Rasenkrankheiten – erkennen und vermeiden.

 

Autor: Wolfgang Henle | Greenkeepers Journal 02/2013

 

* Bitte beachten Sie: Der Beitrag stammt aus dem Greenkeepers Journal 2/2013. Die Liste der zur Befallsminimierung und Bekämpfung angegebenen Pflanzenschutzmittel ist u.U. nicht mehr aktuell und sollte unbedingt vor einem Einsatz überprüft werden! Der Verlag übernimmt keine Gewähr für Aktualität, Korrektheit und Vollständigkeit der aufgeführten Informationen.


Aktuell zugelassene und genehmigte Pflanzenschutzmittel für die Anwendung auf Golfplätzen finden Sie auf den Websites des GVD unter bit.ly/2uU6FPQ bzw. des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter bit.ly/2uC0btm.

 

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