Login

Verletzungen durch passendes Equipment vermeiden

Golf&Gesundheit

Gleich, welchen Sport ein Mensch betreibt, es gibt nahezu immer zwei Grundregeln, damit der Mensch seiner sportlichen Betätigung möglichst lange nachgehen kann:

 

  1. Vor Beginn gründlich aufwärmen, damit der gesamte Bewegungsapparat bereit ist für die körperliche Anstrengung und
  2. sollte man den Sport möglichst mit dem passenden Sportgerät ausüben.

 

Schaut man jedoch auf die Golfanlagen dieser Welt, stellt man schnell fest, dass die erste Regel nicht immer eingehalten wird, vor allem reine Freizeitgolfer gehen gerne vom Parkplatz direkt zum ersten Schlag. Doch auch bei der Wahl des passenden Sportgeräts zeigen sich erstaunliche Lücken. Wer schon einmal mit Langlauf­skiern auf alpinen Hängen unterwegs war, weiß, wie wichtig das jeweils passende Equipment ist – denn umgekehrt macht Langlauf mit Alpinskiern auch deutlich weniger Spaß. Nun sollte man meinen, dass Golfer auf das für sie „richtige“ Sportgerät achten, doch die Praxis spricht eine andere Sprache. Wer sich auf den verschiedenen Golfmessen in Deutschland umsieht, entdeckt zahlreiche Schnäppchenjäger, die bekannte Modelle großer Hersteller kaufen, ohne dass diese hinsichtlich ihrer Eignung für den jeweiligen Golfer geprüft werden. Das ist geradezu so, als ob man beim Kauf eines Anzugs nur auf die Farbe und den Stoff achten würde, aber die Konfektionsgröße außer Acht ließe. Bereits 2011 veröffentlichte das US-amerikanische Golf Magazine die Ergebnisse einer Studie zum Thema Fitting. Die beiden wichtigsten Ergebnisse damals: Golfer, die ihre Schläger auf Basis eines Fittings gekauft haben, waren mit den neuen Schlägern zufriedener und erfolgreicher. Aber, rund 70% aller ambitionierten Golfer haben ihre Schläger ohne Fitting gekauft, nur 11% konnten auf die Ergebnisse eines dynamischen Fittings zurückgreifen! Mitte 2017 hat das Magazin erneut eine Studie zum Thema Fitting durchgeführt, dieses Mal gemeinsam mit Club Champion, einem der größten Fittingunternehmen in den USA. Auch diese Studie hat die Ergebnisse von 2017 nochmals bestätigt.

 

Nun könnte man süffisant folgern, dass eines der wichtigsten Tools für besseres Golf wohl eine Kreditkarte sei, mit der man sowohl das Fitting, als auch die daraus resultierenden neuen Schläger bezahlen könne. In diesem Beitrag geht es jedoch weniger um die Steigerung der golferischen Performance durch gefittete Schläger (diese wird quasi zum sehr angenehmen Begleiteffekt), sondern um einen weiteren wichtigen Aspekt: die Gesundheit des Golfers! Denn obwohl niemand auf die Idee käme, mit Schuhgröße 45 lieber den deutlich günstigeren Schuh der Größe 39 zu kaufen und zu tragen, scheinen die Auswirkungen des Equipments auf die Gesundheit des Golfers noch nicht ausreichend gewürdigt zu werden. Top-Trainer Mike Adams hat in seinem Interview im golfmanager 5/17 bereits auf die Bedeutung eines Fittings hingewiesen: Nur ein zum individuellen Schwung passender Golfschläger unterstützt das eigene Spiel, das Fitting solle daher auch keine Schwungfehler korrigieren, sondern den individuellen Schwung unterstützen. Eine fundierte Ursachenforschung, warum dennoch so viele Golfer auf ein Fitting und auf ihren Schwung abgestimmte Schläger verzichten, fehlt bisher. Eine Ursache mag daran liegen, dass Golfschläger immer öfter nicht mehr direkt beim örtlichen Golflehrer in dessen Pro-Shop gekauft werden, sondern gerne über das Internet – und hier dominieren bekanntlich große Marken und der Preis.

Dennoch, gerade unter gesundheitlichen Aspekten ist die Nutzung der richtigen Schläger unverzichtbar. Traditionell wurde Fitting von den Golflehrern vor Ort durchgeführt, die passenden Schläger gab es dann auch gleich über den Pro des Vertrauens in dessen Pro-Shop. Ein Blick in die Golfhistorie zeigt, dass gerade dieses Modell früher weit verbreitet war, sind doch renommierte Golfer wie Old Tom Morris nicht zuletzt auch als Clubmaker, also als „Schlägerbauer“, bekannt gewesen. Heute gibt es Fittings unter anderem bei großen Vertriebsorganisationen wie Golfhouse, der G6-Gruppe oder im Ladengeschäft großer Online-Anbieter, aber auch einige Hersteller wie Titleist oder Mizuno bieten eigene Fittingmöglichkeiten. Zusätzlich gibt es natürlich Hersteller-unabhängige Fitter im gesamten Bundesgebiet. Während die großen Vertriebsketten und die Hersteller sowohl gefittete als auch ungefittete Schläger verkaufen, wählen andere Anbieter wie Edelmetall und BiG einen anderen Ansatz: Ihre Schläger gibt es ausschließlich in Verbindung mit einem Fitting.

Im Rahmen eines Besuchs in der GolfLounge Hamburg sprach der golfmanager mit Tim Tippelt, Head of Fitting bei Edelmetall, über die Einflüsse des Fittings auf die Gesundheit der Golfer.

? Welchen Einfluss haben Golfschläger generell auf das Thema „Golf und Gesundheit“?

 

! Sowohl für Profis als auch für Amateure geht es – neben dem sportlichen Erfolg – darum, sich bei seinem Sport nicht zu verletzen. Die Schläger haben hier einen großen Einfluss. Den für alle Golfer perfekten Schläger gibt es jedoch leider nicht. Daher ist es wichtig, für jeden Spieler die individuell richtige Kombination aus persönlichem Schwung und passendem Equipment zu finden.

 

? In welchem Umfang können gefittete Golfschläger dazu beitragen, den Golfer vor Verletzungen zu bewahren?

 

! Wer den Ball immer perfekt trifft, wird eher weniger Probleme feststellen. Aber gerade im Amateurbereich sind schlechte Treffer ein wichtiges Thema. Die von vielen Anbietern gerne in den Vordergrund gestellte Fehlerverzeihung von Schlägern ist unter gesundheitlichen Aspekten nicht entscheidend: Ein schlechter Schlag wird den Körper und Muskel­apparat immer stärker belasten als ein sauberer Treffer.

 

? Lässt sich dies alleine mit dem richtigen Schlägerkopf erreichen?

! Nein, der Kopf ist nur ein Teil des Gesamtpakets. Genauso wichtig sind der Griff, der Schaft und nicht zuletzt die Gewichtsverteilung innerhalb dieser Komponenten.

 

? Kann man generelle Aussagen treffen, welche Schlägerart wie Blades, Muscle-Back oder Cavity-Back und welcher Schaft für die Golfer-Gesundheit am besten ist?

 

! Grundsätzlich gibt es hier weder besonders gesunde noch ungesunde Komponenten. Die Frage ist immer, wie gut und konstant ein Golfer den Ball trifft. Schwere und harte Schäfte verursachen bei Fehltreffern mehr Probleme. Sind Schaft und Schläger zu schwer, werden im Schwung oft die falschen Muskeln benutzt, was häufig zu Verspannungen führt. Von daher ist beim Schaft oft das richtige Gewicht viel entscheidender als die Frage „Stahl oder Grafit“.

 

? Mike Adams fordert, dass ein Fitting keine Schwungfehler korrigieren solle, sondern den natürlichen Schwung des Golfers unterstützen müsse. Wie sieht dies Edelmetall, wie wird dies im Rahmen der Fittings berücksichtigt?

 

! Wir führen unsere Fittings in der Regel in enger Abstimmung mit dem örtlichen Golflehrer des Spielers durch. Aus diesem Grund sind wir mit unseren Fahrzeugen auch das gesamte Jahr über bundesweit unterwegs, wir bieten das Fitting nicht nur an unserem Standort in der GolfLounge Hamburg an. Golfer und Pro sollten mit einem konkreten Ziel in unser Fitting kommen. Der Pro ist für den „richtigen“ Schwung zuständig, wir sorgen dafür, dass Schwung und Ziel bestmöglich durch die passende Hardware unterstützt werden.

 

? Kann ein Hersteller-gebundenes Fitting dies immer leisten?

 

! Natürlich ist bei einem Hersteller-gebundenen Fitting die Auswahl gegenüber einem unabhängigen Fitting begrenzt. Entscheidend ist jedoch nicht die Anzahl der Modelle, sondern die Breite des Angebots und die Variationsmöglichkeiten. Von daher können wir für sehr viele Golfer den passenden Schläger bauen – sollte aber tatsächlich einmal keines unserer Modelle passen, stehen wir dazu. Ein nicht passender Schläger führt letztlich zu einem unzufriedenen Golfer und zufriedene Kunden sind eines unserer wichtigsten Marketinginstrumente.

 

? Warum wird Fitting so oft vom regulären Training getrennt? Wäre es nicht sinnvoller, Daten über einen längeren Zeitraum in Zusammenarbeit mit einem Pro zu sammeln und dann darauf abgestimmt die richtigen Schläger auszuwählen?

 

! Genau aus diesem Grund arbeiten wir sehr eng mit den örtlichen Golflehrern zusammen. Wir haben inzwischen über 30 Partneranlagen im ganzen Bundesgebiet. Der Pro organisiert den Fitting-Termin, das Fitting selbst wird immer von einem unserer Spezialisten durchgeführt. Natürlich partizipiert der Pro am Verkaufserfolg eines solchen Fittings. Auch mit dem Hamburger Golfverband haben wir eine sehr enge Kooperation, hier führen wir regelmäßig Kaderfittings gemeinsam mit den Landestrainern durch.

 

? Wie leicht oder schwer ist es für einen kleinen Hersteller, sich im Wettbewerb zu den großen Anbietern wie Callaway, TaylorMade oder Ping zu behaupten?

 

! Natürlich können wir nicht mit den Marketingetats der Big Player konkurrieren. Andererseits nutzen wir einen komplett anderen Ansatz: Wir sind eine Golfschläger-Manufaktur, kein Massenproduzent. Alle Schläger werden individuell von Hand gefertigt – schon alleine deshalb ist unsere Kapazität limitiert. Im Gegenzug dazu gibt es bei unserer Hardware auch keine hohen Fertigungstoleranzen.

 

? Lässt sich ein solches Konzept beliebig skalieren?

 

! Unser Fertigungsteam, in dessen Mittelpunkt Paul mit mehr als 30 Jahren Erfahrung im Golfschlägerbau sowie Philipp mit abgeschlossenem Ingenieursstudium stehen, ist natürlich nicht beliebig erweiterbar. Von daher limitiert unser Konzept auch die Skalierbarkeit, keine Frage.

 

? Wie kann ein eher kleinerer Hersteller wie Edelmetall dann auf die Vorgehensweise der Big Player reagieren, teilweise mehrere neue Schlägervarianten pro Jahr auf den Markt zu werfen?

 

! Wir wollen diesen Trend ganz bewusst nicht mitgehen – gerade gefittete und auf den individuellen Schwung des Golfers abgestimmte Schläger müssen nicht binnen weniger Monate ersetzt werden. Auch unter gesundheitlichen Aspekten ist dies nicht erforderlich, denn wir achten bei jedem Fitting darauf, dass am Ende ein zu den individuellen Schwungvoraussetzungen des Spielers passendes Produkt steht.

 

? Bietet dies auch wirtschaftliche Vorteile?

 

! Die einjährigen oder gar unterjährigen Produktzyklen großer Anbieter führen letztlich zum hausgemachten Branchenproblem der ständigen Rabattierung. Einen solchen Preiswettbewerb können wir als Manufaktur gar nicht gehen. Wir beobachten allerdings auch im Golfsport einen Trend zu mehr Qualität, Handwerk und Nachhaltigkeit. Daher sind wir zuversichtlich, dass unser Konzept auch in Zeiten, in denen viele Große schwächeln, uns eine dauerhafte Marktpositionierung ermöglicht.

 

? Und welche Vorteile hat der örtliche Pro oder Pro-Shop bei diesem Konzept?

 

! Weder Pro noch Pro-Shop benötigen eine Vororder oder ein Lager, auch das Fitting-Equipment wird durch uns gestellt, wie auch der Fitter selbst. Die gesamte Angebots- und Auftrags­abwicklung erfolgt durch uns, auch bei möglichen späteren Fragen übernimmt unser Kundenservice die Betreuung der Golfer. Der Golflehrer hat somit deutlich weniger Aufwand und Kosten, trotzdem kann er seine Schüler gemeinsam mit unseren Experten vor Ort betreuen. Dadurch stellen wir auch sicher, dass Trainingskonzept und Ausrüstung stets miteinander in Einklang stehen. Und die Golfer können mit den für sie individuell ermittelten Schlägern ihren individuellen Schwung optimal unterstützen und negative gesundheitliche Folgen aufgrund falschen Materials vermeiden.

 

Herr Tippelt, wir danken Ihnen sehr herzlich für dieses Gespräch.

 

Das Gespräch führte unser Autor ­Michael Althoff | golfmanager 06/2017

 

Zwei 360-Grad-Aufnahmen aus der Fertigung (Panono 1) bzw. dem Fitting-Room (Panono 2) finden Sie unter den nachstehenden Links:
Panono 1: http://bit.ly/2jQrWtZ
Panono 2: http://bit.ly/2zwZ4xF

 

<< zurück