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Golf und Wein in Nord-Kalifornien

Bislang wenig genutztes Marketing-Potenzial

Golfer gelten allgemein als Genussmenschen – davon zeugt nicht zuletzt die liebevolle Bezeichnung „Loch 19“ für die Gastronomie auf Golfanlagen. Viele Golfanlagen nutzen diese Kombination bereits als Mehrwert im Marketing, zudem kombinieren viele Turniere und sonstige Events das Thema Golf und Kulinarik erfolgreich. Doch obwohl Deutschland einige der besten und bekanntesten Weinregionen Europas bietet, wird in der Vermarktung das Potenzial einer regelmäßigen Kombination aus Golf und Wein nur selten ausgeschöpft. Schaut man beispielsweise auf die Webseiten bekannter Weinregionen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, dem Saarland oder Bayern, fehlen Hinweise auf Golfangebote meist komplett. Umgekehrt scheint es, analysiert man die Informationen vieler Club-Webseiten, wenig Kooperationen zwischen Golfanlagen und Weingütern zu geben – zumindest werden diese kaum aktiv beworben. Interessanterweise wird auch im Nachbarland Frankreich, sowohl im Elsass, als auch beispielsweise im Burgund, die Kombination aus Golf und Wein kaum aktiv vermarktet. Auch in Australien und Neuseeland sind entsprechende Vermarktungskooperationen sehr selten. Selbst bei Reiseveranstaltern wird die Kombination nur selten angeboten. Im Rahmen einer Vor-Reise zur diesjährigen PGA-Show in Orlando und zu Pebble Beach hat der golfmanager daher das Angebot in einer der bekanntesten und besten Weingegenden der Welt – und zugleich einem der mitgliederstärksten Golfmärkte – analysiert und dabei manch Bekanntes, aber auch Neues entdeckt.

In Nordkalifornien sind vor allem die Regionen rund um Carmel und natürlich das Napa-Valley für seine ausgezeichneten Weine bekannt. Zugleich gibt es dort eine große Vielfalt an Golfanlagen, manche gar in direkter Nachbarschaft zu den örtlichen Weinbergen. Die in Europa vielleicht bekannteste Symbiose aus Golf und Wein wurde im Rahmen der diesjährigen KLM Open im niederländischen Cromvoirt sichtbar. Austragungsort Bernardus ist auch nahe Carmel zu finden, dort jedoch nicht mit einer Golfanlage, sondern mit dem eigenen Weingut und der luxuriösen Bernardus Lodge. Die Kombination aus Golf und Wein folgt hier somit dem Prinzip der Markenführung – und natürlich kann der ausgezeichnete Wein nicht nur vor Ort im Weingut verkostet werden (für Gruppen können Weinproben samt Verpflegung gebucht werden, auch ein Raum zu Ehren von Firmengründer Bernardus Pon ist zu sehen), sondern auf der Anlage in den Niederlanden auch erworben werden. Selbstverständlich wurden die edlen Tropfen im Rahmen der KLM Open auch an einem eigenen Stand angeboten. Neben den weißen und roten Gewächsen hat man die Marke inzwischen um einen Rosé (der aktuell immer beliebter wird) erweitert, der jedoch in der Provence angebaut wird.

Golf und Wein aus einer Hand

Wer die Kombination aus Golf und Wein aus einer Hand sucht, wird bei Wente Vineyards fündig. Das Unternehmen in Familienbesitz hat sich sowohl in Sachen Wein, als auch mit seinem Golfplatz einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet. Seit 1883 wird Wein angebaut, damit ist Wente das älteste, durchgehend familiengeführte Weingut der USA, wie Tournament und Assistant Golf Operations Manager Troy Cole gegenüber dem golfmanager erklärt. Der Golfplatz kam 1998 dazu. Der Tastingroom des Weinguts und die Golfanlagen befinden sich auf dem gleichen Grundstück, wer zum Golfplatz fährt, kommt daher direkt an der Einfahrt an der Tasting Lounge vorbei. Obwohl unabhängig betrieben, teilen sich beide Geschäftszweige eine gemeinsame Marketingabteilung. „Viele Golfer, die uns besuchen, nutzen die Möglichkeit, ihren Besuch bei uns mit einer Weinprobe zu verbinden“, erklärt Cole die Synergien. Das Spektrum reicht dabei von Paaren bis hin zu Gruppen, auch in Verbindung mit Reiseanbietern. Kooperationen mit anderen Golfanlagen bestehen in der Vermarktung nicht – hier tritt jede Anlage als Einzelkämpfer auf, auch international. Nicht zuletzt aufgrund der Wechselwirkung zwischen der Golfanlage und den angrenzenden Weinbergen spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle, die Anlage ist Audubon-zertifiziert. Mit der Kombination von Golf und Wein konnte sich das Unternehmen vor allem in der Region einen ausgezeichneten Ruf erarbeiten. Eine stärkere Ausdehnung auf Gäste anderer US-Regionen und den internationalen Markt wird angestrebt. „Unsere Kombination aus Wein und Golf ist in gewisser Weise einzigartig und wir bieten den Besuchern ein wunderbares Erlebnis zu einem weitaus günstigeren Preis als die berühmten Plätze in der Gegend um Monterey“, so der Manager.

 

Der Wein als Namensgeber einer Anlage

Rund eine Autostunde nordwestlich von Wente Vineyards liegt eine weitere Anlage, welche den Wein direkt in ihrem Namen trägt. Der „Chardonnay Golf Club“ liegt eingebettet in rund 150 Hektar Weinberge – doch laufen Golfbetrieb und Weinbau völlig unabhängig voneinander. Der ursprünglich 36 Bahnen umfassende Platz wurde nach einer Insolvenz vor vielen Jahren in zwei unabhängig voneinander operierende und unterschiedlichen Besitzern gehörende 18-Löcher-Anlagen aufgespalten. Der Chardonnay Golf Club gehört zur Gruppe um Lavender Wine. Diese nutzt zwar einige der um die Golfanlage herum angelegten Weinberge selbst, aber auch andere Winzer züchten hier ihre Reben. Das Zusammenspiel zwischen Golf und Wein zeigt sich hier vor allem bei der Platzpflege, um Verunreinigungen – vor allem hinsichtlich Pestiziden und Düngern – zu vermeiden. „Wir arbeiten eng mit den Verantwortlichen für die Weinberge zusammen, tauschen uns regelmäßig aus und richten unsere Platz-pflegerischen Aktivitäten danach aus“, sagt Bob Becker, General Manager des Chardonnay Golf Clubs. Die Anlage ist Audubon-zertifiziert und unterstützt zudem nicht weniger als fünf lokale Umweltprogramme. In der Vermarktung gehen Golf und Wein jedoch getrennte Wege. Inhaber von Jahresspielrechten (klassische Mitgliedschaften werden nicht angeboten) erhalten im Tasting Room von Lavender Vineyards einen Nachlass. Ansonsten spielt Wein jedoch in der Vermarktung eine untergeordnete Rolle. „Wir haben dieses Thema mit unseren Partnern von Lavender Wine diskutiert und sind uns einig, dass eine Bar auf einem Golfplatz kein Verkostungsraum ist. Obwohl wir also von fantastischen Trauben umgeben sind, bevorzugen die meisten unserer Besucher ihre Biere und Liköre – oder Weine vom unteren Ende der Preisskala. Natürlich beziehen wir Wein in unsere Dinner-Angebote, Hochzeiten und Bankette mit ein, aber keine unserer Aktivitäten ist ausschließlich auf Wein ausgerichtet“, so der Manager. Deutlich wichtiger sind für den Club neben den Runden der Gastspieler die zahlreichen Turniere – jährlich werden mehr als 11.000 Turnierrunden gezählt. Vertriebspartnerschaften mit anderen Golfanlagen der Region bestehen nach Auskunft des Managers nicht – Gründe dafür sind auch ihm nicht bekannt, es scheint eher eine historische Entwicklung zu sein. Um das internationale Geschäft anzukurbeln, setzt der Chardonnay Golf Club, neben der Fortsetzung einer Qualitätsstrategie, daher auf eigene Partnerschaften. Jüngster Coup: eine Partnerschaft mit einem koreanischen Unternehmen.

 

Keine Qual der Wahl: Bier oder Wein

Der Northwood Golf Club, nördlich von San Francisco, ist ebenfalls ein typischer Familienbetrieb. Gaylor Schaap legt Wert auf die Bezeichnung „Owner-Operator“, denn anders als reine Eigentümer legt er besonderen Wert darauf, auch das Tagesgeschäft der Anlage zu leiten. Zudem ist der rührige Unternehmer Vorstandsmitglied der NGCOA (National Golf Course Owners Association). Vom Standort her ist seine Anlage dem Thema „Bier“ fast näher als dem Wein, denn die benachbarte Russian River Brewery zählt unter Experten zu den besten des Landes. Doch auch Weinfreunde werden im Northwood Golf Club fündig. Für sie wurde eigens das Programm „Wine and Nine“ aufgelegt – denn der Northwood Golf Club ist eine 9-Löcher-Anlage. Bei diesem Programm organisiert der Club für Gäste unterschiedlichster Gruppengrößen nach der Runde Weinverkostungen in verschiedenen Weingütern, unter anderem dem nur wenige Kilometer entfernten Weingut Korbel. Dennoch: Das Marketing basiert hier auf zwei anderen Faktoren. Da ist zum einen der Platzarchitekt: Kein geringerer als Alister MacKenzie hat diese Juwel im Norden San Franciscos entworfen. „Das Erbe von Alister MacKenzie stellt unseren Platz auf ein höheres Niveau für Leute, die unseren Platz spielen wollen“, sagt der Eigentümer-Betreiber, „außerdem bietet es Gästen und Mitarbeitern Gesprächsstoff“. Dazu trägt sicherlich auch bei, dass die Anlage unter die 30 besten 9-Löcher-Anlagen der USA gewählt wird. Das zweite, außergewöhnliche Merkmal des Platzes ist sein riesiger Bestand an Redwood-Bäumen, welche die Spielbahnen einrahmen und dem Platz so den Spitznamen „Knock­wood“ eingebracht haben. Internationale Bekanntheit erlangte der Platz vor allem durch das Video „Jaw Dropping Course of 10.000 Redwoods“ des berühmten YouTubers Erik Anders Lang. „Es hat unseren Kundenstamm verändert! Es ermöglichte uns, der Welt zu sagen, wer wir sind und was wir tun. Und es ist viel glaubwürdiger als gekaufte Werbung“, reflektiert Schaap im Gespräch mit dem golfmanager. Doch ein wesentlicher Erfolgsfaktor bleibt das Engagement der Familie und des Eigentümers, aktuell bereits in der vierten Generation. Auch Schaaps Sohn Trevor arbeitet bereits auf der Anlage, die Fortsetzung der Familien-Erfolgs­story scheint somit gesichert. Liebe zum Job und Leidenschaft sind für Gaylord Schaap wichtige Voraussetzungen. Oder, wie er es zusammenfasst: „Wir danken unseren Kunden, die es uns über die vielen Jahre hinweg ermöglicht haben, unseren Traum zu verwirklichen!“

 

Fazit

Wer Golf und Wein kombinieren möchte, ist auf Eigeninitiative angewiesen. Dabei profitieren Reiseorganisatoren – gleich, ob für eine Gruppe oder für Individualreisende – vom riesigen Angebot der Region. Viele Weingüter sind perfekt auch auf Kleingruppen eingestellt, zudem gibt es eine große Vielfalt an Tasting Lounges, so dass nicht nur unterschiedliche Wein-, sondern auch Design-Geschmäcker angesprochen werden. Gerade für Gruppen sehr gut geeignet und zudem sehr modern ist das Angebot bei Clos du Val, das mehrfach für seine Produkte ausgezeichnet wurde. Wer hingegen auch auf Prickelndes nicht verzichten möchte, kann die kulinarische Brücke zwischen Europa und den USA schlagen: Die Domaine Carneros ist der US-Ableger des französischen Champagner-Hauses Taittinger, An- und Ausbau erfolgen somit in bester französischer Tradition. Auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist die Kombination aus Golf und Wein im Marketing offensichtlich eher begrenzt, nur wenige Golfanlagen nutzen das Potenzial einer gemeinsamen Vermarktung – mehr noch: Selbst im Golfbereich operieren die Anlagen eher als Einzelkämpfer.

Autor:  Michael Althoff | golfmanager 3/2023

 

 

Weitere Informationen sowie Fotos zu den oben vorgestellten Golfanlagen:

 

 

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