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Mehr Fokus auf Frauen im Golfsport

Individuelle Ansprache für Damen lohnt

Blickt man auf die Zuschauerzahlen vor Ort und bei TV-Übertragungen, weist Golf starke Parallelen zu anderen Sportarten wie Fußball oder Tennis auf: Zwar gibt es in nahezu allen publikumswirksamen Sportarten Ligen für Damen und Herren, aber das öffentliche Interesse gilt vor allem den Herren. Das zeigt sich nicht zuletzt bei den Zuschauerzahlen der Profi-Golfturniere in Deutschland, wo eine BMW International Open der Herren ein Vielfaches der Zuschauer des Amundi German Masters erzielt. An den sportlichen Erfolgen kann es kaum liegen, denn sowohl im Fußball als auch beim Golf konnten die Damen in den vergangenen Jahren mindestens gleich gute Ergebnisse erzielen wie ihre männlichen Kollegen, oft schnitten sie sogar besser ab. Der Niederländische Golfverband NGF hat sich zum Ziel gesetzt, in den kommenden Jahren gleich viele Damen wie Herren als Mitglieder zu haben – und fördert daher konsequent jährlich sowohl ein Turnier der DP World Tour als auch der LET. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wies Deutschland in den letzten Jahren stets einen hohen Anteil an Frauen unter den DGV-registrierten Mitgliedschaften aus. Allerdings ist dieser seit mehr als zehn Jahren rückläufig, wie Grafik 1 zeigt.

Anzahl der Golferinnen im Sinkflug

Auffällig ist der kontinuierliche Abwärtstrend. Eine tiefergehende Analyse zeigt, dass der Negativtrend nicht nur beim Anteil an den DGV-registrierten Mitgliedschaften anhält, sondern auch bei der absoluten Anzahl weiblicher Golfer. Im Zeitraum von 2012 bis 2023 nahm die Anzahl der Golferinnen im DGV nur in den Corona-Jahren 2020 bis 2022 zu, ansonsten sank die Anzahl jährlich. Zudem ist selbst in den Wachstumsjahren der Zuwachs bei den weiblichen Golfern unter denen ihrer männlichen Kollegen geblieben, vor Corona sank die Anzahl der im DGV organisierten Golferinnen auch in Jahren mit einem Gesamt-Mitgliederwachstum. 2023 fiel der Rückgang bei den Damen erneut höher aus als insgesamt – Details zeigt Tabelle 1.

Andererseits erkennt man gerade international, dass die Branche verstärkt Wert auf Damengolf legt. Das zeigt sich beispielsweise im Bekleidungssektor, in dem auf der jährlichen PGA-Show in Orlando immer mehr Anbieter entweder exklusiv auf Damenkollektionen setzen oder diese ausbauen. Lediglich im Bereich der Hardware, vor allem bei Golfschlägern, hinkt der Anteil von Angeboten für Damen der Produktpalette für Herren deutlich hinterher. Vor allem in den USA und in Asien rückt insbesondere der von Elisa Gaudet gegründete „Women’s Golf Day“ das Thema „Damen im Golfsport“ immer stärker in den Blickpunkt – nicht nur in Bezug auf weibliche Golferinnen, sondern auch für mehr Einfluss für Frauen im Golfsport insgesamt, inklusive im Management. In Deutschland versprach man sich einst ein kontinuierliches Wachstum bei den Damen, wurde doch die Austragung des Solheim Cup 2015 in St. Leon Rot mit hoher öffentlicher Wahrnehmung und sogar Übertragung im Free-TV durch SWR/ARD zurecht als großer Erfolg gefeiert. Doch schon die Austragung der ISPS Handa European Masters im ebenfalls nicht minder renommierten Golfclub Hubbelrath sorgte vor allem im Hinblick auf Zuschauer- und Medieninteresse für Ernüchterung (s. dazu den Beitrag im golfmanager 5/16 oder online auf gmgk-online.de). Auch die mit respektablem Zuschauerinteresse ausgetragene Unicredit Ladies German Open konnte bis heute nicht wiederbelebt werden. Mit dieser Entwicklung steht Golf im Widerspruch zur Gesamt-Bevölkerungsentwicklung. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass die weibliche Bevölkerung in Deutschland im Zeitraum 2012 – 2023 kontinuierlich gewachsen ist. Zwar fiel auch hier das Wachstum bei den männlichen Einwohnern, vor allem bis 2015, etwas stärker aus, insgesamt liegt der Anteil der weiblichen Bevölkerung in Deutschland seit 2015 recht stabil bei rund 50,7 % der Gesamtbevölkerung. Somit ist nicht nur der Anteil der Golferinnen an den DGV-registrierten Mitgliedschaften rückläufig, auch die Durchdringung der Bevölkerung – also der Anteil der Golf-spielenden Einwohner Deutschlands – ist bei den Damen rückläufig. Einen genauen Überblick über die Bevölkerungsentwicklung gibt Tabelle 2.

Mehr weibliche Fach- und Führungskräfte erforderlich

Bei den Beschäftigten war Golf über viele Jahrzehnte, vor allem bei Führungspositionen im Haupt- und Ehrenamt, deutlich männlich geprägt. Wer die Golfszene aufmerksam beobachtet, stellt jedoch fest, dass in letzter Zeit ein Wandel eingesetzt hat. Immer mehr Frauen erobern Führungspositionen in den Golfanlagen – dennoch ist ihr Anteil sicherlich ausbaufähig. Auch im Greenkeeping trifft man immer häufiger auf Frauen, allerdings ist der Anteil weiblicher Führungskräfte hier noch ausbaufähiger als im Management. Mehr Frauen für die Golfbranche zu gewinnen, ist daher nicht nur gesellschaftliche Verpflichtung im Zeitalter der Gleichberechtigung, sondern auch wirtschaftliche Notwendigkeit. Das gilt nicht nur für das Golfspiel, sondern auch für den Bereich Mitarbeiter und Führungskräfte. Nahezu alle Aufgabenbereiche im Golf eignen sich auch für weibliche Mitarbeiter. Das gilt nicht nur für Jobs im Sekretariat, sondern auch im Greenkeeping oder der Golfakademie. Die vielfach sehr kurze Ausbildungszeit – beispielsweise zur Golfsekretärin – und die mit ein bisschen gutem Willen durchaus flexibel gestaltbaren Arbeitszeiten, bieten gute Optionen, die auch Teilzeitkräften entgegenkommen. Auffällig ist der im Vergleich zur Gesamtbevölkerung geringe Anteil an weiblichen Führungskräften. Dabei gibt es nicht nur in Deutschland längst nicht nur ausgezeichnete Betreiberinnen und weibliche Manager, sondern auch Head-Greenkeeperinnen. Auch international erobern immer mehr Frauen Führungspositionen, wie nicht zuletzt die Geschäftsführerin von Bernardus Golf in den Niederlanden, Sabine Riezebos, und Lara Aris als Superintendent des letztjährigen Ryder Cup-Austragungsorts Marco Simone über viele Jahre unter Beweis gestellt haben. Gerade angesichts des immer wieder beklagten Fachkräftemangels sollte sich die deutsche Branche verstärkt mit der Frage auseinandersetzen, wie sie dieses Potenzial künftig noch besser nutzen kann, sowohl über Teilzeit- als auch Vollzeitstellen.

Der Einfluss der Damenwelt auf die Golfbranche wächst weltweit. Wo es früher noch hieß „no ladies, no dogs“, hat weltweit zum Glück ein Umdenken eingesetzt. Der renommierte Muirfield Golf Club in Edinburgh konnte sich durch die Öffnung für weibliche Mitglieder gerade noch vor der Streichung von der Rota retten. Auch Augusta National, Heimat des Masters und einziger fester Major-Austragungsort, führt längst auch weibliche Mitglieder. Dennoch: Der Ausbau des Anteils weiblicher Golfer sowie Fach- und Führungskräfte erfordert mehr als einen regelmäßigen Ladies Day im lokalen Golfclub oder eine Stellenausschreibung mit Gender-Variation der ausgeschriebenen Position. Wichtig ist, die besonderen Anforderungen dieser Zielgruppe zu erkennen und in das Angebot einzubinden. Denn unbestritten sind Damen auch wirtschaftlich ein zunehmend wichtiger werdender Faktor für die Golfbranche. Bei der Bekleidung legen viele männliche Golfer vor allem Wert auf Bequemlichkeit und Haltbarkeit, während die Damen deutlich mehr Wert auf modische Bekleidung und selbstverständlich auch farblich passende Kombinationen von Kopf (Cap oder Visor) bis Fuß (Schuhe auf und abseits der Runde) legen.

Golferinnen & Co. als Wirtschaftsfaktor

Der golfmanager wird daher in den folgenden Ausgaben über die verschiedenen Branchen- und Berufsverbänden der deutschen Golfszene berichten – mit einer kurzen Analyse zum Status weiblicher Golfer und Mitarbeitenden, aber vor allem mit Blick auf die Frage, wie der weibliche Anteil künftig erhöht werden soll. Dabei werden verschiedene Aspekte beleuchtet, unter anderem auch der Einfluss auf die wirtschaftliche Seite. Zum Einstieg betrachtet der golfmanager (in zwei separaten Beiträgen) zwei Beispiele aus dem Ausland: die regionale Wirtschaftsförderung über internationale Top-Events für Proetten sowie die Arbeit und Ziele des Women’s Golf Day aus den USA, welche eine viel beachtete Podiumsdiskussion zu diesem Thema im Rahmen der PGA-Show 2024 veranstaltete. 

Autor: Michael Althoff | golfmanager 02/2024